Letzte Aktualisierung am 16. Juni 2016.

Dieses Schreiben ist am 02. Juli 2015 an die Sicherheitssprecher gesendet worden. Es gab keinerlei Reaktionen.

Offener Brief an die Sicherheitssprecher der Parteien – (PDF-Version)

Die Auswirkungen eines europaweiten Stromausfalls
auf Österreich und die fehlenden Vorbereitungen

An die Sicherheitssprecher der österreichischen Parteien

Sehr geehrter Herr Niko Alm,
Sehr geehrter Herr Werner Amon,
Sehr geehrter Herr Christoph Hagen,
Sehr geehrter Herr Otto Pendl,
Sehr geehrter Herr Peter Pilz,
Sehr geehrter Herr Walter Rosenkranz,

In den vergangenen Monaten häufen sich Berichte rund um das Thema „Blackout“ – ein europaweiter, länger andauernder Strom- und Infrastrukturausfall. So adressiert etwa die Wirtschaftskammer Steiermark in ihrer aktuellen Mitgliederzeitung Steirische Wirtschaft Nr. 22 vom 19. Juni 2015 sehr konkret ihre Mitglieder. Zum anderen hat etwa der niederösterreichische Zivilschutzverband in den vergangenen Jahren weit mehr als einhundert Sensibilisierungsveranstaltungen in Niederösterreich durchgeführt. Direkt oder indirekt wurden damit wahrscheinlich etwa 10% der NiederösterreicherInnen erreicht. Auch die niederösterreichischen Feuerwehren haben aufgrund der Einsatzerfahrungen nach dem großflächigen Stromausfall in Slowenien Anfang 2014 umfangreiche Vorbereitungen getroffen. Wie in Kürze erscheinende KIRAS-Sicherheitsforschungsberichte zeigen werden, besteht hier noch ein sehr hoher Handlungsbedarf, damit die österreichische Gesellschaft ein solches Szenario bewältigen kann.

„Blackouts in Österreich 2 (BlackÖ.2)“ – großer organisatorischer Handlungsbedarf;
„Ernährungsvorsorge in Österreich“ – 1,4 Millionen Haushalte sind wahrscheinlich spätestens ab dem 4. Tag nicht mehr versorgt, 11-26% der befragten Haushalte verfügen über KEINE Wasservorräte!, 30% der befragten Unternehmen der Lebensmittelindustrie und des Handels haben noch keine Vorsorge getroffen bzw. keine Überlegungen dazu angestellt!
„Resilienz Monitor Austria“ – die österreichische Bevölkerung ist derzeit völlig unzureichend in die Krisenbewältigung eingebunden, was sich gerade bei strategischen Schockereignissen, wie einem Blackout, massiv negativ auswirken könnte.

Am 01. Juli 2015 veröffentlichte das Schweizer Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) seinen Risikobericht 2015. Darin wird unter anderem festgehalten:

Die jüngere Vergangenheit zeigt, dass wir in der Schweiz Schadenereignisse mit lokalen oder regionalen Auswirkungen grundsätzlich gut bewältigen. Angesichts der rasant zunehmenden Vernetzung und der enormen Infrastrukturdichte steigt jedoch unsere Verletzlichkeit. Ein grosser Stromausfall ist in dieser Perspektive ein neues oder jedenfalls stark gestiegenes Risiko.

Im Bereich von Katastrophen und Notlagen stellt eine mögliche schwere Strommangellage für die Schweiz das grösste Risiko dar. Damit ist eine über mehrere Monate andauernde Stromunterversorgung von 30 Prozent während mehrerer Monate im Winter gemeint. Ein derartiges Szenario würde zu grossen Personenschäden und darüber hinaus zu immensen ökonomischen und immateriellen Schäden für die Wirtschaft und für die Gesellschaft führen. Insgesamt ist mit einem Schaden von über 100 Milliarden Franken zu rechnen. Die Häufigkeit für das Auftreten eines derartigen Ereignisses wird auf einmal in 30 bis 100 Jahren geschätzt.

Ausfall Stromversorgung (Szenario): Im Sommer fällt in mehreren Kantonen mit grossen Agglomerationen und hoher Infrastrukturdichte das Hochspannungsnetz aufgrund physischer Schäden aus. Folge ist ein vollständiger Stromausfall während zwei bis vier Tagen. Betroffen sind 0,8 bis 1,5 Millionen Personen. Es dauert Tage bis Wochen, bis sich die Situation normalisiert hat.

Im Ergebnis stellt sich die Frage: Wie gut sind wir auf grosse, nationale Ereignisse mit komplexen Auswirkungen vorbereitet?

Wiegen wir uns in falscher Sicherheit? Im Vergleich zu lange zurückliegenden Ereignissen gibt es einen grossen Unterschied: Heute befinden sich sehr viel mehr Menschen, Infrastrukturen und Vermögenswerte auf gleichem Raum.

Bereits 2014 wurde aufgrund des Risikoberichts 2012 eine nationale Sicherheitsverbundsübung mit den Szenarien Strommangellage, Blackout und Pandemie durchgeführt, wo alle Verwaltungsebenen involviert waren. Mittlerweile liegt auch ein umfangreicher Erfahrungsbericht vor, der vor allem noch zu lösende organisatorische und koordinative Herausforderungen adressiert.

74 Teilnehmer der internationalen Fachtagung „Blackout im Übertragungsnetz – den Ernstfall beherrschen“ richteten als Ergebnis der Tagung die Resolution „Schaffen von Rahmenbedingungen für Netzwiederaufbaumaßnahmen in elektrischen Netzen nach einem Blackout“ Ende 2013 an die deutsche bzw. österreichische Bundesregierung. Bisher sind dazu keine konkreten Schritte erfolgt.

Aus Stromversorgungsunternehmen, Industrie, Behörden, Interessenvertretungen und Forschung; Während der österreichische Übertragungsnetzbetreiber (APG) des 400-kV- und 220-kV-Netzes alle Aktivitäten für Simulation, Trainingsmaßnahmen, Erstellung von Inselnetzkonzepten sowie Ertüchtigung von Kraftwerksblöcken zur Schwarzstartfähigkeit auf Basis eines gesetzlichen Auftrages über die Netzgebühren vergütet bekommt, fehlen in Deutschland und Österreich für die Verteilnetzbetreiber der Spannungsebene 110 kV und darunter die diesbezüglichen Rahmenbedingungen seitens der Gesetzgeber und Netzregulatoren (Bundesnetzagentur und E-Control).

Die unterzeichnenden Fachleute weisen die Bundesregierungen bzw. die Koalitionsverhandler in Deutschland und in Österreich sowie die Netzregulatoren darauf hin, dass im Sinne der Stromversorgungssicherheit rasch organisatorische, technische und finanzielle und Rahmenbedingungen zu schaffen sind, welche es auch Verteilnetzbetreibern ermöglichen, Konzepte und Trainings für Inselnetzbildung, Netzwiederaufbau und Schwarzstartfähigkeit von Kraftwerken durchzuführen.

Die Interessenvertretung der Elektrizitätswirtschaft („Österreichs Energie“) hat im März 2014 den Regulator vor überregionalen Stromausfällen gewarnt. Die Wahrscheinlichkeit sei in den letzten Jahren signifikant gestiegen. Auch hier wurde die Förderung von dezentral schwarzstartfähigen Kraftwerken eingefordert, damit zumindest ein rascherer dezentraler Netzwiederaufbau im Falle eines Blackouts erfolgen könnte. Seitens des Regulators wurde dies abgelehnt, da es nach Eigeneinschätzungen um ein „extrem unwahrscheinliches Szenario“ handelt.

Das internationale Forschungsprojekt www.blackout-simulator.com unter der Führung der Johannes Kepler Universität Linz kommt zum Schluss, dass ein 24-stündiger Stromausfall alleine in Österreich einen Schaden von über einer Milliarde Euro verursachen würde. Dabei hängt die Höhe des Schadens von der Jahreszeit, dem Wochentag und der Uhrzeit ab bzw. auch davon, wie gut die Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt auf ein solches Szenario vorbereitet ist. Eine unvorbereitete Gesellschaft wird hart getroffen.

Eine deutsche Studie kommt zum Schluss, dass aufgrund der exponentiellen Schadensentwicklungen nur die erste Stunde berechenbar ist. Für die erste Stunde wird für Deutschland ein Schaden von rund 600 Millionen Euro erwartet.

Eine Reihe von Behörden und Forschungseinrichtungen adressieren die steigende Gefahr eines europaweiten Stromausfalls bzw. die unzureichende Vorbereitungen, was vor allem auf die bisherige sehr hohe Versorgungssicherheit zurückzuführen ist.

In Österreich gibt es bislang keine öffentlich bekannte gesamtstaatliche Stellungnahme/ Strategie, wie mit diesem Thema umzugehen ist. 2013 wurde die zivilgesellschaftliche Initiative „Plötzlich Blackout!“ – Vorbereitung auf einen europaweiten Stromausfall (www.ploetzlichblackout.at) ins Leben gerufen, die in mehreren Veranstaltungen hunderte Stakeholder aus allen Gesellschaftsbereichen zu sensibilisieren versucht hat.

Die Bewältigung eines Blackouts erfordert bottom-up Auseinandersetzungen und Strategien, da durch den folgenden Ausfall fast der gesamten Telekommunikation die Gesellschaft in Kleinststrukturen zerfällt und die organisierte Hilfe nur mehr eingeschränkt handlungsfähig ist. Eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung erfordert jedoch begleitend einer klaren top-down Botschaft, am besten von Regierungsseite. Diese sollte folgende Aspekte beinhalten:

  • Ein solches Szenario kann nicht ausgeschlossen werden, da es keine 100 % Sicherheit gibt und sich zusätzlich das europäische Stromversorgungssystem in der größten Infrastrukturtransformation aller Zeiten befindet („Energiewende“). Der Umbau erfolgt dabei im laufenden Betrieb und unter zunehmend schwierigeren Bedingungen. Eine Rückfallebene im Falle von größeren Störungen ist daher unverzichtbar.
  • Welche Auswirkungen sind im Falle eines Blackouts für jeden Einzelnen, ob als Bürger, Unternehmer, oder für die Verwaltung zu erwarten.
  • Welche koordinierende Rolle kann der Staat in der Vorbereitung übernehmen bzw. der Hinweis, dass keine organisierte Hilfe der Welt ein solches Ereignis bewältigen kann, sondern dass jeder Einzelne einen ganz wesentlichen Beitrag dazu leisten muss.
  • Aufforderung zur Eigenvorsorge, insbesondere zur Eigenbevorratung, da in Folge eines Blackouts mehrtägige, wenn nicht weit längere Versorgungsunterbrechungen und -engpässe erwartet werden müssen. Mit dieser Maßnahme können auch viele andere mögliche strategische Schockereignisse (etwa ein Erdbeben oder eine Pandemie) leichter bewältigt werden.

Auch wenn der Katastrophenschutz in Österreich Ländersache ist, erfordert ein derart gravierendes Ereignis bereits im Vorfeld eine gesamtstaatliche Koordinierung und Vorbereitung („Orchestrierung“) und Risikokommunikation. Da dies derzeit nur in Einzelbereichen erfolgt, werden hier folgende Aspekte, die diese Forderungen unterstreichen, zusammengefasst:

  • Die derzeitigen rechtlichen Vorgaben, wer in welcher Form wen zu informieren hat bzw. wie die Alarmkette bei einem Blackout aussieht, ist nicht dazu geeignet, einem solchen Szenario, bei dem es rasch zu einem weitreichenden Infrastrukturausfall kommt, zu begegnen. Damit wird eine wesentliche Zeitreserve („Golden Hour“) – so lange noch die Kommunikation funktioniert – ungenützt verstreichen und vor allem in der Wirtschaft zu zusätzlichen Schäden führen. Dazu gehört etwa auch die Klärung der Frage, ob zeitnah der Zivilschutzalarm – sofern die Sirenen funktionieren – ausgelöst werden soll, um möglichst rasch eine „Erstinformation“ an die Bevölkerung und Wirtschaft zu richten. Dies müsste aber bereits vorab kommuniziert werden.
  • Grundsätzlich gibt es das Staatliche Krisen- und Katastrophenschutzmanagement (SKKM), dass vor und im Anlassfall eine gesamtstaatliche Koordinierung sicherstellen sollte, jedoch sind im Hinblick auf das Szenario „Blackout“ kaum konkrete Maßnahmen und Vorbereitungen öffentlich bekannt. Insbesondere gibt es bis dato keine öffentliche Risikokommunikation, was aber unverzichtbar ist, um auch entsprechende Vorbereitungen in der Wirtschaft und in der Bevölkerung anzustoßen.
  • Gerade in der produzierenden Wirtschaft drohen bei einem unvorbereiteten Eintritt eines Blackouts schwere bis existenzbedrohende Schäden, wenn es nicht rechtzeitig gelingt, die Produktionsanlagen in einen sicheren Zustand herunterzufahren, was bei eingeschränkten Ressourcen (etwa Telekommunikation!) nur durch eine entsprechende organisatorische Vorbereitung und der rechtzeitigen Einleitung gelingt. Ein Notfallplan „Stromausfall“ greift dabei zu kurz!
  • In vielen Regionen Österreichs kann bei einem Blackout die Wasserversorgung nur zeitlich und räumlich begrenzt aufrechterhalten werden. Gleichzeitig zeigen aktuelle Forschungsergebnisse, dass regional unterschiedlich, wahrscheinlich mehrere hunderttausend österreichische Haushalte über keine Wasservorräte verfügen!
  • Neben der Wasserversorgung sind vor allem in der Abwasserentsorgung massive Ausfälle mit weitreichenden Umweltfolgen zu erwarten. Je nach Dauer und Jahreszeit könnten sich dadurch auch Seuchenlagen entwickeln.
  • Unsere hoch vernetzte und synchronisierte Lebensmittelversorgung ist massiv von der Strom- und IKT-Infrastruktur abhängig. Nach dem Stromausfall muss auch noch ein etwa eintägiger Ausfall der Telekommunikation erwartet werden. Erst wenn diese beiden Infrastrukturen wieder funktionieren, können Logistikanwendungen wieder eingesetzt und eine Synchronisierung begonnen werden. Gleichzeitig muss erwartet werden, dass eine unvorbereitete Bevölkerung nach einem solchen Ereignis zu Hamsterkäufen neigen wird, was die Versorgungslage weiter verschlimmern würde. Insbesondere, da nach Eigeneinschätzung etwa 1,4 Millionen österreichische Haushalte spätestens nach dem 4. Tag nicht mehr versorgt sind, weil sie ihre Vorräte aufgebraucht haben.
  • Eine derart niedrige Selbstversorgungsfähigkeit hat massive Auswirkungen auf Personen mit besonderen Bedürfnissen (Kinder, Kranke, pflegebedürftige bzw. ältere Menschen, etc.), was wahrscheinlich zu einer zusätzlichen Überforderung des Gesundheitssystems führen wird.
  • Spitäler sind zwar notstromversorgt, viele Zulieferunternehmen sind es jedoch nicht oder nur eingeschränkt. Zudem hängt der Spitalsbetrieb von vielen zusätzlichen Faktor ab (etwa von vielen externen Dienstleistungen und vom Personal, das oft verschiedenen Personengruppen und Zuständigkeiten angehört; das etwa nicht zur Arbeit kommen kann oder die eigene Familie versorgen muss). Zudem sind die Treibstoffvorräte für die Notstromversorgung begrenzt. Spitäler sollten daher möglichst rasch in Katastrophenmedizin übergehen, um zumindest eine Notversorgung über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten zu können, da auch nach dem unmittelbaren Stromausfall noch weitreichende Leistungseinschränkungen erwartet werden müssen.
  • Der dezentralisierte Gesundheitsversorgungsbereich (niedergelassene Ärzte, Pflegeeinrichtungen, Apotheken, etc.) wird nur sehr eingeschränkt handlungsfähig sein. Ohne vorangegangene Planungen muss zudem erwartet werden, dass das Problem dann automatisch in den zentralisierte Gesundheitsversorgungsbereich – sprich Spitäler – verlagert wird, was diesen noch rascher zum Kollabieren bringen würde.
  • Besondere Krisen-Hotspots sind etwa auf Flughafen oder Bahnhöfen, aber auch in Industriegebieten zu erwarten. Am Flughafen Wien arbeiten mehrere tausend Menschen. Die Flugzeuge werden sicher landen, jedoch wird es innerhalb kürzester Zeit zu einer völligen Überlastung der Infrastruktur kommen, wie etwa erst kürzlich ein Vorfall am Flughafen in Brüssel bzw. der Stromausfall in Holland gezeigt haben. Durch die sehr eingeschränkte Versorgungsmöglichkeit der gestrandeten Menschen ist mit raschen und umfangreichen chaotischen Zuständen zu rechnen. In Industriegebiete können etwa schwerwiegende Zwischenfälle oder der Austritt von Schadstoffen nicht ausgeschlossen werden.
  • Die österreichischen Einsatzorganisationen sind sehr unterschiedlich auf dieses Szenario vorbereitet. Auch hier wird das (unvorbereitete) Personal (inklusive Familien) einen limitierenden Faktor darstellen. Zum anderen ist derzeit nur in einzelnen Bereichen eine Treibstoffversorgung möglich. Hierzu läuft im Innenministerium ein konkretes Projekt, bzw. wurden und werden etwa in Niederösterreich alle Straßenmeistereien mit Notstromeinspeisemöglichkeiten ausgerüstet.
  • Die Auswirkungen auf die Sicherheitslage sind nicht absehbar. Grundsätzlich ist am Beginn mit einer erhöhten Solidarität zu rechnen. Bei Fortdauer und großer Unsicherheit durch fehlende Informationen, insbesondere wenn die Bevölkerung völlig unvorbereitet überrascht wird, muss durchaus mit lokalen Eskalationen gerechnet werden. Eskalationen könnten etwa auch in Folge von Hamsterkäufen nach dem Stromausfall auftreten, eine Gefahr die wiederum durch eine vorangegangene Vorbereitung minimiert werden könnte.
  • Bei Entscheidungsträgern und Behörden ist häufig der „Mythos Panik“ anzutreffen – die Sorge, dass wenn man die Bevölkerung über dieses Thema informiert, Panik ausbrechen könnte. Dafür gibt es keinerlei Evidenz, ganz im Gegenteil. So ergab erst kürzlich eine deutsche Studie: „Die Warnung hat zu einer erhöhten Wachsamkeit und schließlich zur Durchführung von Vorbereitungs- und Sicherungsmaßnahmen geführt.“ Siehe VuK-Newsletter #6 und Das Verhalten der Bevölkerung in Katastrophen und Notlagen.
  • Das Szenario „Blackoutsollte analog zum Epidemie- bzw. Strahlenschutzgesetz auf nationaler Ebene verrechtlicht werden.

Unsere hoch vernetzte Lebensweise ist massiv verwundbar. Es ist nicht schlimm, dass etwas passieren kann, denn es gibt nirgends eine 100 % Sicherheit. Unverantwortlich ist nur, wenn wir uns einfach darauf verlassen, dass nichts passiert und keine Rückfallebenen vorsehen, wie das derzeit weitgehend der Fall ist.

Bei dem hier aufgezeigten Szenario handelt es sich um eine hochgradige Querschnittsmaterie, deren Bewältigung weit mehr Maßnahmen erfordert, als das derzeit in vielen Bereichen organisatorisch und behördlich abgebildet ist. Zum anderen ist eine viel stärkere und aktivere Einbindung der Bevölkerung in der Krisenvorbereitung erforderlich, da dieses Szenario nicht mit den an sonst sehr erfolgreichen und bewährten Krisenbewältigungsmechanismen beherrschbar ist.

Der Staat hat eine wesentliche Schutzpflicht gegenüber seinen Bürgern. Dazu zählt auch eine offene und ehrliche Risikokommunikation, die auch die Begrenztheit der staatlichen und organisatorischen Möglichkeiten aufzeigt und eigenverantwortliches Handeln mobilisiert. Die reine Informationsweitergabe greift dabei zu kurz, da diese in der Regel nicht ankommt, wie etwa deutsche Untersuchungen zeigen.

Als zivilgesellschaftlich engagierter österreichischer Bürger ersuche ich daher die Sicherheitssprecher der österreichischen Parteien, sich diesem Thema anzunehmen und weitere Schritte anzustoßen, um die österreichische Gesellschaft rechtzeitig auf dieses strategische Schockereignis vorzubereiten.

Hochachtungsvoll
Herbert Saurugg, MSc

Offener Brief an die Sicherheitssprecher der Parteien – (PDF-Version)

Ergänzender Fragenkatalog

Aus den bisherigen Auseinandersetzungen haben sich viele Fragen ergeben, die hier (unvollständig) angeführt werden und sich an einzelne Bundesministerien richten. Dabei besteht jedoch die Problematik, dass viele Themen in der Realität hoch vernetzt und Querschnittsthemen sind und sich nicht an die organisatorischen Grenzen („Zuständigkeiten“) halten. Damit soll unterstrichen werden, dass eine Vorbereitung eine gesamtstaatliche Aufgabe ist, die nicht an künstlichen Grenzen scheitern darf. Mit diesen Fragen sollen eine weitere Diskussion bzw. konkrete Überlegungen angeregt werden.

Folgende Fragen beziehen sich auf das Szenario „Blackout“ – einem plötzlichen, überregionalen und länger andauernden Strom- und Infrastrukturausfall. Der unmittelbare Stromausfall wird dabei mit mindestens 12 Stunden, eher 24 Stunden angenommen. Er könnte sich jedoch durch Rückschläge auf europäischer Ebene auch über mehrere Tage ziehen. In Folge dieses Stromausfalls kommt es zu weitreichenden Infrastrukturausfällen – die zu Versorgungsunterbrechungen bzw. -engpässen über mehrere Tage, wenn nicht sogar länger führen können. Mit jeder Stunde Stromausfall nimmt die Wahrscheinlichkeit für eine rasche Wiederherstellung der Stromversorgung ab, bzw. steigen auch die Ausfälle und die Wiederherstellungszeit in anderen Sektoren exponentiell an.

Daher geht es nicht um die grundsätzliche Frage eines Stromausfalls, für den es in aller Regel eine Notfallplan gibt, sondern um die Zeit danach, wenn diese Maßnahmen nicht mehr greifen und welche Rückfallebenen dann noch möglich bzw. notwendig sind.

Eine wesentliche Aufgabe des Staates ist es, seine Bevölkerung vor möglichen Schäden zu bewahren. Daher sind – sofern die Kompetenzen nicht eindeutig zugeordnet sind bzw. bisher keine nationale Koordinierung erforderlich war – auch neue Wege in der Auseinandersetzung und Zusammenarbeit zu gehen.

Bundesministerium für Gesundheit

Die Frage 1-4 bezieht sich auf die parlamentarische Anfragebeantwortung vom 26.08.2014 – 1753/AB;

  1. Hinsichtlich Krankenanstalten ist auf die ausschließliche Vollzugzuständigkeit der Länder gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG hinzuweisen.“
    Bedeutet dass, das es derzeit keine gesamtstaatlichen Überlegungen gibt, wie im Falle eines mehrtägigen Infrastrukturausfalls die zentralisierte Gesundheitsversorgung und damit die Versorgung der Bevölkerung vor einem Kollaps bewahrt werden kann?
  2. „Für die Sicherheit von Patientinnen und Patienten bei einem Stromausfall in Einzelordinationen und Gruppenpraxen kommen aufgrund von Arbeitnehmer/innen Schutzbestimmungen für das sichere Verlassen der Räumlichkeiten batteriebetriebene Lichtquellen zum Tragen. (…) In Einzelordinationen und Gruppenpraxen gilt grundsätzlich, dass jede stromabhängige Behandlung auch ohne Stromquelle sicher beendet werden kann. Hierfür können die vorhandenen stromunabhängigen Lichtquellen benutzt werden.“Bei einem Blackout muss ein mehrtägiger Strom- bzw. Infrastrukturausfall erwartet werden. Daher geht es nicht nur um die Evakuierung oder Beendigung einer Behandlung, sondern auch um die Aufrechterhaltung einer definierten Notversorgung der Bevölkerung, um vor allem die zentralisierte Gesundheitsversorgung vor einem Kollaps zu bewahren. Gibt es hierzu konkrete Überlegungen oder bleibt das dem Zufall und der lokalen Selbstorganisation überlassen?
  3. „Entsprechende Sicherheitsmaßnahmen bestehen auch für sonstige wichtige Anlagen wie Brandmeldeanlagen, automatische Türen, Fluchtwegebeleuchtung und –beschilderung, Telefonanlagen und ähnliches.“Diese Sicherheitsmaßnahmen sind auf wenige Stunden beschränkt. Wie sieht der Plan B aus, wenn das alles nicht mehr reicht/greift? Wie kann trotzdem eine definierte Grund-Not-Versorgung aufrechterhalten werden?
  4. „Zum e-card-System ist im Detail anzumerken, dass dieses über eine hochverfügbare Infrastruktur, bestehend aus zwei unabhängigen Rechenzentren nach TierStandards verfügt. Jedes Rechenzentrum kann die gesamte ‚Last‘ auch alleine tragen.“Wenn die Telekommunikation zeitnah ausfällt, ist das e-card-System für die Gesundheitsversorgung irrelevant, da die Endgeräte nicht mehr funktionieren. Die Verfügbarkeit des Rechenzentrums spielt dann keine Rolle mehr. Welche Vorkehrungen gibt es für diesen Fall, sodass eine Notversorgung auch unbürokratisch weiter möglich ist, ohne dass die Leistungserbringer völlig auf eine Entgeltleistung verzichten müssen?
  5. Welche Überlegungen gibt es, um das Personal in der zentralisierten aber auch dezentralisierten Gesundheitsversorgung im Dienst zu halten/eine Ablöse sicherzustellen?
  6. Wie werden die verschiedenen Personengruppen (z. B. medizinisches Personal, Pflegepersonal, Verwaltungspersonal, Technik, etc.), die für einen Betrieb erforderlich sind, koordiniert?
  7. Wie häufig wird die Treibstoffqualität von Notstromeinrichtungen überprüft, um Ausfallraten wie in Deutschland (nur 8 % des überprüften Treibstoffes war uneingeschränkt verwendbar) zu verhindern?
  8. In der Regel gibt es kaum mehr Lagerkapazitäten bzw. vorwiegend eine Just-in-Time-Lieferung. Wie wird in Folge eines mehrtägigen Strom- bzw. Infrastrukturausfalls die Medikamenten-/Verbandsmaterial-/Hygieneartikel-/Lebensmittelgrundversorgung aufrechterhalten?
  9. Wie bzw. wie lange kann die Gesundheitsversorgung aufrecht erhalten werden, wenn ausgelagerte oder zentralisierte Dienstleistungen (etwa Apothekenleistungen, Sterilisation, Küche, Reinigung, Wäsche, etc.) nicht zur Verfügung stehen?
  10. Wie lange können zentralisierte Gesundheitseinrichtungen, insbesondere Spitäler und Pflegeheime einen Betrieb aufrechterhalten, wenn die Wasserversorgung/Abwasserentsorgung/ Entsorgung ((kontaminierter)Müll, Leichen, radioaktive Stoffe, etc.)/Lebensmittelversorgung nicht funktioniert?
  11. Wie lange verkraften die Hersteller von Pharmaprodukten und deren Zulieferketten einen Strom- und Infrastrukturausfall?
  12. Wie lange können Apotheken die Versorgung mit gekühlten Medikamenten (z. B. Insulin) aufrecht erhalten?
  13. Wie erfolgt die Versorgung von Personen, die auf die Hauskrankenpflege angewiesener sind?
  14. Wie wird die Sicherheit von notstromversorgten Einrichtungen („Lichtinseln“) gewährleistet? Solche Einrichtungen werden viele Menschen anziehen, insbesondere bei widrigen Witterungsumständen.
  15. Steigende Sterblichkeit: Die Vorbereitungen auf ein Blackout in Berlin haben zur Erkenntnis geführt, dass ab der sechsten Stunde flächendeckender Stromausfall mit einer steigenden Sterblichkeit vor allem im medizinischem Umfeld/Heimpflegebereich gerechnet werden muss. Gibt es hier konkrete Überlegungen, wie mit einer derartigen Entwicklung umgegangen werden kann, wenn etwa die gewohnten Prozesse (Bestattung, Kühlung) nicht bzw. nur eingeschränkt funktionieren? Grundsätzlich ist das ein Problem der Kommunen, aufgrund des Umfanges erscheint jedoch eine nationale Koordinierung geboten!
  16. Infolge des Stromausfalles muss ein weitgehender Zusammenbruch der Abwasserentsorgung erwartet werden. Sollte der Stromausfall über 24 Stunden andauern, kommt es zum Ausfall der biologischen Klärstufen. Der Wiederaufbau dieser dauert in etwa eine Woche. Das würde bedeuten, dass in diesem Zeitraum alleine in Österreich rund 1.600 Kläranlagen mehr oder weniger ungeklärte Abwässer ablassen müssten, was weitreichende Folgen für die Wasserqualität nach sich ziehen würde, bis hin zu einer erhöhten Seuchengefahr. Diese muss je nach Jahreszeit auch dadurch erwartet werden, da es durch den Ausfall von Hebewerken zu lokalen Überflutungen mit Fäkalien kommen wird. Durch die fehlende Wasserbevorratung könnten Menschen dazu gezwungen sein, auf Wasser aus fließenden Gewässer zurückgreifen zu müssen. Den wenigsten Menschen ist jedoch der Ausfall der Abwasserentsorgung und die ev. bereits stattgefundene Verkeimung bewusst. Gibt es hierzu konkrete Überlegungen, wie diesen Entwicklungen vor allem kommunikativ entgegengewirkt werden kann?
  17. In der Massentierhaltung ist bereits nach wenigen Stunden Infrastrukturausfall mit einem Massentiersterben zu rechnen. Welche Maßnahmen sind in der Tierkörperbeseitigung vorgesehen, um rechtzeitig die Gefahr von Seuchen einzudämmen?
  18. Ein lokaler Stromausfall an der Universität Bochum hat vor wenigen Wochen zu massiven Schäden im Forschungs- und Laborbereich geführt, da die notwendigen Prozesse (Kühlung, Bewegung) nicht aufrechterhalten werden konnten. Welche Maßnahmen sind vorgesehen, um die Überwachung und Bekämpfung von Tierkrankheiten aufrechterhalten bzw. nach Wiederkehr der Infrastrukturversorgung rasch wieder aufnehmen zu können?

Bundesministerium für Inneres

Seit Mai 2003 ist das Bundesministerium für Inneres für die Koordination in Angelegenheiten des staatlichen Katastrophenschutzmanagements.

Aufgabe des Staatliches Krisen- und Katastrophenschutzmanagement (SKKM) ist es, im Falle länger dauernder und komplexer Krisen- und Katastrophensituationen die rasche Koordination der Bundesbehörden untereinander sowie die Koordination und Zusammenarbeit mit den Ländern sicher zu stellen.

Zusätzlich gibt es den Koordinationsausschuss unter dem Vorsitz des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit. In diesem Koordinationsausschuss sind alle Bundesministerien und Bundesländer, Einsatzorganisationen und Medien vertreten; ihm obliegt bei großräumigen Gefährdungslagen die Koordination und Abstimmung der auf Bundes- und Landesebene erforderlichen Maßnahmen. Der Ausschuss wird nicht nur im Anlassfall, sondern vor allem auch in der Grundsatzplanung koordinierend tätig.

Nachdem in der Öffentlichkeit dazu recht wenig bekannt ist, ergeben sich folgende Fragen:

  1. Welche konkreten Maßnahmen wurden bisher im SKKM bzw. im Koordinierungsausschuss des BMI hinsichtlich dem Szenario „Blackout“ behandelt/in die Wege geleitet?
  2. Wie wurde bisher/wird in Zukunft die Sensibilisierung der Bevölkerung und Mobilisierung zur Eigenbevorratung durchgeführt, um gesamtgesellschaftliche Resilienz zu erhöhen? Die derzeitige Selbstversorgungsfähigkeit der Bevölkerung – rund 1,4 Millionen Haushalte können sich nach eigenen Angaben nur bis max. 4 Tage selbst versorgen – erscheint nicht auszureichen, um in Folge eines Blackouts eine mehrtägige Versorgungsunterbrechung/-einschränkung bewältigen zu können. 11-26 % der befragten Haushalte haben zudem keine Wasservorräte eingelagert.
  3. Wird die Bundeswarnzentrale bei einem Blackout den Zivilschutzalarm auslösen? Ist diese zur selbstständigen Auslösung ermächtigt, sollte der Koordinierungsausschuss nicht rasch einberufen werden können („Golden Hour“; Ausfall der Telekommunikation)?
  4. Wie und von wem erfährt das Einsatz- und Koordinationscenter (EKC) im BMI, dass es sich um ein Blackout handelt?
  5. Welche ausfallsicheren und redundanten Verbindungen gibt es zur Hauptschaltwarte der APG? Wie oft werden diese Verbindungen unter realen Bedingungen getestet?
  6. Welche Dienststellen des BMI verfügen über keine Notstromversorgung?
  7. Für welchen Zeitraum verfügen die Notstromeinrichtungen des BMI genügend Treibstoffe/Schmiermittel?
  8. Wie häufig wird die Treibstoffqualität von Notstromeinrichtungen überprüft, um Ausfallraten wie in Deutschland (nur 8 % des überprüften Treibstoffes war uneingeschränkt verwendbar) zu verhindern?
  9. Wie oft werden im Durchschnitt Polizeifahrzeuge aufgetankt?
  10. Wie lange halten im Durchschnitt die Akkus der Handfunkgeräte?
  11. Wo können die Akkus der Handfunkgeräte aufgeladen werden?
  12. Wie lange können sich die Einsatzkräfte (Exekutive) ohne externe Versorgung selbst versorgen (Wasser, Lebensmittel)?
  13. Wie wurden die Exekutivbeamten bzw. deren Familien auf ein solches Szenario vorbereitet?
  14. Wie wurden die Polizeiinspektionen vorbereitet, um beim Ausfall der Telekommunikation auch selbstständig zu agieren?
  15. Welche konkreten Vorbereitungen wurden getroffen, um Kräfte an zu erwartenden Hotspots wie Flughäfen und Bahnhöfen zum Einsatz zu bringen, um völlig chaotische Zustände zu verhindern, wenn tausende gestrandete Personen zu versorgen sind?
  16. Welche Maßnahmen wurden vorbereitet, um zum Beispiel Orte mit einer hohen Touristenauslastung versorgen zu können, da diese sich nicht selbst versorgen können?
  17. Welche Überlegungen gibt es, um zentralisierte Gesundheitseinrichtungen („Lichtinseln“) zu schützen?
  18. Welche konkreten Vorbereitungen gibt es hinsichtlich eines raschen Einsatzes des Österreichischen Bundesheeres nach § 2 (c) „die Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges“ und § 2 (b) „Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit und der demokratischen Freiheiten der Einwohner sowie die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt,“des Wehrgesetzes nach einem Blackout?
  19. Welche konkreten kommunikativen Maßnahmen (Risikokommunikation) wurden bisher getätigt? Welche weiteren Maßnahmen sind geplant, um weite Teile der Bevölkerung aktiv anzusprechen und zur Eigenvorsorge zu mobilisieren?
  20. Welche Vorbereitungen wurden getroffen, um im Anlassfall die Bevölkerung rasch informieren zu können (Krisenkommunikation) bzw. diese auch länger aufrecht erhalten zu können?
  21. Mit welchen sicherheitsrelevanten Auswirkungen rechnet das BMI nach/bzw. in Folge eines Blackouts?

Bundesministerium für Justiz

  1. Welche konkreten Maßnahmen wurden bisher im BMJ hinsichtlich dem Szenario „Blackout“ gesetzt?
  2. Wie lange sind die Justizanstalten ohne externe Infrastrukturversorgung (Strom und/oder Wasser und/oder Lebensmittel) autark betreibbar?
  3. Welche Maßnahmen sind vorgesehen, wenn die Versorgung einer Justizanstalt nicht mehr möglich ist?
  4. Wie häufig wird der Notstrombetrieb unter realen Bedingungen getestet?
  5. Wie häufig wird die Treibstoffqualität von Notstromeinrichtungen überprüft, um Ausfallraten wie in Deutschland (nur 8 % des überprüften Treibstoffes war uneingeschränkt verwendbar) zu verhindern?
  6. Wie wurden die Justizwachbeamten bzw. deren Familien auf ein solches Szenario vorbereitet?

Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport

Gem. Teilstrategie Verteidigungspolitik 2014 wurde festgelegt:

Bei Krisensituationen strategischen Ausmaßes bildet das Bundesheer die staatliche Handlungsreserve, insbesondere im Bereich der gesamtstaatlichen Führungsfähigkeit.

Beitragsleistung zum gesamtstaatlichen Sicherheitsmanagement im Rahmen der Umfassenden Sicherheitsvorsorge. Das erfordert die Mitwirkung und Teilaufgabenwahrnehmung bei relevanten ressortübergreifenden Analyse-, Planungs- und Führungsprozessen und gesamtstaatlichen sicherheitspolitischen Strukturen sowie die Fähigkeit, Krisen und Änderungen im strategischen Umfeld rechtzeitig zu erkennen und sich im Rahmen des gesamtstaatlichen Ansatzes entsprechend zu engagieren.

Die Fähigkeiten des Bundesheeres zur Unterstützung ziviler Behörden sind unverzichtbar und können insbesondere im Hinblick auf Durchhaltefähigkeit und Leistung von qualifizierten militärischen Beiträgen von Blaulichtorganisationen auch nicht kompensiert werden.

Um die Bewältigung von Assistenz-Aufgaben weiterhin zu gewährleisten, sollen insbesondere Fähigkeiten bei der Unterstützung der Sicherstellung der gesamtstaatlichen Führungs- und Kommunikationsfähigkeit, spezieller Pionier- und Transportaufgaben, des Such- und Rettungsdienstes, des Bevölkerungsschutzes, etwa bei ABC-Gefahren, bei Unfällen in Atomkraftwerken und im Sanitätsbereich, des Schutzes kritischer Infrastruktur inklusive technologisch hochwertiger Elemente und der Expertise- und Kapazitätenentwicklung für Cyber-Sicherheit sowie spezialisierter Infanterie weiter entwickelt werden.

Nachdem in der Öffentlichkeit hierzu recht wenig bekannt ist, ergeben sich folgende Fragen:

  1. Wie weit ist das Österreichische Bundesheer bei einem Blackout autonom handlungsfähig? Welche Vorbereitungen wurden hierzu getroffen?
  2. Funktioniert das (kabelgebundene) Fernmeldesystem des Österreichische Bundesheer auch unabhängig vom öffentlichen Telekommunikationssystem und wann wurde das zum letzten Mal geübt/getestet?
  3. Gibt es einen vorgesehenen Einsatzplan für die Fernmeldekräfte des Österreichischen Bundesheeres, um Notkommunikationsnetze aufzubauen? Welche externen Organisationen werden dabei eingebunden?
  4. Wie viel medizinisches und sanitätsdienstliches Personal kann das Österreichische Bundesheer kurzfristig in den Einsatz bringen, um eine dezentrale Erstversorgung bzw. die zentralisierte Gesundheitsversorgung (Spitäler) zu unterstützen?
  5. Wie viele Notstromaggregate und mit welcher Leistung kann das Österreichische Bundesheer bei einem Blackout aufbringen und für dritte zur Verfügung stellen? Für welchen Zeitraum können die dafür erforderlichen Treibstoffe und Betriebsmittel selbst aufgebracht werden?
  6. Wie viele Tankstellen des Österreichische Bundesheer sind notstromversorgt und jederzeit Einsatzbereit?
  7. Ab welchen Füllstand werden die Tankstellen nachgefüllt?
  8. Wie viele Handpumpen hat das Österreichische Bundesheer pro Bundesland zur Verfügung? Können diese auch zur Betankung von Einsatzfahrzeugen eingesetzt werden?
  9. Wie viele Tankfahrzeuge kann das Österreichische Bundesheer zum Einsatz bringen, um etwa Einsatzorganisationen mit Treibstoff zu versorgen?
  10. Wie viel Treibstoffvorräte kann das Österreichische Bundesheer bei einem Blackout aufbringen? Wo sind diese disloziert?
  11. Kann der Treibstoff auch unabhängig vom öffentlichen Treibstoffversorgungssystem bereit gestellt werden?
  12. Wie häufig wird die Treibstoffqualität von Notstromeinrichtungen überprüft, um Ausfallraten wie in Deutschland (nur 8 % des überprüften Treibstoffes war uneingeschränkt verwendbar) zu verhindern?
  13. In welcher Zeit kann das Österreichische Bundesheer wie viele Soldaten zum Einsatz bringen?
  14. Wie lange können diese ohne externe Versorgung selbst versorgt werden?
  15. Wie wurden die Soldaten bzw. deren Familien auf ein solches Szenario vorbereitet?
  16. Welche konkreten kommunikativen Maßnahmen (Risikokommunikation) wurden bisher im eigenen Bereich getätigt?
  17. Wie sind diese Kräfte regional organisiert, mit denen einzelne Bürgermeister und Bezirkshauptmänner rechnen können?
  18. Wie erfolgt die Alarmierung bzw. Zusammenziehung der Soldaten, wenn nichts mehr funktioniert?
  19. Wie erfolgt der Transport der Soldaten, da es bekanntlich massive Fahrzeugprobleme gibt?
  20. Welche und wie viele Kräfte können bei Bedarf zur Unterstützung bei der Trinkwasserversorgung eingesetzt werden?
  21. Welche konkreten Vorbereitungen wurden getroffen, um Kräfte an zu erwartenden Hotspots wie Flughäfen und Bahnhöfen zum Einsatz zu bringen, um völlig chaotische Zustände zu verhindern, wenn tausende gestrandete Personen zu versorgen sind?
  22. Wie viele funktionstüchtige Feldküchen kann das Österreichische Bundesheer zum Einsatz bringen und über mehrere Tage betreiben?
  23. Wie lange sind die einzelnen Verbände des Österreichische Bundesheer aufgrund des Zentralküchenkonzeptes selbstversorgungsfähig? Können die Zentralküchen des Österreichische Bundesheer bei einem Blackout betrieben werden? Für wie lange?
  24. Welche Einsatzszenarien wurden für den Einsatz in Folge eines Blackouts vorbereitet?
  25. Welche Kräfte des Österreichische Bundesheer werden für welche Aufgaben vorbereitet?
  26. Werden aufgrund eines möglichen sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatzes auch Grundwehrdiener für Sicherheitsaufgaben im inneren herangezogen bzw. werden diese auch entsprechend ausgebildet, um bei möglichen gewalttätigen Entwicklungen einschreiten zu können? Ist dabei auch ein Schusswaffengebrauch vorgesehen bzw. in welcher Ausrüstung werden die Soldaten in einen solchen Einsatz gehen?
  27. Ist bei einem Blackout der Einsatz von Milizkräften vorgesehen? Wenn ja, wie erfolgt die Einberufung? Wie wird dabei berücksichtigt, ob die betroffenen Personen ev. auch sonstige wichtige Aufgaben, etwa in freiwilligen Einsatzorganisationen, wahrnehmen?

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

  1. Landwirtschaft: In der Massentierhaltung ist bereits nach wenigen Stunden Infrastrukturausfall mit einem Massentiersterben zu rechnen. Grundsätzlich werden in vielen Betrieben Notstromaggregate vorgehalten, wo es aber aufgrund der Treibstoffversorgungsproblematik eine zeitliche Limitierung geben wird. Gibt es hier Abschätzungen, welche Folgen ein solches Massentiersterben – nicht nur in Österreich – auf die nachfolgende Lebensmittelversorgung nach sich ziehen könnte?
  2. Landwirtschaft: Auch in vielen anderen Betrieben (etwa Gärtnereien) kommen optimierte computergesteuerte Pflanzenaufwuchsunterstützungssysteme zum Einsatz. Auch hier könnte ein längerer Stromausfall existenzbedrohende Auswirkungen für die Betriebe nach sich ziehe. Ganz abgesehen von den Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung. Gibt es hierzu konkrete Überlegungen bzw. Vorkehrungen?
  3. Lebensmittel: Die Lebensmittelversorgung ist massiv von einer hoch synchronisierten und wechselseitigen abhängigen Versorgungslogistik abhängig, die bei einem Blackout zum Erliegen kommen wird. Gibt es hier konkrete Überlegungen/Vorbereitungen, wie nach einem solchen Ereignis wieder möglichst rasch eine Notversorgung der Bevölkerung hergestellt werden kann?
  4. Ein lokaler Stromausfall an der Universität Bochum hat vor wenigen Wochen zu massiven Schäden im Forschungs- und Laborbereich geführt, da die notwendigen Prozesse (Kühlung, Bewegung) nicht aufrechterhalten werden konnten. Wie gut sind österreichische Forschungs- und Laboreinrichtungen auf ein solches Szenario vorbereitet?
  5. Könnte von Forschungslaboren in Folge eines längeren Strom- und Infrastrukturausfalls eine Gefährdung für die Öffentlichkeit ausgehen? Wenn ja welche?
  6. Laut einer Ersteinschätzung des Instituts für Sicherheits- und Risikowissenschaften (ISR) an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) besteht eine realistische Gefahr, dass es in Folge eines europaweiten Stromausfalls auch zu Störfällen in Atomkraftwerken kommen könnte. In wie weit funktioniert das Strahlenschutz Alarmierungssysteme auch beim Ausfall der Strom- und Telekommunikationsversorgung? Welche Backup-Kommunikationswege gibt es?
  7. Wasserqualität und Gewässerschutz: Infolge des Stromausfalls muss ein weitgehender Zusammenbruch der Abwasserentsorgung erwartet werden. Sollte der Stromausfall über 24 Stunden andauern, kommt es zum Ausfall der biologischen Klärstufen. Der Wiederaufbau dieser dauert in etwa eine Woche. Das würde bedeuten, dass in diesem Zeitraum alleine in Österreich rund 1.600 Kläranlagen mehr oder weniger ungeklärte Abwässer ablassen müssten, was weitreichende Folgen für die Wasserqualität nach sich ziehen würde, bis hin zu einer erhöhten Seuchengefahr. Diese muss je nach Jahreszeit auch dadurch erwartet werden, da es durch den Ausfall von Hebewerken zu lokalen Überflutungen mit Fäkalien kommen wird. Gibt es hierzu konkrete Überlegungen, wie diesen Entwicklungen entgegengewirkt werden kann?
  8. Welche konkreten kommunikativen Maßnahmen (Risikokommunikation) wurden bisher getätigt?

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

  1. Welche konkreten Vorbereitungen wurden getroffen, um Kräfte an zu erwartenden Hotspots wie Flughäfen und Bahnhöfen zum Einsatz zu bringen, um völlig chaotische Zustände zu verhindern, wenn tausende gestrandete Personen zu versorgen sind?
  2. Wie häufig wird die Treibstoffqualität von Notstromeinrichtungen überprüft, um Ausfallraten wie in Deutschland (nur 8 % des überprüften Treibstoffes war uneingeschränkt verwendbar) zu verhindern?
  3. Gibt es Überlegungen für einen Bahnnotverkehr um die Verteilung wichtiger Güter (Treibstoffe, Lebensmittel) eingeschränkt aufrechterhalten zu können?
  4. Wurde in den Notfallplänen ein zeitgleicher Ausfall der Stromversorgung aller Seilbahnen berücksichtigt bzw. wie kann die Evakuierung bei Stromausfall sichergestellt werden?
  5. Ein lokaler Stromausfall an der Universität Bochum hat vor wenigen Wochen zu massiven Schäden im Forschungs- und Laborbereich geführt, da die notwendigen Prozesse (Kühlung, Bewegung) nicht aufrechterhalten werden konnten. Wer ist für die Sensibilisierung der österreichischen Forschungseinrichtungen verantwortlich?
  6. Die österreichischen Funkamateure verfügen über eine ausgezeichnete Infrastruktur, die auch bei einem Blackout weitgehend weiter betrieben werden kann. Welche konkreten Maßnahmen wurden bisher gesetzt, um gesamtstaatlich auf diese wichtige Einrichtung zurückgreifen zu können bzw. die Funkamateure bei den Vorbereitungen zu unterstützen?

Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

  1. Welche Vorbereitungen hat das BMWFW hinsichtlich eines möglichen europaweiten Strom- und Infrastrukturausfalls („Blackout“) bisher getroffen?
  2. Welche wirtschaftlichen Schäden (Infrastruktur, Betriebe) werden in Folge eines Blackouts für Österreich erwartet?
  3. Warum wurde der Vorstoß der österreichischen Energiewirtschaft, zusätzliche Kraftwerke schwarzstartfähig zu machen, um im Fall eines Blackouts zumindest regionale Versorgungsinseln bilden zu können, sollte das Netzwiederaufbaukonzept der APG mit den beiden schwarzstartfähigen Kraftwerken Malta und Kaprun nicht greifen, nicht unterstützt, bzw. vom Regulator abgelehnt?
  4. Warum wird das größte Infrastrukturtransformationsprojekt aller Zeiten, die Energiewende, ohne entsprechende Rückfall- und Notfallszenarien durchgeführt, obwohl unsere Gesellschaft massiv von der Stromversorgung abhängig ist?
  5. Welche Folgen werden für die österreichische Wirtschaft erwartet, wenn die Wiederherstellung der Stromversorgung in Deutschland wesentlich länger als in Österreich dauert? Einschätzungen in Deutschland gehen von mindestens 6 Tagen aus.
  6. Wie gut ist die österreichische Wirtschaft auf einen mehrtägigen Strom- und Infrastrukturausfall vorbereitet?
  7. Welche konkreten kommunikativen Maßnahmen (Risikokommunikation) wurden bisher getätigt?
  8. Ein lokaler Stromausfall an der Universität Bochum hat vor wenigen Wochen zu massiven Schäden im Forschungs- und Laborbereich geführt, da die notwendigen Prozesse (Kühlung, Bewegung) nicht aufrechterhalten werden konnten. Wie gut sind österreichische Forschungs- und Laboreinrichtungen auf ein solches Szenario vorbereitet?
  9. Könnte von Forschungslaboren in Folge eines längeren Strom- und Infrastrukturausfalls eine Gefährdung für die Öffentlichkeit ausgehen? Wenn ja welche?

Offener Brief an die Sicherheitssprecher der Parteien – (PDF-Version)