Quelle: www.bine.info

In Deutschland sollen nach derzeitigem Stand bis 2050 rund 40 Millionen Privathaushalte und mehr als 3,6 Millionen Unternehmen zu 80 Prozent von regenerativ erzeugtem Strom versorgt werden. In aufwendigen Simulationen haben Forscher bereits gezeigt: Es ist möglich. Im bayerischen Wildpoldsried haben Wissenschaftler die Erzeugungskapazitäten und das lokale Stromnetz für die Zukunft vorbereitet – außerhalb des Labors, am realen Netz.

Stabile Netze, die möglichst viel Energie aus erneuerbaren Quellen aufnehmen können, müssen geschaffen werden. Neben dem Netzausbau gehören auch die Integration von Energiespeichern und beispielsweise lastabhängige Verbraucher dazu. Die Kombination von erneuerbaren Energiequellen muss jederzeit verfügbar sein. Denn nur dann kann die Energieversorgung ohne konventionelle Kraftwerke funktionieren. Teilweise gelingt das im Testgebiet bereits jetzt. Um die Möglichkeiten theoretisch aber auch praktisch zu untersuchen, starteten die Entwickler in der bayerischen Gemeinde Wildpoldsried das Forschungsvorhaben IREN2.

Die wesentlichen Fragen sind, ob Stromnetze mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien überhaupt stabil bleiben können und inwiefern Netze die Funktion von Großkraftwerken übernehmen können. Die ersten Tests zur Stabilität des Microgrids liefen in einem isolierten Testgebiet bereits Erfolg versprechend. In einem nächsten Schritt werden einige Verbraucher mit einbezogen, ehe dann das gesamte Ortsnetz „Wildpoldsried Salzstraße“ vom Verbundnetz getrennt wird. Die erneuerbaren Anlagen sind dann auf sich allein gestellt. Ein Energiespeicher mit den Maßen eines Übersee-Containers dient als Netzbildner. Die dezentralen Erzeugungsanlagen synchronisieren sich mit ihm und sollen das stabile Netz aufrechterhalten. Damit das funktioniert, sind Systemdienstleistungen notwendig. Die Forscher von IREN2 wollen daher das Testgebiet als topologisches Kraftwerk nutzen. Topologische Kraftwerke sind Zusammenschlüsse von vielen kleinen Anlagen, die über eine Leitstelle als ein großes Kraftwerk am Strommarkt teilnehmen sollen. Dieses topologische Kraftwerk soll dann auch Systemdienstleistungen erbringen. IREN2 ist der erste Microgrid-Test dieser Art außerhalb des Labors. Weitere Informationen zum Verbundvorhaben gibt es auf forschung-stromnetze.info.

Kommentar

Franz Hein: Diese vor allen Dingen praktischen Bemühungen sind für das Gelingen der Energiewende außerordentlich vorteilhaft. Nur die Bezeichnungsweisen sind etwas unglücklich gewählt. Der zentrale Energiespeicher stellt eine Energiebevorratung dar, sicher bildet er kein Netz nach. Ein Netz transportiert und verbindet Energie“ernte“-Anlagen mit Energiebevorratungs-Anlagen und Komponenten für die Energienutzung. Auch der Begriff „Topologisches Kraftwerk“ ist etwas merkwürdig gewählt. Das Ganze stellt ein Energieinformationssystem dar, in dem die energietechnischen Anlagen über ein elektrisches Netzwerk und über Informations- und Kommunikationstechniken samt Leitstelle so verbunden sind, dass es wie eine Symbiose dieser Techniken angesehen und genutzt werden kann. Das macht Sinn.