Quelle: www.welt.de, Update 03.07.16,

Als kürzlich das Netz der Telekom ausfiel, konnten die Deutschen über Stunden nicht telefonieren. Aber das war nur ein Vorgeschmack. Künftige Störungen bedrohen viel mehr als unsere Kommunikation.

Der Telekom-Manager Ferri Abolhassan zeigte sich schon ein wenig stolz, als er vor 150 Führungskräften aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft am 9. Juni im Motorwerk Berlin die erste Zero-Outage-Konferenz eröffnete. Die Idee: In einer vernetzten Welt sollte sich die Gesellschaft auf ein Null-Fehler-Prinzip vorbereiten. Denn im Internet der Dinge können Ausfälle jeder Art schwere Folgen nach sich ziehen.

„Alle Industrien rüsten sich für die digitale Zukunft, aber eine breite Qualitätsvorsorge für die benötigte technische Infrastruktur ist noch nicht selbstverständlich“

Nur zwei Tage später versagte ausgerechnet die Infrastruktur der Telekom. Stundenlang konnten mehrere Millionen Telekom-Kunden mit ihren Handys nicht telefonieren. „Kein Netz“ stand auf dem Display ihrer Smartphones. Eine Datenbank zur Identifizierung der Nutzer war ausgefallen, eine Notdatenbank ist nicht angesprungen. Von „Null-Fehler-Prinzip“ keine Rede.

Der Ausfall ist der beste Beweis für die Notwendigkeit einer Null-Fehler-Strategie.

Experten sprechen vom Internet der Dinge, in dem alles mit allem vernetzt ist.

Der jüngste Zwischenfall gibt aber einen Ausblick auf das, was kommt. Insbesondere die Automobilbranche trifft ein Netzausfall hart: Inzwischen sind nicht mehr bloß Oberklassefahrzeuge, sondern auch viele Mittelklasseautos permanent mit dem Internet verbunden.

Am schwarzen Samstag der Telekom war das jedoch nicht der Fall. An zwei Dritteln aller europäischen Car2go-Standorte ließen sich die Autos zwischen 1.15 Uhr und 11 Uhr morgens nicht nutzen.

Anfang März konnten 400.000 Vodafone-Kunden sich teils mehr als 24 Stunden lang nicht mehr ins Netz einwählen, da auch bei Vodafone eine Datenbank auf zwei Servern in Essen ausgefallen war.

Denkbar wäre ein nationales Roaming, bei dem zumindest bei der sogenannten Maschine-zu-Maschine-Kommunikation das Konkurrenznetz einspringt. Für den Nutzer wäre der Dienst dann so verlässlich wie die Energieversorgung, bei der der Strom – unabhängig vom gewählten Anbieter – immer verfügbar ist. Über einen Zeitplan für eine Einigung wollten sich die Netzbetreiber nicht äußern.

Wie der jüngste Telekom-Ausfall zeigt, nützt allein ein stabiles Netz wenig. Denn der Ausfall war streng genommen kein Netz-, sondern ein Datenbankproblem. Nicht zuletzt deswegen ist der Vorstoß für ein Null-Fehler-Prinzip für die Branche so wichtig.

Update – Deutsche Mobilfunk-Konzerne sprechen über Allianz bei Netzausfällen

Quelle: Der Standard

Im Notfall sollen Provider einander helfen, Betrieb aufrecht zu erhalten – Die Mobilfunkkonzerne Telekom, Vodafone und O2 sprechen einem Medienbericht zufolge über eine Allianz bei Netzausfällen. Das berichtet „Bild am Sonntag“. Demnach habe O2 nach dem Telekom-Netzausfall vor zwei Wochen vorgeschlagen, sich bei Netzausfällen gegenseitig zu helfen.

Ausfallsgarantie – Komme es zu Störungen, könnten betroffene Kunden dann die Netze der anderen Anbieter nutzen. Derzeit liefen Gespräche auf technischer Ebene. Es seien aber noch einige Probleme zu lösen. Bei Vodafone habe es geheißen, zunächst gehe es um Lösungen für kritische Infrastrukturen wie Energieversorger oder Krankenhäuser. (APA, 3.7.2016)

Kommentar

Eine Horrormeldung schlecht hin … weniger wegen des Netzausfalls, sondern vielmehr wegen der Absicht „Null-Fehler-Prinzip“ und des weiteren Versuchs, die Abhängigkeiten zu erhöhen. Offensichtlich waren die bisherigen Ausfälle noch zu wenig lehrreich, um zu verstehen, dass es in komplexen Systemen keine 100% Sicherheit gibt (ganz nebenbei gibt es diese sowieso nirgends) und kleine Ursachen zu großen Auswirkungen führen können. Der Rückschluss „Null-Fehler“ ist daher mit absoluter Sicherheit naiv und zum Scheitern verurteilt. Genau das Gegenteil ist für lebensfähige Systeme erforderliche: Fehlerfreundlichkeit und Dezentralität, und die Resilienz der Menschen um mit solchen Ausfällen auch umgehen zu können. Aber das werden wir wohl erst verstehen, wenn es mal richtig weh getan hat.

Ein nationales Roaming wäre jedoch ein guter Beitrag zur Erhöhung der Robustheit der Mobilfunkversorgung.