Großer Stromausfall im Rhein-Main-Gebiet

Quelle: www.swr.de

In weiten Teilen des Rhein-Main-Gebiets ist am Donnerstagmorgen 20 Minuten lang die Stromversorgung zusammengebrochen. An der Hochschule Mainz führte der Stromausfall zu einem Alarm, in dessen Folge die Türen verriegelt wurden.

Beim Mainzer Spezialglashersteller Schott richtete der 20-minütige Stromausfall einen Schaden in Millionenhöhe an. Schott teilte mit, die Notstromaggregate hätten den Normalbetrieb nicht aufrechterhalten können. Wenn während des Schmelzvorgangs die Temperatur in den Wannen sinke, könne das Glas nicht mehr verwendet werden. Es sei nach 2016 bereits der zweite große Stromausfall gewesen, teilte ein Unternehmenssprecher dem SWR mit. Damals habe der Schaden 800.000 Euro betragen. Schott produziert unter anderem Spiegel für die Weltraumforschung.

Auch bei Boehringer Ingelheim fiel der Strom auf dem Werksgelände aus. Alle sogenannten „unkritischen“ Bereiche wie Bürogebäude hätten sofort vom Netz genommen werden müssen, erklärte eine Unternehmenssprecherin dem SWR. Dennoch sei es auch in der Produktion zu Ausfällen gekommen, allerdings in geringem Maße. Die Produktion sei allerdings noch nicht wieder vollständig hochgefahren, da nach einem Ausfall in einigen Bereichen Qualitätskontrollen notwendig seien, die bis zu einem Tag in Anspruch nehmen könnten. Boehringer Ingelheim produziert in Ingelheim einen Teil des Stroms selbst. Im Falle eines externen Stromausfalls kommen zudem Notstromaggregate zum Einsatz.

An der Hochschule Mainz führte der Stromausfall zu einem Alarm, in dessen Folge die Türen verriegelt wurden. Derselbe Alarm wird auch bei Amokgefahr ausgelöst. Studenten konnten nicht in das Gebäude, in dem sich bereits 35 Personen befanden. Da die Polizei auch in diesem Fall zunächst von einem echten Alarm ausging, wurde jede Etage durchsucht und jeder Raum überprüft.


Wer zahlt nach Stromausfall Schaden?

Quelle: www.fr.de

Der Stromausfall vom 16. November in Wiesbaden und Mainz hat nicht nur einen Schaden in Millionenhöhe verursacht, er hinterlässt auch viele offene Fragen.

Allein das Glaskeramikunternehmen Schott in Mainz spricht von einem Millionenschaden, weil durch die Stromunterbrechung die Temperatur in der Glasschmelze absackte, was größere Mengen Glasgemenge unbrauchbar machte. Auch die Fertigung eines Spiegels für die Astronomie hat es getroffen, der Spiegel ist nicht verkaufsfähig. „Für uns ist das ärgerlich, weil es der zweite Ausfall in einem Jahr war“, sagt Schott-Sprecher Jürgen Breier. Im Herbst 2016 sei die Elektrizität für zehn Minuten weggeblieben, nun für 20 Minuten.

Warum auch der Chemiepark Infraserv in Wiesbaden von dem Kurzschluss betroffen war, obwohl dort ein Teil des Stroms selbst hergestellt und Infraserv als Stromlieferant für die dortigen Unternehmen auftritt, ist nicht geklärt. „Das sind komplexe Zusammenhänge, die Infos gehen noch ein“, sagt Dennis Weber, Leiter der Infraserv-Presseabteilung. Wer haftbar ist, werde geprüft. Beide betroffenen Industrieanlagen verfügen zwar über Notstromaggregate. Aber die könnten nur Teile der EDV, die Schließ-, Beleuchtungs- und Sicherheitssysteme versorgen und nicht die energieintensive Produktion.

Sollte der Blackout doch einmal länger dauern, hätten zumindest die Helios-Kliniken vorgesorgt, sagt Sprecherin Simone Koch. Zusätzlich zu den vorhandenen Notstromaggregaten könnten die Kliniken auf mobile Aggregate zurückgreifen.


Nach Blackout in Wiesbaden und Mainz – Auf Katastrophenfall schlecht eingestellt

Quelle: www.allgemeine-zeitung.de, 02.12.17

Nach dem jüngsten Ausfall war schnell vom Blackout die Rede. Doch davon sind wir noch weit entfernt. „Ein Blackout bezeichnet einen großflächigen Stromausfall, bei dem auch kein Restnetz mehr besteht, um den Betrieb wieder aufnehmen zu können. In Deutschland ist bislang zum Glück noch kein solcher Fall eingetreten“, so die Bundesnetzagentur. Auch das, was in Mainz und Wiesbaden passierte, läuft unter der Rubrik „Ausfall eines Betriebsmittels“.

Also alles in Ordnung? Mitnichten. Auch wenn das deutsche Stromnetz zu den sichersten der Welt gehört und „die Stromversorgungsqualität seit Jahren auf einem konstant hohen Niveau ist“, wie die Bundesnetzagentur betont. Die Gefahr eines Blackouts steigt, da sind sich die Experten einig. Nicht nur wegen Hackern oder Unwettern, sondern auch wegen der Energiewende. Wind- und Solarenergie produzieren mittlerweile zwar rund ein Drittel des benötigten Stroms. Aber sie fragen nicht danach, wo und wann die Energie gebraucht wird. Damit das Netz stabil bleiben kann, muss der Strom auch zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle sein. Und das ist schwieriger geworden.

Es gibt jede Menge Rahmenempfehlungen, Mustereinsatzpläne, Einsatzkonzepte und Checklisten. Doch ist Deutschland tatsächlich für den Blackout gerüstet? Nein, sagt Berd Benser, der Chef der Gridlab GmbH in Cottbus, ein europäisches Trainings- und Forschungszentrum für Netzsicherheit. „Das Bewusstsein für die Gefahren einer solchen Situation ist in Deutschland leider nicht sonderlich ausgeprägt.“

Bundesweit werden im Fall der Fälle Tausende Notstromaggregate angeworfen. Doch woher den Treibstoff nehmen, wenn der Stromausfall sich über Tage hinzieht? Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat beim Blackout auf der „letzten Meile“ der Diesel-Versorgung eine „erhebliche Lücke“ ausgemacht. Am 14. Dezember will es Empfehlungen aussprechen, wie diese Lücke geschlossen werden kann.

Kommentar

Immer wieder zeigen derart harmlose Ausfälle, wie naiv und blauäugig auch viele Unternehmen unterwegs sind. Obwohl es bereits vor einem Jahr einen Stromausfall gegeben hat, treten ein Jahr später wieder die selben Probleme auf (siehe etwa auch in Österreich: Großeinsatz der Feuerwehr nach Stromausfall in Glasfabrik). Damit wird leider immer wieder meine Einschätzung bestätigt, dass wir in Folge eines Blackouts in Europa mit zumindest dreistelligen Milliardenbeträgen an Schäden rechnen sollten. Viele glauben auch noch immer, wenn sie eine Notstromanlage haben, dass dann eh alle Probleme gelöst sind. Dass diese häufig gerade dann ein Problem hat, wenn sie wirklich gebraucht wird, wird leider oft übersehen. Und auch wenn alles funktioniert, ist in der Regel nur der wichtigste Teil einer Einrichtung abgesichert.

Am meisten ärgert mich aber, wenn Krankenhäuser als abgesichert und vorbereitet dargestellt werden. Für einen gewöhnlichen Stromausfall wie hier ja. Aber mit Sicherheit nicht für ein Blackout. Den wenigsten Krankenhausbetreibern ist bewusst, dass sie sofort zu einer Lichtinsel und hilfesuchende Menschen anziehen werden. Wenn hier – wie der Regelfall – nicht rasch eine Kanalisation der anströmenden Menschen erfolgt, wird der Krankenhausbetrieb wohl ziemlich rasch lahmgelegt werden. Hier ist eine nichtmedizinische Triage im Sinne von Selbsthilfe-Basen unverzichtbar. Zum anderen wird völlig unterschätzt, dass das Ereignis nicht nur die Strom- sondern die gesamte Versorgung betrifft. Und dies nicht nur für ein paar Stunden, sondern für zumindest mehrere Tage, wenn nicht noch länger. Den ein Blackout ist nicht vorbei, wenn der Strom wieder da ist. Denn dann beginnen erst die richtigen Schwierigkeiten!

Zwei Phasen eines Blackouts

Ein Blackout hat zwei wesentliche Phasen:

Phase 1: Ein totaler bis weitgehender Strom- und Infrastrukturausfall, welcher je nach Region Stunden bis Tage dauern wird. In Deutschland gibt es Einschätzungen, die für Deutschland von mindestens sechs Tagen ausgehen! Daher muss auch auf europäischer Ebene davon ausgegangen werden, dass die Wiederherstellung einer halbwegs stabilen Stromversorgung zumindest mehreren Tagen, wenn nicht sogar darüber hinaus dauern kann.

Phase 2: Die Stromversorgung funktioniert zumindest wieder in weiten Teilen, die anderen Infrastruktursektoren jedoch noch nicht oder nur eingeschränkt. Diese Phase kann je nach betroffener Infrastruktur Tage, Wochen und in Teilen sogar Monate (z.B. Ausfälle in der Tierhaltung) andauern. Die Phase 2 wird daher zu einer enormen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Belastungsprobe werden und völlig unterschätzt.

Noch schlimmer in der Phase 2 ist, dass wir keinerlei Erfahrung haben, all diese Systeme gleichzeitig, bei keiner oder bei nur einer sehr eingeschränkten Telekommunikationsversorgung, wieder hochzufahren. Viele wechselseitige Abhängigkeiten werden sich erst in der Krise zeigen und massive Probleme verursachen. Wie etwa Erfahrungen aus lokalen Stromausfällen, wo bis zu 30% der Netzteile im ununterbrochenen Infrastrukturbetrieb ausgefallen sind. Für einen der-art großen Ersatzteilbedarf bei einem überregionalen Ereignis gibt es jedoch keine Vorhaltungen. Besonders betroffen wäre wohl der Telekommunikationssektor, womit ein unvorstellbarer Teufelskreis in Gang gesetzt werden würde.