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Wer die VfGH-Arbeit gut fand, sollte nun aber auch bei der Aufarbeitung des Entscheids auf Konsequenz(en) pochen. Das betrifft erstens das Innenministerium: Nein, es hilft keinem, wenn Wolfgang Sobotka gleich wieder zurücktritt. Aber mehr Einsicht wäre schön. Denn ausgerechnet in dem Punkt, der am meisten aufregt, zieht sich der Minister auf einen Formalstandpunkt zurück, nämlich bei den Rechtsbrüchen in den Wahllokalen. Die Protokolle der Bezirkswahlbehörden seien in Ordnung gewesen, für mehr sei der Bund nicht zuständig. Da fragt man sich schon: Darf man die Augen nicht von den Akten heben? Redet hier keiner miteinander? Wie konnte man nichts von dem wissen, was vor dem VfGH freimütig erzählt wurde? Dass es an Beisitzern mangelt, dass man überfordert ist, wenn man erst Montagfrüh mit dem Auszählen der Wahlkarten beginnen darf, das Innenministerium aber schon am Nachmittag ein Ergebnis will. Hier geht es nicht nur um Schlampigkeit Einzelner, das ist unprofessionelles Management. Zu Recht sind die Bürger verärgert, wenn der Staat, der von ihnen (oft pingelig) die Einhaltung der Vorschriften verlangt, bei sich selbst wegschaut. Es ist richtig, dass nun über Reformen des Wahlrechts nachgedacht wird. Doch es braucht nicht nur adaptierte Regeln, sondern auch deren korrekten Vollzug. Ein einzelner Wahlrecht-Guru im Ministerium wird nicht reichen.

Kommentar

Diese Analyse von Ulrike Weiser könnte auch sehr gut zu unserem aktuellen Newsletter „Krisenvorsorge unerläßlich – jetzt!“ passen. Wie wir vor einer Woche aufgezeigt haben, gibt es auch hier eine enorme Diskrepanz zwischen „Recht“ & „Praxis“. So lange nichts passiert, ist alles kein Problem. Aber weh dem. Und bei dem von uns aufgezeigtem Szenario geht es nicht um Formalfehler und ob eine Wahl wiederholt werden muss, sondern um schwerwiegende Schäden bis hin zu Personenschäden mit Todesfolge, wo dann auf der untersten Ebene Bürgermeister übrig bleiben und vor Gericht stehen werden. Denn wie man gerade sieht, wird man sich auf den übergeordneten Ebenen elegant aus der Aphäre ziehen. Daher sind hier einmal mehr die nötige Achtsamkeit und die daraus zu ziehenden Konsequenzen gefragt. Den Kopf in den Sand zu stecken hilft nicht.