Letzte Aktualisierung am 05. Juli 2016.

„Krisenvorsorge unerlässlich – jetzt! Nicht irgendwann und im Nachhinein völlig sinnlos.“

Außergewöhnliche Infrastrukturausfälle nehmen deutlich zu

dominoklWie aktuelle Ereignisse zeigen, nehmen außergewöhnliche Infrastrukturausfälle zu, wie etwa im Mai ein großräumiger Internetausfall in der Schweiz oder aktuell ein weitreichender Mobilfunkausfall in Deutschland bzw. eine mehrtägige Bankomatstörung in Österreich. Die Ursache scheint überall nicht klar zu sein, was in einem komplexen System nicht weiter verwunderlich ist. Bisher ist noch nichts folgenschweres passiert, aber es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch weitreichende Dominoeffekte außerhalb der unmittelbar betroffenen Systeme auftreten werden. Dazu wird auch die überstürzt vorangetriebene und unzureichend vorbereitete „Digitalisierung“ beitragen, wo für Sicherheitsfragen bzw. Vorkehrungen („Security by Design“) kaum Zeit bleibt bzw. die Ressourcen, speziell das Fachpersonal, fehlen. Damit sind Schwachstellen und massive Verwundbarkeiten unserer Infrastrukturen vorprogrammiert. Daher mag es für den einen oder anderen Leser dieses Newsletters schon etwas übertrieben klingen bzw. sind die immer wieder aufgezeigten möglichen Ereignisse noch immer nicht eingetreten – aber es gibt leider keinen Grund zur Entwarnung. Und in letzter Konsequenz geht es immer nur um die Frage: Wären wir darauf vorbereitet? 

Diese Frage möchten wir aus einer weiteren Perspektive beleuchten.

Derzeitige Situation im Stromversorgungssystem

Wir haben im letzten Newsletter (Anfang Mai) auf die erwartbaren Negativstrompreise an den Maiwochenenden hingewiesen. Pünktlich zum Muttertag wurde auch ein neuer Rekord mit minus 130 Euro pro MWh erreicht. Auch an den Folgewochenenden gab es noch deutliche Negativpreise. Dann hatten wir wieder Glück mit dem Wetter, die Wochenenden waren eher trüb und die Solarproduktion reduziert bzw. gab es kaum eine Windstromproduktion.

Ein einziges zusätzliches Ereignis kann den Kollaps einleiten

APG-KostenentwicklungMan sollte sein Glück jedoch nicht nur auf glückliche Umstände aufbauen. Fakt ist, dass die Voraussetzungen für extrem kritische Netzzustände deutlich zunehmen. Diese müssen immer beherrscht werden, für einen Netzzusammenbruch reicht jedoch ein einziges nicht-beherrschbares Zusammentreffen von an und für sich beherrschbaren Einzelereignissen aus. Damit haben wir eine ähnliche Situation wie im Cyberspace. Der Verteidiger muss immer erfolgreich sein, der Angreifer nur einmal.

Zur aktuellen Situation empfiehlt sich ein Blick auf die Darstellung der aktuellen Lage bzw. auf die Auswertung der Negativstrompreistage.

Krisenvorsorge

Obwohl es keinerlei Anzeichen für eine Entspannung gibt, wird das Thema gesellschaftliche Krisenvorsorge weiterhin kaum aufgegriffen. Wie eingeschränkt unser Denken und Handeln ist, zeigt etwa die aktuelle Pressemeldung des österreichischen Verteidigungsministers, wo  zumindest das Problem einmal in Ansätzen thematisiert wird, wenngleich nur für die bekannte Themen Terrorismus und Cyber-Angriffe.

„Wir leben in einem verfassungsrechtlichen Rahmen, der all diese Fragen nicht beantwortet“, erklärte der Minister. Denn es würde von einer Begrifflichkeit ausgegangen, „die vor 20, 30 Jahren eine richtige Begrifflichkeit war, die aber jetzt nicht mehr zu hundert Prozent transformiert werden kann“. Es gehe darum, die Graubereiche zwischen den Ministerien zu klären und genau zu definieren, „wer ist wann und in welcher Situation zuständig“.

So bereiten wir uns einmal mehr auf den letzten Krieg vor. Denn eine Neuordnung der bestehen „Silos“ wird nicht ausreichen, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Wir brauchen vielmehr eine Regelung, wie wir uns auf allen Organisationsebenen besser vernetzen und Synergien nutzen können, statt uns immer wieder von anderen abgrenzen zu wollen. Diese Zeiten sind vorbei und funktionieren gut in einem Umfeld der Industriegesellschaft, aber nicht mehr in dem der Netzwerkgesellschaft. Dazu empfehlen wir den Blog von Conny Dethloff, Die Reise des Verstehens, der die ganzen Umbrüche und Herausforderungen sehr gut auf der Unternehmensseite darstellt und wo viele Aspekte auch auf andere Organisationen übertragbar sind.

Das im Kreis schieben bzw. die von Ulrich Beck ausgesprochene „organisierte Unverantwortlichkeit“ erleben wir leider fast täglich. Einige wenige Beispiele werden unter offene Briefe zum Nachlesen gesammelt.
Nichtsdestotrotz gibt es auch immer wieder positive Beispiele. Leider können wir hier nur jene vor den Vorhang bringen, die auch an die Öffentlichkeit gelangen, wie etwa aktuell die breite Auseinandersetzung in Oberösterreich. Sollten Sie weitere Beispiele kennen, dann lassen Sie uns das wissen. Wir werden gerne zu ihrer Verbreitung beitragen, um zu zeigen, dass es auch anders gehen kann.

Workshop „Die Organisierte Hilfe im Fall eines Blackouts“

Um die nationale und interorganisationale Vernetzung weiter voranzutreiben, wird es am 05. September im Schloss Laudon den Workshop „Die Organisierte Hilfe im Fall eines Blackouts“ geben. Er wird von Herbert Saurugg gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt und Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zur Förderung des Programms zum Schutz Kritischer Infrastrukturen organisiert.

Die persönliche Krisenvorsorge ist die Basis für alle Organisationen

bb_achtungrEine Erkenntnis wurde in den letzten Wochen weiter bestärkt. Allzu viele Organisationen haben bei der Krisenvorsorge Blackout noch zu sehr technische Vorkehrungen im Fokus. Die wesentlichste Vorkehrung und damit die Basis jeglichen Krisenmanagements – die persönliche Vorbereitung und Vorsorge inkl. die der Familienangehörigen – wird nur selten adressiert bzw. den Individuen überlassen. Damit sind sämtliche technischen und organisatorischen Krisenvorbereitungen auf Sand gebaut. Hier werden einfach Erfahrungen aus Großschadenslagen negiert, wo die Erfahrung gesammelt wurde, dass Einsatzkräfte nur dann handlungsfähig sind und bleiben, wenn sie ihre eigenen Familien in Sicherheit wissen.

Daher sollte in jeder Organisation die dringlichste Sofortmaßnahem die Sensibilisierung der eigenen Mitarbeiter/Mitglieder und der Aufruf zur Eigenvorsorge darstellen, um zumindest eine mehrtägige Versorgungsunterbrechung bei Trinkwasser und Lebensmittel kompensieren zu können. Erfreulicherweise laufen derzeit Vorbereitungen für eine organisationsinterne Informationskampagne beim Österreichischen Bundesfeuerwehrverband bzw. bei den Streitkräften des Bundesheeres. Als einfache Basis für eigene Überlegungen kann das Infoblatt „Was kann ICH tun?“ dienen.

An dieser Stelle sei auch die Frage an Sie als treuer Leser erlaubt: Wie weit sind Sie mit Ihren persönlichen und familiären Vorbereitungen? Haben Sie schon mal bei Ihrem Bürgermeister/Ihrer Bürgermeisterin oder in Ihrer Organisation nachgefragt, was zu diesem Thema gemacht wird?

Krisen- und Notfallpläne sind häufig klassifiziert und nur einem eingeschränkten Personenkreis zugänglich. Beim Thema Blackout müssen aber ALLE die wesentlichen Punkte wissen, denn sonst wird das nicht funktionieren. Fragen Sie daher einmal nach! Und bedenken Sie: Papier ist geduldig – Hinterfragen Sie daher auch Dinge, die scheinbar gelöst sind.

Rechtliche Lage für Behördenvertreter

paragrafsWas wir leider auch immer wieder feststellen ist, dass sich viele Behördenvertreter, insbesondere auf kommunaler Ebene, nicht Bewusst sind, welches Damoklesschwert über sie schwebt. Denn die Rechtslage ist hier ziemlich klar, was etwa beispielsweise im steirischen Landeskatastrophenschutzgesetz so lautet:

(1) Für das Land, für jeden politischen Bezirk und für jede Gemeinde sind Vorbereitungsmaßnahmen zur Abwehr und Bekämpfung von Katastrophen zu treffen. Die zuständigen Behörden haben insbesondere … (mehr im RIS bzw. auch im Endbericht BlackÖ.2: Blackoutprävention und –intervention, Kapitel 5)

So lange nichts passiert, kann man darüber leicht hinweg gehen. Sollte aber ein Blackout eintreten und es realistischer Weise auch zu Personenschäden bis hin mit Todesfolge kommen, dann werden wohl die Staatsanwälte und die Untersuchungskommissionen einige kritische Fragen stellen. Und bekanntlich schützt Nichtwissen nicht vor Strafen.

Der digitale Blackout-Katastrophenschutz-Atlas

DBKAklWalter Schiefer arbeitet intensiv an der Entwicklung und Verbreitung eines digitalen Blackout-Katastrophenschutz-Atlases. Dabei geht es vor allem um die Dokumentation (Katastrophenschutzplan) der verfügbaren Ressourcen als auch möglicher Herausforderungen, die in einer Gemeinde bei und nach einem („Blackout“) auftreten könnten. Diese Dokumentation erfordert natürlich einen begleitenden, breiten Auseinandersetzungsprozess (siehe dazu die Leitfäden „Meine Gemeinde auf ein Blackout vorbereiten“ und „Mein Unternehmen auf ein Blackout vorbereiten“).

Der „digitale Blackout-Katastrophenschutz-Atlas“ basiert auf einem geographischen Informationssystem (GIS), in welches alle notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung einer Not-Infrastruktur mit Lage, Text und Bild eingetragen werden können. Diese Informationen könnten von Behörden, Gemeinden, Einsatzorganisationen, Infrastrukturbetreiber und Unternehmen auf einer digitalen Plattform genutzt werden. Der Online-Zugang ist immer und einfach möglich – außer beim Blackout selbst. Dafür sind die entsprechenden Informationen – wie im Gesetz vorgesehen (Verordnung …§1 (3)) – Offline vorzuhalten (Papier, Notebook, etc.). Der „digitale Blackout Katastrophenschutz-Atlas“ dient vorrangig zur Krisenvorsorge, kann jedoch, wenn er entsprechend geführt und verfügbar gehalten wird, auch ein sehr wichtiges Instrument in der Krisenbewältigung darstellen.

Verschiedene Meldungen und Berichte

Analysen und eigene systemische Betrachtungen

Stromversorgung

 Cybersicherheit

Krisenmanagement und Krisenvorsorge

Blicke auf die Situation im europäischen Stromversorgungssystem

Die angeführten Beispiele stammen rein aus öffentlich verfügbaren Quellen. Sie zeigen die aktuellen Herausforderungen auf und sollten uns an die Truthahn-Illusion  erinnern.