Letzte Aktualisierung am 15. Januar 2024.

Quelle: STYX Sicherheitstechnik (vielen herzlichen Dank für den wichtigen Erfahrungsbericht!)

Die österreichische OVE-Richtlinie R2 sagt aus, dass Alarmanlagen im privaten Bereich über eine Notstromversorgung von 12 Stunden und gewerblichen Anlagen von 60 Stunden verfügen müssen. Bei Aufschaltung auf eine hilfeleistende Stelle (Notrufstelle) kann diese Überbrückungszeit auf 30 Stunden reduziert werden. Sofern der Stromausfall gemeldet wird und Maßnahmen eingeleitet werden können. Bei Aufschaltungen auf die Exekutive ist dies in der Regel nicht der Fall.

Soweit die Theorie, jetzt schauen wir uns das am Praxisbeispiel im Murtal von Dezember 2023 an:

In Teilen des Murtals (Steiermark) kam es am Samstag, dem 02.12.2023 zur Mittagszeit für ca. 20.000 Haushalte zu einem Stromausfall. In einigen Teilen des Tales war die Stromversorgung bis Sonntagabend, den 03.12.2023 unterbrochen. Dazu kam ein Schneechaos, das ein Hindernis für die generelle Infrastruktur darstellte. In größeren Teilen war die Stromversorgung am Sonntag ab 17:30 wieder gegeben, in einigen Teilen dauerte es noch bis 20:30. Je nach Ort waren es zwischen 30 und 33 Stunden Stromausfall mit allen Nebenwirkungen, weitere Infos dazu auf diversen Nachrichtenseiten.

Was passierte in dieser Zeit bei unseren Kunden?

Am Samstag, 02.12.2023 am Nachmittag kam es vermehrt zu Anrufen bei unseren Technikern sowie auch im Büro, mit der Meldung, dass Alarmanlagen „piepsen“. Das tun die meisten Systeme, um zu melden, dass die primäre Stromversorgung nicht vorhanden ist. Teilweise kann dies „lästig“ sein, weil das „Piepsen“ wiederkehrend ist, je nach Marke und Type.

Wir als STYX konnten zu diesem Zeitpunkt unseren Kunden nur telefonisch zur Seite stehen.

Da es am Nachmittag auch zu Ausfällen bei den Mobilnetzprovidern kam, hatten die Alarmanlagen teilweise auch die Meldung, dass die Fernübertragung unterbrochen ist. Bei Anlagen, die eine stehende oder bedarfsgesteuerte Verbindung zu einer Notrufleitstelle hatten, wurden die Kunden zusätzlich auch wegen der unterbrochenen Verbindung von deren Mitarbeitern verständigt.

Einige konnten weder mit der Meldung der Stromversorgung, noch mit der Unterbrechung der Fernverbindung etwas anfangen, und unsere Techniker mussten die „Kunden“ beruhigen und ihnen erklären, was genau zu machen ist.

Da bei Tiefenentladung der Akkus die Betriebsbereitschaft nicht mehr gegeben ist, meldet der Großteil der Einbruchsmeldeanlagen (kurz „EMA“) Akkufehler/Akkustörung, was zur Folge hat, dass die Akkus erneuert werden müssen. Wir wissen, dass einige EMAs vor allem in der Nacht auf Sonntag komplett ausgefallen sind, weil eben die Notstromversorgung für diesen Zeitraum nicht ausreichend berechnet/betrieben wurde.

Am Sonntagabend waren der Großteil der Einbruchsmeldeanlagen im Murtal wieder in Betrieb bzw. „online“, weil die Stromversorgung wieder gegeben war. Allerdings kam dann Montagfrüh eine „Flut“ an Anrufen, da viele Alarmanlagen nun die Meldung der Akkustörung gezeigt hatten und ein Großteil der Anlagen nicht scharf geschaltet werden konnte. Unsere Techniker, welche sich zu dieser Zeit im Murtal befunden hatten, wurden zu rund 30 Anlagen gerufen, um die Akkus zu erneuern. Wichtig war, dass wir als Alarmanlagenerrichter ausreichend Akkus auf Lager hatten und wir unseren Kunden rasch helfen konnten. Dies erfolgte Großteils am Montag sowie am darauffolgenden Dienstag.

In der Praxis werden die Überbrückungszeiten häufig nicht erreicht, da hier Kosten für den Akku, insbesondere die Folgekosten für die Wartung (regelmäßiger Austausch des Akkus) gespart werden. Ebenso häufig haben größere Akkus mit längeren Laufzeiten Einfluss auf die Größe des Gehäuses, was wieder in höheren Anschaffungskosten resultiert. Unser Alarmanlagen-Partner Telenot hat beispielsweise verschiedene Gehäusegrößen, viele andere Hersteller nicht, welche somit auch gar nicht für längere Überbrückungszeiten aufgerüstet werden könnten. Das bedeutet, in der Praxis liegen die Akkulaufzeiten unter den Normzeiten. Viele der Anlagen sind keine Anlagen, die gemäß der Norm gebaut werden, daher sind die Überbrückungszeiten mit dem Betreiber abzustimmen.

Und wenn genau da etwas passiert?

Wir haben dazu den Gutachter für Versicherungen, Mario Trutzenberger, befragt, was das aus Versicherungssicht bedeutet:

„Soll im Fall eines Einbruchdiebstahls von einem Versicherer eine Leistung erbracht werden, ist insbesondere die Formulierung der Vertragsbedingungen zu beachten.

1. Fall: Insbesondere in alten Verträgen sind Einbruchmeldeanlagen oftmals noch nicht gemäß einer Norm oder technischen Vorschrift spezifiziert. Der Vertragstext könnte sich so oder ähnlich lesen: ‚… bei Vorhandensein eine Alarmanlage erhöht sich die Summe (gemeint ist die maximale Entschädigung) auf Euro XY.“
Im Fall eines Einbruchs ist hier neben der Bedingungsgemäßheit allgemein auch so prüfen, ob grundsätzlich eine Alarmanlage (Anm.: gemeint ist in diesen Fällen eigentlich immer eine Einbruchmeldeanlage) vorhanden ist. Da keine normativen

Anforderungen oder Anforderungen gem. einer technischen Richtlinie spezifiziert sind, erfolgt eine Prüfung nach gewissen Mindestkriterien, beispielsweise dem Vorhandensein einer funktionsfähigen und zum Schadeneintrittszeitpunkt scharfgeschaltet gewesenen technischen Einrichtung, die als „Alarmanlage“ zu qualifizieren ist. Zudem ist zu prüfen, ob gewisse Funktionen, die im weiteren Sinn das Wesen eines Alarmsystems ausmachen, vorhanden sind, beispielsweise ob eine – in Bezug auf zu schützende Assets – adäquate Detektion vorhanden ist, ob eine wie auch immer geartete Alarmierung nach erfolgter Detektion erfolgt und wie diese ausgestaltet ist (anonyme Öffentlichkeit durch Sirenen und/oder Fernalarmierung NUR auf Handys von Privatpersonen oder auch an ständig besetzte hilfeleistende Stellen …) und welche Form der Intervention hinterlegt ist.

Bei den zuvor genannten Kriterien handelt es sich um Eigenschaften, die sozusagen das „Wesen“ einer EMA ausmachen: sie ist funktionsfähig, scharfgeschaltet, detektiert dort, wo sie soll zuverlässig und meldet eine Detektion, worauf eine Intervention eingeleitet werden kann. Nicht unbedingt zu diesem Wesen eines Alarmsystems gehört eine Notstromversorgung, weshalb ich das Vorhandensein und die Effizienz zwar prüfen und dokumentieren würde, jedoch davon auszugehen ist, dass Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein keine Auswirkung auf die Entschädigung haben werden.

Anzumerken ist hier, dass auch immer zu prüfen ist, ob allfällige, sich bei der Untersuchung herausgestellte Mängel kausal für das Schadenereignis sind, das bedeutet: entspricht die EMA nicht den vorgenannten Mindestkriterien, ist zudem zu prüfen, ob das Fehlen eines oder mehrerer Kriterien den Schadeneintritt möglich oder einen höheren Schaden ermöglicht haben.

2. Fall: Anders verhält es sich hingegen, wenn die Bedingung der Entschädigung im Schadenfall an das Vorhandensein einer EMA gebunden ist, die nach einer Norm oder technischen Richtlinie oder auch nach Individualvorgaben spezifiziert ist, was sich in Vertragstexten wie folgt lesen könnte: „… bei Vorhandensein einer Einbruchmeldeanlage gem. OVE-Richtlinie R2 erhöht sich die Summe (Anm.: gemeint ist i.d.R. auch hier die maximal vereinbarte Entschädigungssumme ohne Vorhandensein einer EMA) auf € XY“.

In manchen Fällen kann die Entschädigung in der Einbruchdiebstahlversicherung auch grundsätzlich an das Vorhandensein einer Einbruchmeldeanlage gebunden sein, insbesondere im (kritischen) Gewerbebereich.

Auch in diesem Fall ist im Schadeneintrittsfall zu prüfen, ob eine Einbruchmeldeanlage vorhanden war, ob diese zum Schadeneintrittszeitpunkt völlig funktionsfähig und scharfgeschaltet war und ob sie exakt den geforderten Normvorgaben entspricht.

Werden nun Mängel festgestellt, ist jedoch auch hier für die Entschädigung des Ereignisses zu prüfen, ob die nicht umgesetzten Normvorgaben kausal für den Schadeneintritt oder eine Schadenausweitung sind.

Anhand des hier konkretisierten Themas „großflächiger, langandauernder Stromausfall“ in Verbindung mit Einbruchmeldeanlagen-Notstromversorgung kann das anhand folgender Beispiele verdeutlicht werden:

  • In den Versicherungsbedingungen ist vereinbart, dass eine Entschädigung im Einbruchdiebstahlfall nur geleistet wird, wenn eine Einbruchmeldeanlage gem. OVE-Richtlinie R2 vorhanden und bei Personenabwesenheit im Versicherungsobjekt scharfgestaltet ist. Das bedeutet, dass eine in allen Punkten der OVE-Richtlinie R2 entsprechende EMA vorhanden sein und zum Vorfallszeitpunkt scharf geschaltet gewesen sein muss. Das impliziert auch die normativ geforderte Notstromversorgung (mind. 12 Stunden bei Anlagen der Risikoklasse „Privat“, mindestens 60 Stunden bei Anlagen der Risikoklassen Gewerbe (GS-N, GS-H) sowie Werteschutz und Hochsicherheit).

Nehmen wir an, es handelt sich bei unserem Beispiel um eine Privatanlage.

  • Erfolgt ein Einbruch innerhalb der 12 Stunden, in denen die Notstromversorgung überbrücken müsste, funktioniert innerhalb dieser 12 Stunden die Notstromversorgung nicht, und ist das Nicht-Funktionieren der Notstromversorgung kausal für den Schaden oder die Schadenausweitung (z.B. weil die Alarmanlage ja nicht detektieren UND einen Alarm weiterleiten konnte), wird eine Entschädigung versagt bleiben.
  • Erfolgt ein Einbruch 12 Stunden und eine Minute nach Beginn des Stromausfalles und erfolgt in diesem Fall keine Detektion aufgrund fehlender Notstromversorgung, wird i.d.R. zu entschädigen sein, weil die Notstromversorgung normativ ja nur für 12 Stunden aufrechtzuerhalten gewesen ist.

Auf die Problematik des Ausfallens des Übertragungsnetzes für Fernalarme in Verbindung mit Stromausfällen wird hier nicht näher eingegangen, weil in solchen Fall – bei Zusammentreffen mehrerer Ausfallsszenarien – auch beurteilt werden muss, ob z.B. Innen- und Außenalarme alleine Auswirkungen auf eine mögliche Tatverhinderung oder Schadenminimierung gehabt hätten.“

Was lernen wir daraus:

Nichts ist unmöglich! Wir sind nicht davon ausgegangen, dass ein komplettes steirisches Tal für mehr als 30 Stunden ohne Strom sein kann.

Wie wichtig die normgerechte Planung ist, insbesondere:

  • die Notstromversorgung,
  • die gesamte Interventionskette (technisch, organisatorisch, personell)
  • bei IP-Aufschaltungen auch die Übertragungseinrichtungen notstromversorgt sind (z. B. der Router)
  • wie wichtig Ersatzübertagungswege sind (zum Beispiel Aufschaltung via IP und als Ersatzweg über eine SIM-Karte)

 

Des Weiteren muss man Betreibern von Alarmanlagen auch auf solche Szenarien einweisen und erklären, was Alarmanlagen bei Stromausfall genau machen, wie lange sie etwas machen und was sie überhaupt nicht mehr machen (können).

Wie diese Erfahrungen zeigen, können daraus auch Lehren für einen möglichen überregionalen und länger andauernden Stromausfall („Blackout“) gezogen werden. Herbert Saurugg, Experte für Blackout- und Krisenvorsorge, warnt seit vielen Jahren vor den unterschätzten Folgen eines solchen Ereignisses, was sich hier wohl einmal mehr bestätigt. Denn was passiert, wenn nicht nur 20.000, sondern 4 Millionen Haushalte in Österreich gleichzeitig betroffen sind? Von den Betrieben ganz zu schweigen. Reichen dann die vorgehaltenen Akkus aus, um alle defekten Akkus zu ersetzen? Wie lange würde es dauern, bis überall ein Techniker vor Ort war? Und was bedeutet das für den normalen Betrieb? Und so weiter. Dies sind nur wenige Detailfragen. Wir empfehlen daher allen unseren Kunden, sich auch mit dem Thema Blackout-Vorsorge zu beschäftigen.