Quelle: www.badische-zeitung.de

Bei einer Tagung in Basel haben Experten über das Szenario XXL-Stromausfall gesprochen – und einem echten Hacker zugesehen.

Was passiert, wenn überall die Lichter ausgehen? In Basel haben sich Vertreter von Militär, Verkehrsbetrieben, Krankenhäusern und Verwaltung getroffen, um auf Einladung der Oberrheinkonferenz das Szenario eines großflächigen grenzüberschreitenden Stromausfalls durchzuspielen. Ihr Fazit: Das Szenario ist durchaus realistisch.

Der Vortrag erzielt Wirkung. Die Vertreter von Hochschulen, Energieunternehmen, Verwaltung, Armee und Medien im Publikum verstehen: Wer das Funktionieren einer Gesellschaft angreifen möchte, kann das tun.

Auch ohne böse Absichten ist ein Stromausfall denkbar, wie Patrick Wajant von der Firma Transnet berichtet: Er zeigt das Foto eines Strommasten, in das der Wind Pflanzvlies geweht hat – das sind die Stoffbahnen, die man von Gemüsefeldern kennt. „So was kann schon zum Blackout führen“, sagt er. Um diesen abzuwenden, arbeiten die Netzplaner an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr – allein im Jahr 2015 beliefen sich die Kosten für die Stromnetzstabilisierung in Deutschland auf insgesamt eine Milliarde Euro.

Der neue Klinikturm, der derzeit gebaut wird, würde mit seiner Beleuchtung „Menschen wie Motten anziehen“, sagt Frey, normale Haushalte hätten schließlich keinerlei Notstromreserven. Hier müsse die Klinik sich schützen. Frey wünscht sich für diesen Fall Unterstützung – durch das Militär.

Man werde sich wohl schnell auf Evakuierungsaufgaben beschränken müssen – falls die Mitarbeiter überhaupt zum Dienst kämen: Wenn auf den Straßen das von allen erwartete Chaos herrsche, sagt er, würden wohl viele lieber bei ihren Familien bleiben.

„Mit der Geilheit, die wir auf Technologien haben, können wir Sicherheit nicht garantieren“, sagt Ivan Bütler, der Hacker. In den kommenden zehn Jahren werde sich der Sicherheitsstandard eher noch verschlechtern. Guy Morin, Regierungspräsident in Basel und Präsident der Oberrheinkonferenz, erinnert an einen Satz, der in der Schweiz als Losung der Armee an die Bevölkerung ausgegeben wurde: „Kluger Rat – Notvorrat“. Diesen Satz zu belächeln, da sind sich alle Teilnehmer einig, sei kurzsichtig.

Eine zum Ende des Tages unterzeichnete Erklärung soll die Absicht Deutschlands, Frankreichs und der Schweiz zum Ausdruck bringen, weiter gemeinsam daran zu arbeiten, dass im Notfall zumindest die Kommunikation und Koordination funktionieren. Kommende Woche will Morin sie der Oberrheinkonferenz als Beschlussvorlage überreichen.

Kommentar

Ganz guter Querschnitt. Die Kommunikation und Koordinierung … ja, sie ist wichtig. Aber wenn der Großteil der Bevölkerung = Personal der Organisationen sich nicht ausreichend im eigenen Bereich vorbereitet haben („Kluger Rat – Notvorrat“), dann wird man damit die absehbaren Probleme auch nicht lösen können. Daher geht es vor allem darum, die öffentliche Sensibilität und Vorsorge zu erhöhen („Bottom-Up“) und nicht nur die Top-Down-Ansätze zu verbessern! Ein solches Szenario kann sowieso nur für die ersten 2-3 Tage beherrscht werden. Über Wochen nachzudenken, ist vergeudete Zeit, denn wenn wir schon die ersten Tage nicht schaffen – wo wir derzeit hart daran arbeiten müssen – kann niemand absehen, was sich dann weiterentwickelt. Und das betrifft nicht nur die Bevölkerung, sondern die gesamte Gesellschaft.