Letzte Aktualisierung am 21. Oktober 2015.

Folgender Brief ging 3x an die Apothekerkammer und blieb bisher unbeantwortet.

Sehr geehrter Herr Präsident Wellan,
Sehr geehrter Herr Kammeramtsdirektor Steindl,
nachdem ich auf mein Mail vom 11. und 26. August keine Rückmeldung erhalten habe, möchte ich nochmals nachfragen, ob Sie mein Mail erhalten haben. Ich möchte an sonst mein Mail zur Dokumentation meiner erfolglosen Kontaktaufnahme nächste Woche online stellen.
Mein Name ist Herbert Saurugg und ich beschäftige mich seit mehreren Jahren mit dem Thema „Blackout“ – einem europaweiten Strom- und Infrastrukturausfall. Ich habe dazu etwa 2013 die zivilgesellschaftliche Initiative „Plötzlich Blackout!“ – Vorbereitung auf einen europaweiten Stromausfall initiiert, wo wir mehrere Großveranstaltungen zur Sensibilisierung der unterschiedlichen Stakeholder durchgeführt haben. Am 02. September führe ich mit Unterstützung aus dem Bundeskanzleramt einen Workshop für Bürgermeister durch.
Ich habe gerade von Kollegen aus Berlin eine Forschungsarbeit zum Thema „Medikamentenversorgung bei Stromausfall in Berlin“ erhalten. Das ist auch der Grund, warum ich mich an Sie wende, da ich davon ausgehe, dass diese auch für Österreich von Relevanz ist. Der Grund, warum ich das als zivilgesellschaftlicher Vertreter mache ist, dass sich bisher formal niemand für dieses Thema als zuständig erklärt hat, bzw. rein formal es Angelegenheit der Bundesländer wäre. Bei einer erwartbaren internationalen Katastrophenlage – der Eintritt eines Blackouts gilt unter Fachexperten als sehr wahrscheinlich – erfordert zumindest eine nationale Herangehensweise. Daher habe ich auch kürzlich einen offenen Brief an die Sicherheitssprecher der Parteien gerichtet, nicht zuletzt auch aufgrund des Risikoberichts 2015 der Schweiz, wo dieses Szenario Top-Priorität genießt.
Im konkreten darf ich einige Zitate aus der Forschungsarbeit bringen:
  • Die Ereignisse des großflächigen Stromausfalls in den USA und Kanada im Jahr 2003 haben gezeigt, dass Apotheken zu einem der wichtigsten Ansprechpartner für die Bevölkerung werden.
  • Dem Apotheker wird als leicht zugänglicher Ansprechpartner und Knotenpunkt zwischen den Beteiligten des Gesundheitssystems eine zentrale Position zugesprochen. Je nach ihrer Tätigkeit sollen die Apotheker tätig werden, um im Vorfeld sowie während einer Katastrophe effektiv zu einem milden Ausgang beizutragen.
  • Die Apothekerverbände sollen sich als vereinende Stelle zusammen mit den Regierungen um die organisatorischen Aspekte der Vorausplanung und Bevorratung kümmern und zudem die Apotheker aller Bereiche für die Notfall – und Katastrophenpharmazie sensibilisieren.
  • Sehr wichtig für ein langes Ereignis, ab einer Dauer von mehr als zwei Tagen, sind die Seuchenprophylaxe und ausreichend vorhandene Desinfektionsmittel.
  • Zur Verringerung der Chaos-Phase im Ernstfall ist eine genaue Vorbereitung auf ein mögliches Ereignis erforderlich. Dies muss zum einen über die Einbindung des Personals in die vorbereitenden Maßnahmen, zum anderen durch das Erstellen von Checklisten in Zusammenarbeit mit dem Krisenmanagement des Krankenhauses geschehen.
  • Die Auswertungen des Stromausfalls in Amerika und Kanada im Jahr 2003 zeigte, mit welchen neuen Herausforderungen Apotheker konfrontiert waren. Beispielsweise musste ein Apotheker entscheiden, wie er mit einem ihm bekannten Betäubungsmittel (BTM)-bedürftigen Schmerzpatienten umgehen soll, der keine Möglichkeit hatte, an das übliche Rezept zu gelangen, jedoch unter massiven Schmerzen litt. Außerdem wurden Apotheken zum Ansprechpartner der Bevölkerung in Gesundheitsfragen, da Arztpraxen geschlossen hatten.
  • Um Problemen entgegen zu wirken, kann durch einfache, wenn auch zeitaufwendige Maßnahmen die Versorgung der Bevölkerung gesichert werden. In erster Linie ist die Erstellung einer Übersicht aller notstromversorgten Apotheken notwendig.
  • Studien zu Stromausfällen sowie Studien zur Sicherheit der Medikamentenversorgung gehen nur in wenigen Sätzen auf das Ereignis Stromausfall ein. Für Vorbereitungen im Bereich der Notfall – und Katastrophenpharmazie gab es bisher keine Möglichkeit, die Wirksamkeit unter Beweis zu stellen und vorhandenes Wissen ist meist auf wenige Experten konzentriert, die im Bedarfsfall nicht unbedingt zur Verfügung stehen.
Aus einigen Gesprächen mit mir bekannten Apotheker(innen) weiß ich, dass dieses Thema bisher nicht Bewusst ist. Gleichzeitig ist eine hohe Anforderung an Ihre Mitglieder zu erwarten. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Problemlage nicht mit dem Ende des Stromausfalls behoben ist – der mit mindestens 24 Stunden anzunehmen ist – sondern weit darüber hinaus geht, bis auch die anderen Infrastrukturen wieder halbwegs funktionieren, was Tage bis Wochen dauern könnte.
Als Apothekerkammer haben Sie die Möglichkeit, Ihre Mitglieder auf dieses Szenario zu sensibilisieren und entsprechende Nachdenkprozesse anzustoßen. Es geht dabei nicht darum, sofort alles abzusichern, sondern überhaupt einmal die Lage zu erfassen, was das bedeuten könnte und dann zu überlegen, wie man hier eine Minimalversorgung trotz widriger Umstände aufrechterhalten könnte. Das erfordert vor allem die aktive Einbindung der MitarbeiterInnen, damit diese auch kommen, wenn nichts mehr geht.
Ich stehe gerne für ein persönliches Gespräch bzw. für weitere Unterstützungen zur Verfügung und hoffe, dass Sie dieses für die Gesellschaft wichtige Thema aufgreifen.
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Saurugg