Letzte Aktualisierung am 04. Oktober 2018.

Quelle: Deutsches Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Band 18: „Treibstoffversorgung bei Stromausfall: Empfehlung für Zivil- und Katastrophenschutzbehörden

Diese Empfehlung ist aus zwei Gründen ausgesprochen wichtig:

  1. Bis zur Wiederherstellung der Stromversorgung steht und fällt die Handlungsfähigkeit der Gefahrenabwehr und der Kritischen Infrastrukturen mit einer stetigen und reibungslosen Treibstoffversorgung für Fahrzeuge und Notstromaggregate. Eine robuste Notfallplanung zur Treibstoffversorgung ist daher von sehr hoher Bedeutung.
  2. Ein strukturierter Überblick über mögliche technische, organisatorische und rechtliche Probleme, Hürden und Anforderungen bei der Treibstoffversorgung und damit verknüpfte Lösungsvorschläge liegen derzeit noch nicht vor. Diese Lücke wird mit der nun vorliegenden Empfehlung geschlossen.

Einsatzfahrzeuge und Notstromaggregate wichtiger Einrichtungen in den Kreisen und Kommunen, sowohl der Gefahrenabwehr als auch Kritischer Infrastrukturen, benötigen im Ereignisfall eine kontinuierliche Zufuhr von Treibstoff.

Als Herausforderung werden sich im Ereignisfall hingegen die Auslagerung und die gezielte und reibungslose Verteilung der vorliegenden Treibstoffmengen auf der „letzten Meile“ von den Tanklagern bis zum Endverbraucher, insbesondere den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben und den Betreibern Kritischer Infrastrukturen, erweisen.

Im Rahmen der Notfallplanung zur Treibstoffversorgung bei Stromausfall sehen sich die beteiligten Akteure den folgenden Herausforderungen gegenüber:

  • Eine Auslagerung aus Tanklagern und Tankstellen ist ohne Strom nicht möglich.
  • Die Freigabe von Treibstoffkontingenten aus Tanklagern an Abholer ist im Normalfall über Systeme der Informationstechnik (IT) abgesichert. Daher müssen Anforderungsberechtigungen bei Stromausfall eindeutig geklärt und Sicherungssysteme bei Bedarf an die Anforderungen im Notfall angepasst werden.
  • Zur Beachtung von Eigentumsverhältnissen und steuerrechtlichen Auflagen sind Auslagerungen immer zu dokumentieren. Die Dokumentation erfordert vielfach die Nutzung von Buchungssystemen, die wiederum von der Funktionsfähigkeit von Informationstechnik und einer Stromversorgung abhängig sind.
  • Im Ereignisfall muss die gesteuerte und reglementierte Ausgabe aus Tanklagern und Tankstellen gesichert werden.
  • Die Kommunikationsmöglichkeiten entlang der Logistikkette auf der „letzten Meile“ sollten aufrechterhalten werden können.
  • Der Heterogenität und Unsicherheit hinsichtlich der Verfügbarkeit von Transportkapazitäten, die im Notfall zu Verfügung stehen, sollten sich Notfallplaner bewusst sein.

Die folgenden grundlegenden Maßnahmen und Lösungen zur Treibstoffversorgung bei Stromausfall konnten im Rahmen der Arbeitsgruppe ermittelt werden:

  • Die koordinierende Rolle im Rahmen der Planungen zur Treibstoffversorgung sowie der Umsetzung sieht die Arbeitsgruppe beim Katastrophenschutz auf Landes- und Kreisebene. Dabei ist es sinnvoll, dass auf Landesebene die strategischen Entscheidungen zur Verteilung, also alle Entscheidungen mit überregionaler Bedeutung, getroffen werden. Über Maßnahmen zur konkreten Priorisierung vor Ort und zur Lösung technischer und organisatorischer Probleme sollte eher auf Kreisebene entschieden werden.
  • Es wird empfohlen, Kooperationen zwischen den Katastrophenschutzbehörden und den Betreibern von Tanklagern und Tankstellen zu schließen. Darin sind auch wichtige Bedarfsträger wie Betreiber Kritischer Infrastrukturen einzubeziehen.
  • Diese Kooperationen können genutzt werden, um Strukturen zu etablieren und klare Abläufe für den Notfall zu vereinbaren und vertraglich abzusichern.
  • Es wird ferner geraten, dafür Sorge zu tragen, dass allen Beteiligten die Rechtslage bekannt ist. Vertragliche Vereinbarungen zwischen den Partnern können ebenfalls dazu beitragen, Klarheit zu schaffen. Im Rahmen der Planung technischer Veränderungen an den Anlagen auf der „letzten Meile“ ist jeweils zu prüfen, inwieweit die Genehmigungsbehörden frühzeitig in den Prozess einzubeziehen sind.
  • Hinsichtlich der Bedarfsträger von Treibstoff sollten auf regionaler bzw. lokaler Ebene Priorisierungen vorgenommen werden.
  • Es ist wichtig, für das Bezugsgebiet geeignete Tanklager und Tankstellen zur Treibstoffversorgung bei Stromausfall auszuwählen und mit einer Notstromversorgung für die Auslagerung zu versehen. Die Festlegung und Ertüchtigung so genannter Schwerpunkt-Tanklager erfolgt nach strategischen Gesichtspunkten. Hierbei spielen die Verteilung im Raum und die vorhandene technische Ausstattung eine Rolle. Schwerpunkt-Tankstellen werden von den Vertretern der Kreise ausgewählt. Als wichtiges Kriterium zur Auswahl kann die Möglichkeit der physischen Sicherung der Tankstelle herangezogen werden.
  • Es wird empfohlen, die Treibstoffbedarfe der unterschiedlichen Akteure grob zu ermitteln. Diese Bedarfe bilden die Grundlage zur Planung der für die Verteilung einzusetzenden Kapazitäten an Tankwagen. Im Rahmen dieser Bedarfsermittlung können ferner auch die Bestände mobiler Notstromaggregate erfasst werden. Diese können im Ereignisfall auftretende Stromversorgungslücken schließen.
  • Zur Klärung von Zoll- und Eigentumsfragen ist eine Dokumentation der Auslagerung aus Tanklagern und Tankstellen erforderlich. Im Hinblick auf das zugrunde gelegte Szenario ist dafür eine IT-unabhängige Dokumentation als Redundanz vorzusehen.
  • Eine Notfallplanung zur Treibstoffversorgung kann nur effektiv wirken, wenn in den bedarf stragenden Einrichtungen bereits ein hoher Grad an Eigenvorsorge vorhanden ist. Das Szenario Stromausfall sollte im internen Risiko- und Krisenmanagement dieser Einrichtungen verankert und interne Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der eigenen Funktionsfähigkeit sollten bereits umgesetzt sein.

Aus Gründen der Abhängigkeit der Treibstoffversorgung von der Stromversorgung werden bei einem Stromausfall Prozesse der Auslagerung und Verteilung des Treibstoffs auf der „letzten Meile“ – vom Tanklager zum Verbraucher – ohne technische und organisatorische Unterstützung nicht funktionieren.

Auf den verschiedenen administrativen Ebenen sind insoweit aber Prozesse zu entwickeln, die gewährleisten, dass die vorhandenen Kapazitäten und Ressourcen bei einem Stromausfall aktiviert und genutzt werden können. Dabei ist die häufig geforderte technische Ausstattung von zentralen Verteileinrichtungen wie Tanklagern und Tankstellen nur eine unter zahlreichen weiteren wichtigen Maßnahmen, die in einen Prozess eingebettet werden muss.

Maßnahmen zur Treibstoffverteilung müssen somit sehr viel früher anlaufen, ggf. bereits mit Eintritt des Stromausfalls. Zudem stellt sich die Situation in der Krise vor Ort häufig anders dar, als dies pauschal angenommen wird (siehe auch Made in Germany: Chaos hat die Eigenschaft, nicht linear zu wachsen, sondern exponentiell.)

  • Wer kann bei einem Stromausfall Treibstoff zur Verfügung stellen?
  • Wer bekommt den Treibstoff?
  • Was sind technische Hemmnisse bei der Auslagerung, die beachtet werden müssen?
  • Welche Infrastrukturen müssen funktionsfähig sein, um eine Mindestversorgung aufrecht zu erhalten?
  • Wie priorisiert man die Versorgung?
  • Welche organisatorischen, technischen und rechtlichen Probleme und vor allem Lösungen gibt es bei der Versorgung mit Treibstoff auf der „letzten Meile“ bei einem Stromausfall?
  • Welche Rolle spielt der Erdölbevorratungsverband?
  • Welche Akteure müssen in die Planungen einbezogen werden?

Zudem benötigen einige Tankstellen für die Auslagerung des Treibstoffs über die Zapfsäule ein funktionierendes Kassensystem, da IT-gestützte Prozesse die Zahlungen sowie Ein- und Auslieferungen kontrollieren und dokumentieren.

Die Entscheidung darüber, welche dieser Endverbraucher im Rahmen der staatlichen Möglichkeiten in der Krise beliefert werden, ist im Vorfeld vorzubereiten. Dafür sind Priorisierungslisten zu erstellen, die in der Krise als Richtlinie für die Verteilung von Treibstoff genutzt werden können und den Entscheidungsträgern ggf. flexibles Handeln erlauben.

Um die Priorisierung durchführen zu können, sollten bestimmte Faktoren bekannt sein:

  • Welche Kritischen Infrastrukturen gibt es im Bezugsgebiet? (Identifizierung KRITIS)
  • Welche Auswirkungen hätte der Ausfall der Versorgungsleistung?
  • Kann die Versorgungsleistung substituiert werden durch andere Anlagen oder Einrichtungen substituiert werden??
  • Welche Zeitdringlichkeit verursacht dieser Ausfall?
  • Wie sind die Kritischen Infrastrukturen mit Notstromaggregaten und Treibstoff ausgestattet?
  • Auf welche Eigenvorsorge kann sich die staatliche Gefahrenabwehr verlassen?
  • Welchen Treibstoffbedarf haben die Kritischen Infrastrukturen?

Folgende Einrichtungen und Anlagen sollten bei einer Priorisierung zur Verteilung von Treibstoff besonders betrachtet, bewertet und dementsprechend berücksichtigt werden:

  • BOS (Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei, Hilfsorganisationen, THW, Katastrophenschutz behörden, sonstige operative Kräfte)
  • Digitalfunkbetreiber (BOS-Funk)
  • Krankenhäuser, Alten- und Pflegeeinrichtungen
  • Ver- und Entsorger (Strom, Gas, Wasser, Abwasser)
  • Telekommunikationsnetzbetreiber
  • Regional spezifische Dienstleister/Infrastrukturen (z.B. Tierhaltungsbetriebe, Hafen, Lotsenwesen)
  • Medizinische Infrastrukturdienste (Pflegedienste, Kassenärztliche Versorgung, Dialysezentren),
  • Betriebe und Einrichtungen zur Versorgung der Bevölkerung (Lebensmittel etc.)
  • Notunterkünfte des Katastrophenschutzes, Sammelunterkünfte
  • (Überwiegend) Öffentlicher Transport und Verkehr
  • (Überwiegend) Öffentlich-rechtliche Medien (Information der Bevölkerung)
  • Justizvollzugsanstalten
  • Störfallbetriebe

Behelfsmäßige Betankungsmöglichkeit an der Tankstelle mit vorhandenen Mitteln der Feuerwehr siehe ab Seite 79!

Im Landkreis Rostock wurde eine behelfsmäßige Entnahme von Treibstoff aus Bodentanks mit vor handenen Mitteln der Feuerwehr erfolgreich getestet. Die Aufgabenstellung des Tests lautete: „Herstellen einer behelfsmäßigen Betankungsmöglichkeit mit vorhandenen Mitteln der Feuerwehr bei flächendeckendem Stromausfall.“

Was passiert bei einem großen Stromausfall?

Quelle: www.sueddeutsche.de

  • Die Katastrophenschutz-Behörde ist der Frage nachgegangen, was passiert, wenn der Strom länger und in ganzen Bundesländern ausfällt.
  • Kritische Infrastrukturen, wie Krankenhäuser, Feuerwehren, Wasserwerke, haben sich zwar mit Notstromaggregaten gerüstet – das aber in der Regel nur für 72 Stunden.
  • An Treibstoff mangelt es nicht. Unklar ist aber wie er bei Stromausfall an Generatoren, Tankstellen und zu Raffinerien kommt.

Was aber, wenn der Strom länger ausfällt? Wenn nicht ein paar Gemeinden, sondern ganze Bundesländer betroffen sind? Dann nimmt die Katastrophe ihren Lauf. Denn die sogenannten kritischen Infrastrukturen, wie Krankenhäuser, Feuerwehren, Wasserwerke, haben sich zwar mit Notstromaggregaten gerüstet – das aber in der Regel nur für 72 Stunden. Danach geht ihnen der Treibstoff aus. Und dann?

Um die Notstromaggregate weiterbetreiben zu können, braucht es Diesel. Um den aber aus den Tanks zu bekommen, braucht es, nur zum Beispiel, Strom.

Auf derlei Probleme sind deutsche Katastrophenschützer offenbar noch nicht ausreichend vorbereitet. „Zum heutigen Zeitpunkt würde die Auslagerung und Verteilung ohne ausreichende Vorbereitung in Teilen scheitern“, sagt Christoph Unger, Präsident der Katastrophenschutzbehörde. Dabei sei gerade die Versorgung mit Treibstoffen „der Schlüssel zur Bewältigung eines großräumigen und lang anhaltenden Stromausfalls“.

An den Kraftstoffen mangelt es nicht. Derzeit gibt es in Deutschland genug Ölreserven für 90 Tage – als Teil der „Ölkrisenvorsorge“. Nur hat sich noch niemand eingehend Gedanken darüber gemacht, wie deren Inhalt bei Stromausfall an Generatoren, Tankstellen und zu Raffinerien kommt. So seien die Vorräte „im Normalfall über Systeme der Informationstechnik gesichert“, heißt es in dem Bericht. Wenn sich der Treibstoff aber aus dem Lager pumpen lässt, auch wenn die Computer nicht laufen – wie kommt er ans Ziel? In Frage kommen aus Sicht der Katastrophenschützer vor allem Heizöl-Laster oder Tankwagen, die normalerweise Baustellen versorgen. Problem: Viele dieser Lkw sind mit einer „IT-gestützten Diebstahlsicherung geschützt, die eine Auslagerung des Produkts ohne Verifikation verhindert“, schreiben die Experten. Sprich: Der Tank lässt sich zwar leicht befüllen, aber bei Serverausfall schwer entladen.

Hinzu kommt der menschliche Faktor. So empfiehlt das Bundesamt, in jedem Kreis mindestens eine Tankstelle zu benennen, die im „Ereignisfall“ Kraftstoffe abgeben kann, also ein entsprechendes Notstromaggregat hat. „Zu beachten ist, dass eine rein technische Ausstattung nicht ausreicht“, heißt es dazu. „Wichtig ist, dass ausreichend fachkundiges Personal für die Bedienung der Notstromanlage vorhanden ist.“ Auch empfiehlt das 116-seitige Papier, dafür Betriebstankstellen auszuwählen, wie sie Firmen und Behörden mit großen Fuhrparken unterhalten: Die sind meistens umzäunt und sicher vor Überfällen.

Grundsätzlich sei das Szenario „unwahrscheinlich, aber plausibel“ – die deutsche Stromversorgung gilt als eine der sichersten der Welt. Dennoch sei es wichtig, die Vorkehrungen schon jetzt zu treffen. „Es muss festgelegt werden, wer den Treibstoff vorrangig erhalten soll“, sagt Unger. Schließlich werden sich um das Öl nicht nur Krankenhäuser und Wasserversorger rangeln, sondern auch Landwirte, Industriebetriebe, die Verwaltung. So empfiehlt die Behörde schon jetzt, auch in Ministerien „die wichtigsten Prozesse zur Sicherung des Dienstbetriebs“ zu definieren.

Wenn das Licht ausgeht Wie Berlin auf einen Blackout vorbereitet ist

Quelle: www.berliner-kurier.de

Berlin bräuchte 2,3 Millionen Liter Diesel am Tag, um die Rettungsdienste und die wichtigsten Notstromaggregate in Kliniken, bei den Wasserbetrieben, bei der Feuerwehr, der Polizei und zentralen Verwaltungen am Laufen zu halten.

Rund 60 solcher Notstromanlagen sind lebenswichtig, gut 600 gibt es insgesamt in der Stadt. Deren Vorräte sind nach etwa 24 Stunden erschöpft, und es gibt kein Dutzend Tankstellen, die Notstrom haben beziehungsweise an entsprechende Aggregate angeschlossen werden können.

Schwierigkeiten kann es noch geben, Tanklager wie am Westhafen anzuzapfen: Sie haben zwar Notstrom, aber nur für die Löschanlagen.

Kommentar

Treibstoff für eine 72-stündige Notstromversorgung ist aus meiner Erfahrung eher die Ausnahme, als die Regel! Die wesentliche Frage, wie dann und auch schon deutlich früher der Nachschub funktionieren wird, konnte mir noch niemand beantworten. Ganz zu schweigen von den vielen technischen Problemen, die zu erwarten sind. Etwa, dass wir damit rechnen sollten, dass es wahrscheinlich auch nach einem nur 24-stündigen Stromausfall bereits mindestens mehrere Tage dauern wird, bis die Telekommunikationsversorgung wieder halbwegs stabil funktionieren wird. Was das bei einem mehrtägigen Stromausfall bedeuten könnte (in Deutschland werden zumindest 6 Tage erwartet! Siehe Strom aus – Wie sicher sind unsere Stromnetze?), ist jenseits unserer Vorstellungskraft. Ein extrem seltenes Ereignis („Schwarzer Schwan„) ist aus unserer derzeitigen Betrachtung sehr „unwahrscheinlich“. In der Beurteilung liegt daher wohl eher eine Truthahn-Illusion vor. Den der Netzbetrieb ist mittlerweile alles andere als stabil. Daher geht es immer wieder nur um die Frage, ob wir mit einem solchen Ereignis umgehen könnten und nicht, was wir statistisch annehmen.

Das Problem ist auch nicht, dass vielleicht die Katastrophenschützer nicht ausreichend vorbereitet sind, sondern dass die ganze Gesellschaft nicht annähernd darauf vorbereitet ist. Die Treibstoffversorgung ist zwar wichtig, aber nur ein Problembereich. Im Münsterland 2005 waren etwa 2/3 der deutschen Großnotstromaggregate im Einsatz, um 250.000 Menschen zu versorgen. Wenn dann 80 Millionen betroffen sind, dann spielen diese auch keine Rolle mehr! Daher geht es vor allem um die persönliche Vorsorge, um zumindest 1-2 Wochen ohne Einkaufen über die Runden kommen zu können. Wenn diese Basis nicht vorhanden ist, dann wird auch der Rest nicht funktionieren! Ganz zu schweigen davon, dass auch das Personal, dass für den Wiederhochfahrprozess aller Infrastrukturen erforderlich ist, auch selten vorgesorgt hat und daher rasch mit einer persönlichen Notlage beschäftigt ist!

Sollte dieses Ereignis in naher Zukunft eintreten, was durchaus realistisch ist, dann würde der Satz „Zum heutigen Zeitpunkt würde die Auslagerung und Verteilung ohne ausreichende Vorbereitung in Teilen scheitern“ in sehr vielen Bereichen schlagend werden, was wiederum das Hochfahren massiv verzögern würde. Daher freut es mich, dass nun eine behördliche Stelle die seit Jahren hier geäußerten Befürchtungen bestätigt, auch wenn das nur sehr bedingt erfreulich ist. Viele Wechselwirkungen unserer zunehmend komplexer werdenden Infrastrukturen sind uns heute nicht bewusst. Die Auswirkungen daher umso fataler. Siehe etwa die dargestellte Wechselwirkung Treibstoff-Strom-IT-Versorgung! Wo ist hier die Ursache und wo die Wirkung? Willkommen in der Welt von komplexen Systemen.

Hier auch meine Zusammenfassung aus dem gerade in Entstehen befindlichen neuen Leitfaden „Mein Spital auf weitreichende Infrastrukturausfälle vorbereiten“:

Spitäler verfügen über eine Notstromversorgung, die in der Regel für mehrere Tage ausgelegt ist. Diese reicht jedoch bei weitem nicht, um die Folgen eines weitreichenden Infrastrukturausfalls, wie etwa nach einem europaweiten Strom- und Infrastrukturausfall („Blackout“), zu bewältigen. Der Status-quo würde binnen weniger Tage zum Zusammenbruch der medizinischen Versorgung führen, da weder die Bevölkerung noch der niedergelassene Bereich auf ein derartiges Ereignis vorbereitet sind. Die aktuelle öffentliche Kommunikation, dass Spitäler vorbereitet seien, da sie über eine Notstromversorgung verfügen, verschärft daher das Problem, da damit falsche und nicht haltbare Erwartungen geweckt werden. Es besteht absoluter Handlungsbedarf, vor allem, was die persönliche Versorge des Personals und damit die persönliche als auch organisatorische Handlungsfähigkeit betrifft.

  • Aufgrund der nachfolgend (Phase 2) zu erwartenden massiven Versorgungsengpässe muss bereits innerhalb der ersten Tage mit katastrophalen Entwicklungen in Spitälern gerechnet werden.
  • Die sehr schlechte Vorsorge der Bevölkerung, die oft nur wenige Tage reicht, betrifft genauso das Krankenhauspersonal (Ärzte, Pflege, Labor, Technik, Reinigung, etc.). Das hat massive Auswirkungen auf den Krankenhausbetrieb zur Folge.
  • Durch die „Lichtinselfunktion“ werden zahlreiche Menschen versuchen, in Krankenhäusern Hilfe zu erhalten. Ohne einer vorbereiteten und rasch durchgeführten Triage bereits vor dem Zutritt in das Spitalsgelände wird der geordnete Betrieb binnen weniger Stunden lahmgelegt werden. Wenn durch die Gemeinde/Stadt keine zusätzlichen Anlaufstellen (Selbsthilfe-Basen) im Umfeld des Krankenhauses bzw. generell eingerichtet werden, wird dies umso rascher eintreten. Handlungsbedarf besteht daher deutlich über dem unmittelbaren Krankenhausbereich hinaus. Zudem muss dieses Eskalationspotential frühzeitig in der öffentlichen Krisenkommunikation (Radio) adressiert und deeskaliert werden.
  • Besonders problematisch dürfte die Versorgung der Menschen in den Pflegeheimen werden, da diese stark von externen Leistungen abhängig sind. Eine Verlagerung der Probleme in die Spitäler muss jedoch verhindert werden.
  • Der größte Ansturm auf die Spitäler sollte erst nach dem Primärereignis (Stromausfall, Phase 1) erwartet werden. Dann, wenn die öffentliche Stromversorgung und Teile der Telekommunikationsversorgung wieder zu funktionieren beginnen und Menschen, die bisher keine Hilfe rufen konnten bzw. nicht versorgt wurden, sich bereits in einer medizinischen Notlage befinden. Zu diesem Zeitpunkt werden jedoch die Personalressourcen schrumpfen, da auch von persönlichen familiären Notlagen auszugehen ist. Zudem wird dann die Leistungsgrenze jenes Personals erreicht werden, welches möglicherweise schon mehrere Tage im Einsatz ist. Daher muss unbedingt eine möglichst lange dezentrale Notversorgung im niedergelassenen Bereich und zu Hause sichergestellt werden, um den Spitals(katastrophen)betrieb nicht völlig zu überfordern.