Quelle: tt.com

Kraftwerksgruppe ist wegen Großrevision bis Juli außer Betrieb. Europa-weiter Stromausfall hätte Konsequenzen für die Wiederversorgung Tirols.

Ende Jänner geht die Kraftswerksgruppe Sellrain/Silz wegen einer Großrevision bis Juli vom Stromnetz. Was aber würde passieren, wenn es gerade in dieser Zeit zu einem europaweiten Stromausfall („Blackout“) kommt? Mittlerweile geht es nämlich nicht mehr darum, ob dieses Ereignis eintritt, sondern wann. Deshalb informierte jetzt der Netzbetreiber Tinetz, ein Tochterunternehmen des Landesenergieversorgers Tiwag das Land Tirol.

„Wir hoffen, dass ein solches Ereignis zumindest nicht gerade in der ersten Jahreshälfte 2020 eintreten wird“, heißt es in dem Schreiben. Und weiters: Käme es während dieser Zeit zu einem europäischen Blackout, hätte die Werksabstellung jedoch einschneidende Konsequenzen auf die in einem solchen Fall geplante Wiederversorgung Tirols im autarken Inselbetrieb für die ersten Stunden danach. „Das damit verbundene Leistungsdefizit von 800 Megawatt würde sich sowohl leistungs- wie energiemäßig bei der Deckung des Tiroler Stromverbrauchs auswirken.“

Die Lienzer Bürgermeisterin Elisabeth Blanik ortet im Land Defizite, was vor allem die Versorgung durch sogenannte „Insellösungen“ betrifft. „Ich glaube, wir müssten hier noch breiter aufgestellt sein, ich würde mir eine umfassende Check-List für die Gemeinden erwarten.“ Als Beispiel nennt sie die Steiermark. „Im vergangenen November waren bei uns aufgrund des Schneefalls über Tage Tausende Haushalte ohne Strom, ich weiß, wovon ich rede.“

Dem widerspricht der zuständige Energiereferent und Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler. Europaweit würde die völlige Wiederherstellung der Stromnetze nach einem großflächigen Blackout laut Einschätzung der Tinetz fünf bis sieben Tage in Anspruch nehmen. „Wir sind in Tirol sowohl auf kleinere Stromausfälle wie auch auf ein großflächiges Blackout in Europa vorbereitet. Mithilfe unserer Groß- bzw. Speicherkraftwerke können wir die Stromversorgung bei einem Blackout in wenigen Stunden im ganzen Land wiederaufbauen und für mindestens eine Woche autark aufrechterhalten.“ Auch im Rahmen der Energiestrategie Tirol 2050 arbeite man ständig daran, diese Unabhängigkeit weiter auszubauen. Steht das Kraftwerk Sellrain/Silz nicht zur Verfügung, benötigt Tirol laut Geisler zum Wiederaufbau des Netzes die APG, die Austrian Power Grid.

Darüber hinaus verweist Geisler auf die Vorreiterrolle Tirols im Notfall: Alle wichtigen Infrastruktureinrichtungen wie Krankenhäuser und Feuerwehren würden über eine meist dieselbetriebene Notstromversorgung verfügen. Auch sämtliche landeseigenen Tankstellen zur Versorgung von Einsatzfahrzeugen oder Straßenfahrzeugen sind mit einer Notstromversorgung ausgerüstet. „Bei der Kommunikation der Einsatzkräfte hat das Land Tirol außerdem eine ausfallsichere Zweitanbindung über Richtfunk aufgebaut“, sagt der Energiereferent.

Kommentar

Blackout-Vorsorge HausEs ist beachtlich und besonders lobenswert, dass die TINETZ proaktiv an die Behörden herangetreten ist und Klartext spricht. Auch die klare Forderung und Feststellung der Lienzer Bürgermeisterin ist zu würdigen. Die Reaktion des Landeshauptmannstellvertreters hingegen ist unverantwortlich. Sie spiegelt jedoch eine vielfach beobachtete Wahrnehmung wider: Die Menschen an der Basis, aber auch in zunehmend mehr Gemeinden sind sich der drohenden Gefahr bewusst und wollen etwas dagegen unternehmen.

Auf höherer politischer Ebene wird hingegen oftmals noch mit einer fahrlässigen Beschwichtigung und Verharmlosung gearbeitet. Denn offensichtlich ist nicht bekannt, dass ein Blackout nicht nur ein Stromausfall, sondern zu einer schwerwiegenden Versorgungsunterbrechung in allen lebenswichtigen Bereichen führt!

Auch wenn Tirol wieder frühzeitig mit Strom versorgt werden kann, werden viele andere Leistungen, wie die Telekommunikations- oder Lebensmittelversorgung nicht funktionieren. Daher könnte es die Menschen umso schlimmer treffen, weil sie in falsche Sicherheit gewogen wurden. Es ist erfreulich, dass in Tirol bereits viele Maßnahmen auf der organisatorischen Ebene getroffen wurden. Das ändern jedoch nichts daran, dass es ohne eine vorgesorgte Bevölkerung = Personal, keine Basis dafür gibt, damit das auch alles funktioniert. Eine Vorsorge ist daher auch in Tirol (überlegens-)wichtig!

Und vielleicht schaut man in Nordtirol einfach mal nach Südtirol. Dort hat man realisiert, um was es geht!