Letzte Aktualisierung am 11. Januar 2019.

Quelle: www.netzfrequenzmessung.de

Um 21:29 Uhr Ortszeit (19:29 UTC) gab es einen kurzfristigen Frequenzeinbruch im Stromnetz. Innerhalb von 9 Sekunden fiel die Netzfrequenz um 98 mHz. Dabei traten ungewöhnlich hohe Gradienten von 32 mHz/Sekunde auf. Der gesamte Vorgang dauerte bis zur Wiederherstellung der ursprünglichen Frequenz ca. 34 Sekunden.

Bei Betrachtung eines längeren Zeitraums in folgendem Bild ist der Frequenzeinbruch wegen der kurzen Dauer kaum zu erkennen. Erst in dem nächsten Bild mit höherer zeitlicher Auflösung tritt er deutlich hervor.

Die erste Analyse des Frequenzgangs zeigt, dass die ausgefallene Erzeugerleistung größer als 1 GW gewesen sein muss. Nach dem größten Frequenzabfall gibt es eine kurze Erholung. Die Frequenz steigt wieder, was neben einer Wiedereinschaltung auf die bereits aktivierte Primärregelleistung schließen läßt. Dann wird die Erzeugereinheit wieder vom Netz genommen, die Frequenz sinkt wieder. Diesmal ist der Gradient geringer, da schon ein Teil der Primärregelleistung aktiviert ist. Schließlich wird die Erzeugungseinheit wieder ans Netz angeschlossen, die Frequenz steigt. Bei der zweiten Wiedereinschaltung steigt die Frequenz stärker als bei der ersten, da mittlerweile mehr Primärregelleistung aktiviert ist. Dies führt dazu, dass zu viel Leistung im Netz ist, und die Frequenz ansteigt. Mit steigender Frequenz wird die Primärregelleisung zurück gefahren, allerdings nicht schnell genug um ein geringes Überschwingen zu vermeiden.

Zeitlicher Ablauf:
19:29:20 Ausfall einer Kraftwerkseinheit (> 1 GW) und Beginn des Frequenzabfalls
19:29:23 Frequenzabfall stagniert bei -80 mHz, steigt wieder, wahrscheinlich durch automatische
Wiedereinschaltung
19:29:25 Frequenz stagniert nach Anstieg um 7mHz und fällt wieder ab (wieder Netztrennung)
19:29:28 Minimum der Frequenz bei -98 mHz, danach Anstieg der Frequenz durch Wiedereinschaltung
19:29:31 Kurze Stagnation, wahrscheinlich durch sehr kurze Netztrennung mit Wiedereinschaltung
19:29:38 Frequenz erreicht wieder ursprünglichen Wert und steigt weiter
19:29:53 Frequenz erreicht nach einem Überschwinger auf +13 mHz wieder den ursprünglichen Wert
und bleibt stabil

Dieser Ausfall zeigt deutlich die Funktion der Primärregelleistung sowie deren zeitliche Komponente der Aktivierungszeit. Er zeigt aber auch die Empfinglichkeit des Stromnetzes beim Ausfall großer Erzeugungseinheiten. In diesem Fall hat der Ausfall einer Einheit ca. 50 % des Regelbereichs der PRL beansprucht. Bis zum Abwurf von Verbrauchern hätte der Frequenzabfall ca. 9  mal so groß sein müssen.

Kommentar

von Franz Hein: Der hohe Gradient beim kurzfristigen Frequenzeinbruch (32mHz/Sekunde) hat mich besonders interessiert. Ich habe den schlimmen Verdacht, dass der Umfang der Momentanreserve (in den sich drehenden Synchrongeneratoren) immer mehr abnimmt (Gaskraftwerke sind kaum mehr am Netz, weil diese Kraftwerke Geldvernichtungsmaschinen geworden sind – ferner werden Kernkraftwerke abgeschaltet und stillgelegt). Damit wird das Gesamtsystem immer fragiler und reagiert auf Leistungssprünge immer „aufgeregter“.

Wenn der Umstieg auf eine Vielzahl durch die von einer Leitstelle übermittelte Gesamtsicht orchestrierten und autonom agierenden Energiezellen gelingt, dann müsste – sofern in den Energiezellen sehr rasch auf Frequenzänderungen netzdienlich reagiert wird – das Ausregeln künftig sogar besser funktionieren als heute mit den wenigen (und immer weniger werdenden) regelnden Einheiten.