Quelle: 14. Symposium Energieinnovation, 10.-12.02.2016, Graz/Austria

Dieses Projekt korreliert sehr stark mit dem von uns dargestellten Energiezellensystem, wenngleich hierzu einige Anmerkungen notwendig sind.

Zudem macht die fluktuierende, nicht steuerbare Einspeisung aus dezen­tralen Erzeugungsanlagen den Netzwiederaufbau im Falle eines Blackouts komplexer. Bei Zuschaltung eines Netzgebietes im Verteilnetz während des Netzwiederaufbaus kann es durch die anschließende, automatische Zuschaltung der dezentralen Erzeugungsanlagen zu Rückspeisungen aus dem Verteilnetz kommen, welche das Verbundsystem destabilisieren [2]. Mit zunehmender Komplexität und Dauer bis zur Wiederherstellung des normalen Netzbetriebs steigen die Schäden aus der Nichtverfügbarkeit von Elektrizität [1]. Damit gewinnen Notversorgungssysteme an Bedeutung

Anmerkungen Franz Hein: Grundsätzliche Überlegungen zur künftigen Energieversorgung sollten den Endzustand einer gelungenen Energiewende berücksichtigen, d. h. das Erreichen des vollständigen Übergangs auf einen 100% erneuerbaren Energiezufluss von der Sonne über die verschiedenen „Ernte“-Methoden (Wasserkraft, Windkraft, Photovoltaik und Biomasse) antizipieren. Dabei treten Fluktuationen bei der Einspeisung genauso wie bei der Nutzung elektrischer Energie auf.

Deshalb ist jede Zuschaltung eines Netzteiles beim Netzwiederaufbau (ob automatisch oder bewusst vorgenommen) dann destabilisierend, wenn mit der Zuschaltung ein Leistungssprung verbunden wäre, der nicht beherrschbar ist. Die Robustheit des Netzes, an das ein weiterer Netzteil zugeschaltet werden soll sowie die Höhe des Leistungssprungs, den der zuzuschaltende Netzteil verursacht, sind entscheidend dafür, ob das neue Netzgebilde weiterhin stabil betrieben werden kann.

Es kommt deshalb darauf an, die Höhe des Leistungssprunges zu prognostizieren (und ihn am besten so klein wie möglich halten), damit die Fähigkeiten des Ausregelns von einem zunächst bei der Zuschaltung nicht gegebenen Leistungsgleichgewichts nicht überstrapaziert werden. Dabei ist nicht entscheidend, ob ein Leistungsmangel oder ein Leistungsüberschuss auszugleichen ist. Ohne eine Reaktion der beteiligten Komponenten in Richtung Rückführung des Leistungsungleichgewichts ist ein Netzwiederaufbau ohnehin unmöglich.

An dem Ausregeln sollten alle beteiligten Komponenten anhand des überall zur Verfügung stehenden Indikators „momentane Frequenz“, der ebenfalls bei allen bekannten Sollfrequenz und einer Gesamtschau zur Leistungssituation insgesamt teilnehmen. Die Gesamtschau ist zur Plausibilisierung der jeweils an den Komponenten (bzw. in den mehrere Komponenten zusammenfassenden Energiezellen) festzustellenden Differenz zwischen eigener Frequenzmessung und der Sollfrequenz zu verwenden. Das soll die Reaktion der jeweiligen Beteiligung absichern.

Allgemeines Konzept: Im Falle einer Großstörung sollen dezentrale, schwarzstartfähige Kraftwerke mit einer gesicherten Mindestleistung als Führungskraftwerke dienen und zusammen mit den lokal installierten DEA verwendet werden, um Inselnetze aufzubauen und stabil zu betreiben. Die Führungskraftwerke sind für die Frequenzstabilität verantwortlich und sollen den Blindleistungshaushalt des Inselnetzes ausgleichen.

Anmerkungen Franz Hein: Beim lokalen Feststellen einer Großstörung (d. h. die Frequenz ist nicht mehr messbar, die Spannung ist Null oder extrem gering und die übermittelte Gesamtschau bzw. eine lokal ermittelte Sicht auf eine ausreichend große Anzahl von Netzanschlusspunkten vermittelt den Zustand „Großstörung“) muss zunächst innerhalb der jeweiligen Energiezelle auf „Fangen im Eigenbedarf“ umgeschaltet werden. Das bedingt ein Trennen vom Netz und die (temporäre) Nutzung eigener Energiereserven (z.B. Batteriespeicher), mit denen hochpriore Komponenten „notversorgt“ werden. Für Wechselstrom-Geräte muss eine brauchbare Frequenz lokal sichergestellt werden.

Sofern innerhalb einer Energiezelle ein schwarzstartfähiges Kraftwerk zur Verfügung steht, müsste dieses starten und in einen Betriebszustand überführt werden, der mindestens zu einem stabilen Notbetrieb innerhalb der Energiezelle führt. Es sollte nicht allein für den Blindleistungshalt sorgen müssen, sondern weitere Komponenten innerhalb der Energiezellen müssten sich daran beteiligen.

Statt eines großflächigen Blackout würden so eine ganze Reihe von Inselnetzen entstehen, die sich alle in einem Notbetriebszustand befinden. Für den Netzwiederaufbau ist dann entscheidend, dass sich alle „überlebenden“ Energiezellen untereinander kommunikativ finden. Durch Informationsaustausch müsste (möglichst) automatisiert diejenige Energiezelle bestimmt werden, die zunächst die Selbstorganisation beim Netzwiederaufbau leitet. Zu dieser Energiezellen sind weitere Energiezellen über Synchronisationseinrichtungen zuzuschalten (ohne bzw. mit kleinem Leistungssprung – siehe oben).

Sobald eine funktionsfähige Leitzentrale durch Bilden der Gesamtsicht den weiteren Netzwiederaufbau organisieren kann, müsste diese die zuvor bestimmte Energiezelle hinsichtlich der Führungsaufgabe ablösen.

Bei einem Wirkleistungsüberschuss, welcher sich durch einen Frequenz­anstieg manifestiert, wird bei neueren Anlagen im Geltungsbereich der Vorgaben [4] [5] [7] die eingespeiste Leistung der DEA reduziert. Die Wirk­leistungsreduktion sollte konzeptionell den Überschuss ausgleichen, um eine Stabilisierung des Übertragungsnetzes zu erreichen [8]. Dieser Mechanismus wirkt bei kleinen Netzen aber analog.

Anmerkungen Franz Hein: Bei einem Wirkleistungsüberschuss sollten unverzüglich vorhandene Energiespeicher gefüllt werden. Eine Reduzierung der DEA ist zu vermeiden! Ziel ist eine ausgeglichene Bilanz in den einzelnen Energiezellen bzw. in den durch den Netzwiederaufbau bereits wieder verbundenen Energiezellen.

Anmerkungen Walter Schiefer:  Allgemeine Gedanken zur Energiewende: Derzeit werden immer noch Umwelt-(EE)kraftwerke errichtet, die keine eigenständige, automatisierte Leistungsregelung haben. Das wird sowohl beim normalen Verbundnetzbetrieb als auch bei einem Blackout Inselbetrieb große Schwierigkeiten bereiten. Dies deshalb, weil der “Energiezellen Orchester Dirigent” den Takt zwar vorgeben kann, aber die einzelnen “Energiezellen Orchestermitglieder” ihn nicht “sehen” können und somit nicht im Takt spielen! Hätte aber jedes Umweltkraftwerk eine eigenständige Leistungsregelung, dann kann es im richtigen Takt (Leistung) mitspielen. Dann würde auch ein Netzaufbau sowohl während als auch nach einem Blackout viel einfacher sein! Der Dirigent gibt mit schwarzstartfähigen Kraftwerken den Takt vor und die “Energiezellen” “spielen – erzeugen” entsprechend des vorgegebenen bzw. vorherrschenden Taktes.

Funktionieren wird die 100% Energiewende mit einer sicheren Stromversorgung nur dann, wenn alle Kraftwerke in der Lage sind, sich entsprechend des Strombedarfs anzupassen, damit das Energiegleichgewicht immer vorhanden ist.

Durch die Strom Liberalisierung gibt es keine Stelle, die die gesamtheitliche Verantwortung für Strom Erzeugung, -Speicherung, -Übertragung, -Verteilung, -Netzplanung in einem Land trägt. Deshalb kommt es auch zu „unkontrollierten, planlosen“ Kraftwerksstandorten, zu fehlenden Stromleitungen und zu fehlenden technischen Vorgaben, wie der automatischen Leistungsregelung bei allen Umweltkraftwerken.

Ein Strominsel Netzbetrieb mit der Stromversorgung von einigen geplanten, Leistung abgestimmten Stromverbrauchern (Stromversorgung von Hotspots) funktioniert auch jetzt schon, wenn ein schwarzstartfähiges Kraftwerk vorhanden ist – kann auch ein mobiles Notstromaggregat sein, das ist schon oftmals erprobt (siehe etwa Slowenien 2014). Das Wichtigste ist, dass nur so viele Leistung Verbraucher am Strominselnetz angeschlossen sind, wie an Stromleistung erzeugt werden kann! Nur viele Stromnetzbetreiber wollen sich damit nicht auseinandersetzen! Eine Inselstromversorgung kann aber auch Stromnetzbetreiber so aufgebaut werden, in dem nur Einzelanlagen (Hotspot, Kat-Leuchttürme, Kritische Infrastruktur) Strom versorgt werden!

Wie soll nun das komplexe System „Stromversorgung“, das derzeit grundlegend durch die Energiewende und den großflächigen Einbau der elektronischen Zähler geändert wird, in Zukunft zufriedenstellend funktionieren? Viele nutzen die neuen Möglichkeiten für die Befriedigung der Eigeninteressen, ohne dabei das Gesamte, das für die Volkswirtschaft von höchster Bedeutung ist, zu berücksichtigen.

Anmerkungen Franz Hein: Der zutreffende Sachverhalt steckt im letzten Satz von Walter. Es ist höchstwahrscheinlich nicht erreichbar, dass alle Energiezellen sich im Eigenbedarf fangen können (was ja bereits eine Leistungsregelung – neben anderen Fähigkeiten – bedingt). Aber es müssen ausreichend viele sein, damit ein stabiler Betrieb wieder erreicht werden kann (und überhaupt künftig gesichert werden kann). Die Fähigkeit einer Leistungsregelung ist kein Hexenwerk, ist aber ohne nutzbare Variabilität (besonders infolge funktionierender Energiebevorratung) nicht möglich. Da „klemmt“ es derzeit heftig.

Aber schon der Gedanke, dass sich Energiezellen derartig „selbstständig“ benehmen könnten, dürfte bei so manchen Rückwärtsdenkenden ein Schaudern hervorrufen. Wir stehen von einer Revolution. Das ist das eigentliche Problem. Und die heute zur Verfügung stehende Technik stellt jede Menge an notwendigen Fähigkeiten zur Verfügung. Daran führt kein Weg vorbei. Nur das Umdenken ist das Problem. Das aber ist heftig.