Selbsthilfefähigkeit unzureichend

Wie kann ich mir selbst helfen, wenn – völlig unerwartet (!!!) – ein Großteil der so selbstverständlich und andauernd genutzten Systeme nicht mehr funktionieren? Kann ich ggf. von irgendwoher professionelle Hilfe erwarten und wenn ja, wo? Ein Blick in den Abschlussbericht des Instituts für Technikfolgen-Abschätzung (Österreichische Akademie der Wissenschaften) zum Projekt „Digitaler Stillstand – Was passiert, wenn Computer in Österreich großflächig ausfallen?“ liegt nun vor. Herbert Saurugg war im Rahmen eines Experteninterviews und -workshops eingebunden.

Die Studie bestätigt einmal mehr unsere eigenen Wahrnehmungen, auch wenn aus unserer Sicht nicht auf alle wesentlichen Fragen ausreichend eingegangen wurde/werden konnte. Wie etwa: „Das Projekt „Digitaler Stillstand“ geht der Frage nach, was passiert, wenn alle oder ein Großteil dieser Systeme nicht mehr funktionieren.“ und „Wie ist Österreich auf die konkreten Auswirkungen dieser Szenarien vorbereitet?“  Schlimmer als in der Studie festgehalten, nimmt nicht nur die Fähigkeiten zur Selbsthilfe ab. Noch vorhandene Fähigkeiten werden durch einlullende oder gar Risiken ignorierende Äußerungen von „Amtsträgern“ und angeblich „Verantwortlichen“ aus unterschiedlichen Bereichen als unnötig, ja manchmal sogar als störend betrachtet und abgetan. Siehe dazu etwa die Rückmeldung des Klubobmanns der Österreichischen Volkspartei. Von den anderen Parteien gab es gleich gar keine Antwort. Hier bleibt nur zu hoffen, dass die nun wissenschaftliche Aufarbeitung einiger Detailfragen zu mehr Sensibilität führen möge.

Bezüglich der Notversorgung der Bevölkerung muss nach weitreichenden Infrastrukturausfällen mit erheblichen Engpässen gerechnet werden. Es erscheint durchaus als realistisch, dass es auch nach nur einem 24-stündigem Blackout bis zu einer Woche dauern könnte, bis die Warenverteilung wieder voll anlaufen kann. Der kritischste Aspekt ist dabei die für die heutige Logistik unverzichtbare Telekommunikationsversorgung. Und gerade hier gibt es sehr viele Unsicherheitsfaktoren. So wird etwa immer wieder berichtet, dass bei lokalen Stromausfällen bis zu 30 Prozent der Netzteile zerstört wurden, wenn diese im 24/7-Betrieb, also speziell im Infrastrukturbetrieb, eingesetzt waren. Im Kleinen fällt das nicht auf, da immer genug Ersatzteile aufzutreiben sind. Bei überregionalen Ausfällen könnte das jedoch zu fatalen Auswirkungen führen. Daher sollten wir uns auch auf diese Möglichkeit vorbereiten und vorsorgen: Was kann ICH tun? Der aktuelle Status, wonach rund 1/3 der Bevölkerung sich nach eigenen Angaben nicht in der Lage sieht, sich länger als 3 Tage und rund 2/3 nicht länger als 7 Tage selbst versorgen zu können, ist für solche möglichen Szenarien völlig unzureichend (siehe Sicherheitsforschungsstudie „Ernährungsvorsorge in Österreich„). Und dabei handelt es sich längst nicht nur um „die Anderen“, sondern auch um Ihr Personal oder um die Mitglieder der verschiedenen Katastrophenschutzorganisationen und deren Familien. Was das für die Handlungsfähigkeit bedeuten könnte, müssen wir wohl nicht weiter ausführen. Gerade die jüngsten Ereignisse mit massiven Cyber-Angriffen auf Kritische Infrastrukturen (siehe Beitrag unten) sollten uns einmal mehr hellhörig machen und zur Vorsorge auf mögliche weitreichende Infrastrukturausfälle veranlassen.

Ein Satz in der Zusammenfassung stört uns daher besonders: „In Summe ist Österreich in vielerlei Hinsicht gut für diverse Krisen und Katastrophen gewappnet.“ Diese Aussage stimmt definitiv für vergangene Ereignisse. Hinsichtlich möglicher weitreichender Infrastrukturausfälle, wie etwa nach einem digitalen Stillstand, erscheint uns diese Aussage jedoch völlig unpassend und durch keine Fakten belegbar. Hier schlägt wohl auch einmal mehr die Truthahn-Illusion zu.  Aber werden solche Hinweise in der Informationsüberflutung überhaupt noch wahrgenommen? Der Flachsinn lässt grüßen. Dieses Buch von Gunter Dueck (Flachsinn – Ich habe Hirn, ich will hier raus) offenbart unseren gegenwärtigen Umgang mit Informationen auf drastische Weise.

Hier dennoch einige Auszüge aus der Studie:

Studie „Digitaler Stillstand“

Eigene Anmerkungen/Ergänzungen in den Zitaten werden in [] angeführt.

Insbesondere die Problematik von Systemabhängigkeiten ist bislang unterrepräsentiert. Eine stärkere Fokussierung darauf ist daher dringend notwendig. Die steigende Abhängigkeit wirkt sich letztlich negativ auf die Selbstorganisationsfähigkeit aller gesellschaftlichen Akteure (staatliche und private Institutionen, Unternehmen, Zivilgesellschaft, Bevölkerung etc.) aus. [Diese Fähigkeit, die immer wieder geübt werden muss, ist] jedoch essentiell, um Krisen aller Art bewältigen zu können. Eine Reduktion der Abhängigkeit geht daher einher mit einer Stärkung des Problembewusstseins und der Resilienz der Gesellschaft.

Diese sogar extrem über die Informationstechnik anwachsende Vernetzung der Systeme muss in ihren fatalen Auswirkungen daher viel stärker und klarer verdeutlicht werden, was bislang jedoch die Ausnahme ist.  

Für das Erkennen und Beheben von Abhängigkeiten ist Wissen über Schnittstellen und das Zusammenspiel unterschiedlicher Infrastrukturkomponenten erforderlich. Die Faustregel lautet: Schnittstellen erhöhen die Komplexität des Systems und machen es somit potenziell anfälliger. Nicht in Sicherheitskonzepten berücksichtigte Schnittstellen können dementsprechend unbekannte Risiken in sich bergen.

Wenn jedoch die Vernetzungen für ein verstärktes Miteinander und Füreinander sowie für ein Denken über den Tellerrand genutzt werden, dann wirken sich die Vernetzungen stärkend auf die Selbstorganisationsfähigkeiten aus. Dazu muss allerdings das immer noch vorherrschende Trennen in immer kleiner und strikt voreinander abgrenzten Teilbereichen endlich in ein ganzheitliches Denken und Handeln überführt werden. Das Ganze ist immer mehr als nur die Summe seiner Teile. Das Trennen zerstört die zum Ganzen gehörenden Beziehungsgeflechte („unsichtbare Fäden“). Dienen z. B. die Beziehungen der Komponenten untereinander dazu, dass trotz stochastischen und damit chaotischen Veränderungen das Gesamtsystem einem Attraktor zustrebt, dann führt das zu einem stabilen Gesamtzustand. Genau das ist das Ziel eines Verhaltenscodex für die einzelnen Energiezellen und dazu dient auch das Orchestrieren mit der Information über die Gesamtsicht. Der in der Stromversorgung immer anzustrebende „Attraktor“ ist das Leistungsgleichgewicht. Wenn weiterhin dafür gesorgt wird, dass durch eine ausreichende und inhärente Energiepufferung in der Momentanreserve (= mechanische Energie in den rotierenden Massen der Synchronmaschinen) die Frequenz im Wechselstromsystem an jeder Stelle im Netz die Gesamtsicht auf die Auslenkung vom Leistungsgleichgewicht wiedergibt, dann kann dezentral und lokal das systemstabilisierende Verhalten in jeder Energiezelle aktiviert werden. Damit kann überall und jederzeit mitgeholfen werden, die Stabilität im Stromnetz zu sichern. Hiermit sorgt also das autonome, stochastische Verhalten in vielen Energiezellen für das ständige Anstreben des gewünschten „Attraktors“ Leistungsgleichgewicht und das in einem als chaotisch empfundenen Gesamtsystem. Diese positive Massenwirkung in einem vernetzten System bedingt ein Umdenken weg von der bisher immer zentralistisch erfolgenden „Steuerung“ weniger Komponenten.

Die Abhängigkeit von GPS (Global Positioning System) und anderen Satellitensystemen. Diese werden neben der Navigation mittlerweile in vielen Bereichen eingesetzt, so auch zur Zeitsynchronisation. Diese Systeme können auch in Transformatoren und Umspannwerken integriert sein und bei Ausfall zu erheblichen Störungen führen und sollten daher stärker bei der Analyse kritischer Infrastrukturen berücksichtigt werden.

Risiken und Chancen

Im Hinblick auf die absehbar weiter zunehmende Vernetzung und Automatisierung (z. B. Industrie 4.0, Smart Grids, Smart Home, autonome Fahrzeuge, Internet der Dinge etc.) ist davon auszugehen, dass [untereinander vernetze] integrierte Systeme generell weiter an Bedeutung gewinnen werden. Dies wird [die Abhängigkeit von als Ganzes funktionierenden Systemen] Systemabhängigkeiten grundsätzlich weiter verschärfen und damit auch die Verwundbarkeit dieser Systeme. Dafür sind mehr Problembewusstsein und Vulnerabilitätsanalysen notwendig, um kritische Komponenten zu erkennen und diese in Folge, abhängig vom konkreten Risiko, besser zu schützen.

Genauso notwendig ist das Erkennen der Chancen einer Vernetzung und eines Orchestrierens durch eine allen Teilsystemen zugänglichen Gesamtsicht (vergleichbar mit dem Hören des Musikstückes durch jedes Orchestermitglieds).

Eine Überprüfung und ggf. Verbesserung von Standards zur Krisenkommunikation auch in Hinblick auf IKT-Abhängigkeiten wird daher empfohlen.

Ferner wird empfohlen, mehr Wert auf die Kommunikation beim Miteinander und Füreinander zu legen. Genau das stärkt die Selbstorganisationsfähigkeit. Ohne Vertrauensbeziehungen zwischen den Beteiligten gibt es so gut wie keine Selbstorganisationsfähigkeit in entsprechenden Gruppen. Immer wieder ergeben sich im Austausch mit verschiedenen Akteuren neue Blickwinkel und mögliche Probleme, aber auch Lösungen. Wie etwa bei einem Gespräch über die Notstromversorgung, wo die Teilnehmer plötzlich erkannten, dass die vorhandenen mobilen Notstromaggregate erst vor der Ausfahrt bei der nicht notstromversorgten Tankstelle betankt werden müssen. Diese Maßnahme war aufgrund eines mehrfachen Treibstoffdiebstahls aus den abgestellten Notstromaggregaten notwendig geworden. Im Normalfall kein Problem, bei einem Blackout fatal. Daher ist die persönliche Kommunikation und das Durchspielen der entscheidenden Prozesse bei der Blackout-Vorbereitung ganz entscheidend. Nicht auf das verlassen, was schon irgendjemand gemacht haben wird (oder gemacht haben könnte bzw. müsste), oder wofür schon jemand zuständig sein wird, sondern harter Faktencheck. Sonst wird es im Ernstfall zu bösen Überraschungen kommen.

Die Stärkung der Selbstorganisationsfähigkeit aller gesellschaftlichen Akteure und der Bevölkerung (Bewusstseinsbildung) ist insgesamt zentral für den Schutz  [und das bestimmungsgemäße Wirken] kritischer Infrastrukturen. Das erfordert ein Zusammenspiel aller relevanten Akteure und Umsetzung von Maßnahmen. Die sich aus dieser Analyse ergebenden wichtigsten Empfehlungen sind:

  • Kommunikationskanälen zur Information der Bevölkerung unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft
  • Erstellung [und Nachführung ] von (Offline-)Notfallplänen
  • Durchführung von Vulnerabilitätsanalysen kritischer Infrastrukturen (insbesonders im Stromnetz und kritischer Komponenten wie Transformatoren [sowie in Kommunikationsnetzwerken]) zur Reduktion von kritischen Abhängigkeiten durch bewusstes Schaffen von [diversitären]  Redundanzen
  • Interdisziplinäres Systemwissen und entsprechender (Aus-)Bildung zur gesellschaftlichen Bewältigung der Problematik [intensiver Blick über den Tellerrand, Vermeidung von Denk“silos“]

Wie obige Ausführungen zeigen, gibt es eine Reihe von Herausforderungen beim Schutz [und beim Betrieb] kritischer Infrastrukturen. Diese resultieren zum einen aus der hohen Komplexität moderner Infrastruktursysteme, die zwar mit Gefahren, die nur bedingt neu sind, konfrontiert sind, für die jedoch heute andere Rahmenbedingungen gelten als vor der Digitalisierung.

Wie in Abschnitt 4 ausgeführt, liegt eine Kernproblematik beim [Betrieb und] Schutz kritischer Infrastrukturen (weitgehend unabhängig von den jeweiligen Ausfallrisiken) in den Abhängigkeiten zwischen KI-Systemen. Ausfälle können zu Kaskadeneffekten führen und andere Netze beeinträchtigen. Technische Abhängigkeiten zu verschiedenen IKT-Systemen sind hierbei ein zentraler Aspekt. Ansätze, um diese Problematik zu reduzieren, sind nur in geringem Ausmaß vorhanden. Es ist wenig bekannt, in welchen Bereichen und welche Komponenten von KI-Systemen durch IKT besonders gefährdet sind.

Kaskadeneffekte können größere Folgeschäden auslösen, was dem zugrundeliegenden Problem höhere Brisanz verleiht.

„Schnittstellen erhöhen die Komplexität des Systems und machen es somit potenziell anfälliger [, wenn nicht stabilisierende Effekte über die Schnittstellen hinweg überwiegen].“

Aufgrund ökonomischen Drucks sind redundante [und auch noch diversitäre (!!!)] Systeme jedoch oftmals nicht vorhanden.

Eine reine Redundanz ist unzureichend, weil so im redundanten System die gleiche Fehlersituation prinzipiell angelegt ist. Deshalb ist zusätzlich zur Redundanz auf die Diversität zu achten.

In Österreich beschäftigen sich zahlreiche Akteure aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor seit mehreren Jahren mit der Thematik. Es existieren Kooperationen in Form von Arbeitsgruppen und Vernetzungsaktivitäten. Die Themen sind teilweise sehr breit gefächert bzw. stark an Angriffs- und Abwehrszenarien im Bereich Cyber-Attacken, Terrorismus etc. orientiert. Das ist zwar ein wichtiger Teilaspekt, allerdings erscheint allgemeine Ursachenbekämpfung und Verbesserung der Systemsicherheit durch Verringerung von Vulnerabilität und Erhöhung der Bewältigungskapazität kritischer Infrastrukturen bisher zu wenig beachtet. Gerade diese Aspekte sind aber wesentlich, um Ausfall- sowie Angriffsrisiken im Vorfeld besser zu fassen und eingrenzen zu können. Trotz der hohen Bedeutung von Cyber-Angriffsszenarien sollten systemimmanente Gefahren wie Systemfehler, abhängigkeitsbedingte Stör- und Ausfälle nicht unterschätzt werden. Dazu kommt, dass es auch Akteure gibt, die bislang kaum einbezogen wurden.

So sollten [das Erkennen und Weitermelden eines Blackouts, also die] Meldeketten bei Blackout klar definiert sein.

Als krisenrobustes Kommunikationsmittel gilt insbesondere die Funktechnologie. Es sollte daher die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Funktechnologie unter allen relevanten Akteuren auch im Krisenfall sichergestellt werden, sodass die Krisenkommunikation zwischen den Akteuren möglichst friktionsfrei funktioniert. Das gilt einerseits für staatliche Einrichtungen, die im Krisenfall zuständig sind als auch für Betreiber kritischer Infrastrukturen. Hier gilt es auch, mehr Transparenz über die Verfügbarkeit staatlicher Krisenkommunikationsmitteln zwischen den Akteuren zu schaffen.

Auch bezüglich der Notversorgung der Bevölkerung gibt es einige offene Fragen. Manche Experten gehen hier von erheblichen Engpässen bei Krisen, die länger als 3 Tage dauern aus.

Neuer Leitfaden „Selbsthilfe-Basis“

Ab sofort steht der neue Praxisleitfaden „Selbsthilfe-Basis“ für dezentrale Anlaufstellen für die Selbstorganisation der Bevölkerung im Katastrophenfall zur Verfügung. Dieser kann aber genauso in größeren Unternehmen, die vielleicht einen Notbetrieb aufrechterhalten müssen (Verkehrsbetriebe), angewandt werden. Er nimmt damit Erkenntnis aus der Studie „Digitaler Stillstand“ vorweg: Die Stärkung der Selbstorganisationsfähigkeit aller gesellschaftlichen Akteure und der Bevölkerung (Bewusstseinsbildung) ist insgesamt zentral für den Schutz kritischer Infrastrukturen.

Wozu eine Selbsthilfe-Basis?

  • Bei überregionalen und länger andauernden Stromausfällen („Blackouts“) versagen die technischen Kommunikationsmöglichkeiten (Handy, Festnetz, Internet).
  • Dadurch kommt es in vielen anderen Bereichen des Alltages und bei der Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern zum Stillstand (Licht, Heizung, Kühlung, Bankomat, Supermarkt, Trinkwasser, Abwasser, Treibstoffversorgung, Medikamente, Landwirtschaft, Produktion, usw.).
  • Die Gesellschaft zerfällt in Kleinststrukturen. Eine (Selbst)Hilfe ist nur mehr auf lokaler Ebene möglich. Die Einsatzorganisationen sind selbst betroffen und nur mehr sehr eingeschränkt handlungsfähig.
  • Eine wichtige Ressource in jeder Krisen- und Katastrophensituation ist Information. Diese kann im Fall eines Blackouts fast nur über Radioaussendungen verteilt werden.
  • Die lokale Selbstorganisation kann durch dezentrale Anlaufstellen („Selbsthilfe-Basis“) unterstützt und gefördert werden. Sie stellen ein wichtiges Bindeglied zwischen der Bevölkerung, der Nachbarschaftshilfe, sowie zu den Akteuren des Katastrophenschutzes auf der Gemeindeebene (Bürgermeister, Feuerwehr, Zivilschutz) dar.
  • Die lokale Selbsthilfe-Basis soll mit Unterstützung der Gemeinde vorbereitet und im Anlassfall gemeinsam mit der örtlichen Bevölkerung betrieben werden. Am besten wird dabei auf bestehende (Vereins-)Strukturen zurückgegriffen.
  • Diese lokalen Selbsthilfe-Basen können auch bei anderen außergewöhnlichen Ereignissen, zum Beispiel bei Extremwetterlagen, zum Einsatz kommen.

Was ist und bietet eine Selbsthilfe-Basis?

  • Weiterleiten von Notrufen
  • Organisation von erweiterten Erste-Hilfe-Maßnahmen oder die
  • notfallmedizinische Erstversorgung (je nach Verfügbarkeit von Fachpersonal)
  • Unterstützung von auf Hilfe angewiesenen Menschen (Kleinkinder, Alte, Kranke, Pflegebedürftige, Pendler, Touristen, etc.)
  • Beihilfe und Entlastung von Einsatzorganisationen
  • Hilfestellung bei Notmaßnahmen (z. B. in der Landwirtschaft, Evakuierung)
  • Gemeinsames Verwerten von verderblichen Waren (Kühlgütern), wenn entsprechende Kochmöglichkeiten (etwa bei Vereinen) zur Verfügung stehen
  • „Grätzelkoordination“ (Grätzl sind in Wien Teile von Wohnbezirken oder Stadtvierteln. Es können auch Siedlungen oder Wohnhausanlagen eine „Grätzl“-Einheit bilden. Grätzl wird auch als Synonym für „die nächste Umgebung“ verwendet.)

Zielgruppe(n) für diesen Leitfaden

  • Bürgermeister/Sicherheitsverantwortliche in der Gemeinde
  • Feuerwehrkommandanten
  • Zivilschutz
  • Vereine
  • Sicherheitsbürger (Gemeinsam-Sicher)
  • Engagierte Menschen, die sich dafür interessieren und engagieren möchten

Verwundbare Gruppen: Pendler und Touristen

Im Zuge der Bearbeitung des Leitfadens „Selbsthilfe-Basis“ wurde eigentlich erst richtig bewusst, dass wohl auch vielerorts die Auswirkungen eines möglichen Blackouts auf Pendler und Touristen massiv unterschätzt werden. So kann man etwa davon ausgehen, dass in Wien pro Tag rund 45.000 Touristen nächtigen. Hinzu kommen wohl noch deutlich mehr Tagestouristen, auch wenn das saisonal unterschiedlich ist. Je nach Wochentag kommen mehrere Hunderttausend Pendler nach Wien. In anderen Regionen und Städten sind es natürlich nicht so viele bzw. hängt das auch sehr von der Saison ab. Man denke hier nur an die Wintersportregionen. Diese Menschen haben kaum bis keine Möglichkeit sich vorzubereiten und sind im Fall eines Blackouts daher weitgehend auf die Hilfe der Öffentlichkeit angewiesen. Oder anders ausgedrückt: In Wien sind je nach Tages- und Jahreszeit wahrscheinlich mehr Menschen auf Hilfe angewiesen, als in der zweitgrößten Stadt Österreichs leben. Da bleibt nur zu hoffen, dass der Stromausfall nicht zu lange dauert, damit zumindest eine rudimentäre Notversorgung mit den in den Hotels noch vorhandenen Lebensmitteln sichergestellt werden kann.  Diese Erkenntnisse sind ohne weiteres auch auf andere Städte und Regionen übertragbar und sollten deshalb generell umgesetzt werden.

Ransomware WannaCry – Cyber-Zwischenfällen in Kritischen Infrastrukturen

Mitte Mai kam es zu weitreichenden Cyber-Zwischenfällen in Kritischen Infrastrukturen. In Großbritannien war in mehr als einem duzend Spitälern nur ein eingeschränkter Krankenhausbetrieb möglich, nachdem eine erpresserische Datenverschlüsselung mit der Schadsoftware (Ransomware) WannaCry erfolgt war. Bei Renault musste sogar die Autoproduktion reduziert werden. Bei der Deutschen Bahn fielen die Anzeigetafeln aus. Österreich ist noch glimpflich davongekommen. Weltweit waren über 200.000 Rechner in über 150 Länder betroffen. In der Sicherheitsbranche stellt man sich jedoch einige nicht gerade beruhigende Fragen:

  • Wer steckt dahinter? Die Mutmaßungen (etwa Nordkorea) sind nicht sehr plausibel bzw. könnten auch zur gezielten Ablenkung dienen.
  • Der Erlös aus der Erpressung ist überschaubar.  Die Geldbeschaffung scheint nicht das vorrangige Ziel gewesen zu sein.
  • War es eine Ablenkung? Es gab auch einen parallelen Angriff (Adylkuzz), wo nicht der Ausfall der Rechner das Ziel war und der damit weniger Aufmerksamkeit erhielt.
  • Warum waren besonders Kritische Infrastrukturen betroffen? Oder hatte das mehr mit der Medienaufmerksamkeit zu tun?
  • War es ein Testlauf für etwas ganz anderes? Etwa um die Gegenspieler aufzuklären?
  • War es Teil eines Informationskrieges, um vermeintlich Schuldige (NSA, WikiLeaks, Nordkorea) zu brandmarken?
  • Erste Meldungen deuteten auf einen hoch professionellen Angriff hin, die weiteren eher auf eine stümperhafte Vorgangsweise. Mit Absicht?
  • Das Sammeln von Software-Lücken durch Geheimdienste stellt ein unkalkulierbares Risiko dar. Es sollte daher davon ausgegangen werden, dass wir noch Schlimmeres sehen werden.

Was ist hier Wahrheit oder nur Vermutung oder gar Verschleierung? Ob sich hier der Nebel lichten wird, darf bezweifelt werden. Ganz im Gegenteil. Er wird eher zu einer weiteren Verunsicherung führen. Zum anderen wurde wieder einmal aufgezeigt, dass auch Bereiche betroffen sind, wo viel Geld und Profis zum Einsatz kommen. Im Bereich großer Organisationen und Kritischen Infrastrukturen ist die Verwundbarkeit nach wie vor gegeben bzw. wird weiter steigen . Weitreichende Infrastrukturausfälle sind daher alles andere als Fiktion! Daher sollten wir uns ernsthaft um unsere Selbsthilfefähigkeit kümmern.

Verschiedene Meldungen und Berichte

Sammlung von diversen Medienberichte

Analysen und eigene systemische Betrachtungen

Krisenmanagement und Krisenvorsorge

Stromversorgung

Cybersicherheit

Blicke auf die Situation im europäischen Stromversorgungssystem

Die angeführten Beispiele stammen rein aus öffentlich verfügbaren Quellen. Sie zeigen die aktuellen Herausforderungen auf und sollten uns an die Truthahn-Illusion erinnern.

  • Aktuelle Situation– Zusammenfassung der aktuellen Herausforderungen im europäischen Stromversorgungssystem
  • Auswertung Redispatching & Intraday-Stops– Auswertung der Eingriffe zur Netzstabilisierung – die Anzahl der Eingriffe sind wieder gestiegen
  • Negativstrompreistage – Auswertung der Tage mit Negativstrompreisen bzw. Preisen unter 20 Euro. Am 30.April wurden erneut Strompreise mit -70 Euro erzielt. Am 01. Mai wurde erstmals in Deutschland während 16 Stunden des Tages der Strom mit bis zu -67 Euro „verkauft“. Wider den Erfahrungen aus den vergangenen Jahren, ist der Mai jedoch seither recht entspannt verlaufen, was vor allem mit dem schlechten Wetter an den Sonntagen zusammenhängt. 
  • Die Situation in den österreichischen und Schweizer Speicherkraftwerken hat sich wieder entspannt. Siehe aktuelle Situation.