Quelle: Der Pragmaticus Podcast

Die Pandemie-Maßnahmen sind allen im Gedächtnis. Die Pandemie selbst aber nicht. Ein Gespräch mit dem Pandemie-Experten Florian Krammer über ihr wahres Ausmaß.

Zusammenfassung

Aus dem Gespräch mit Florian Krammer im Pragmaticus Podcast lassen sich mehrere wichtige Lehren für zukünftige Pandemien und Krisen ziehen:

  • Vorbereitung ist entscheidend, um den Schaden zu minimieren. Es ist notwendig, sich hinzusetzen und zu überlegen, was funktioniert hat und wie man das nächste Mal effizienter vorgehen und Schaden minimieren kann. Ohne Vorbereitung wird dies nicht gelingen. Es braucht detaillierte Pläne mit verschiedenen Szenarien, die regelmäßig angepasst werden, wenn sich die Datenlage ändert. Diese Pläne sollten nicht nur medizinische und virologische Expertise, sondern die gesamte Gesellschaft einbeziehen.

  • Klare Hierarchien und Verantwortlichkeiten in Notsituationen sind notwendig. Es braucht Hierarchien und einen klaren Plan, was passieren soll. Während der COVID-19-Pandemie gab es ineffiziente Zuständigkeiten und Streitigkeiten, was die Reaktion erschwerte.

  • Man muss aus vergangenen Erfahrungen lernen und sich besser vorbereiten. Statt nur zurückzuschauen und Fehler zu kritisieren, sollte man analysieren, was gut und schlecht gelaufen ist, um daraus Lehren für zukünftige Pandemien zu ziehen.

  • Eine schnelle Reaktion ist wichtig, aber schnelles Handeln kann auch Fehler beinhalten. In Notfällen muss man handeln, und schnelles Handeln kann zu Fehlern führen, aber Nichtstun ist in solchen Situationen die falsche Wahl.

  • Die wissenschaftliche Gemeinschaft hat schnell und effizient gearbeitet. Der Rezeptor des Virus wurde schnell gefunden, das Virus isoliert, Probenentnahmemethoden entwickelt und erste Charakterisierungen durchgeführt. Die Wissenschaft arbeitete unter Hochdruck.

  • Die Kommunikation wissenschaftlicher Erkenntnisse war wichtig, wurde aber nicht immer optimal von den Behörden übernommen. Wissenschaftler fühlten sich teilweise genötigt, direkt Informationen an die Öffentlichkeit weiterzugeben, da die offiziellen Stellen zögerlicher waren.

  • Das Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Politik kann schwierig sein. Die Politik benötigt schnelle Antworten, während die Wissenschaft ein Erkenntnisprozess ist. Die Handhabung dieses Zusammenspiels war in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich.

  • Verschiedene Faktoren beeinflussen den Verlauf einer Pandemie. Dazu gehören die Altersstruktur der Bevölkerung, die Qualität des Gesundheitssystems, die Bevölkerungsdichte und zufällige Umstände.

  • Lockdowns können in frühen, dramatischen Phasen gerechtfertigt sein, aber die Situation muss immer neu bewertet werden. In Situationen mit hoher Zahl an Toten und Überlastung des Gesundheitssystems können Lockdowns notwendig sein. Für spätere Phasen oder andere Situationen müssen alternative Strategien wie Online-Unterricht entwickelt werden.

  • Es gibt verschiedene Modelle im Umgang mit Pandemien, aber nicht jedes Modell ist für jedes Land übertragbar. Südkorea (umfassendes Testen und Contact Tracing) und Neuseeland (strikte Isolation) werden als Beispiele genannt, wobei Chinas autoritärer Ansatz für westliche Demokratien kein Vorbild sein kann. Der schwedische Weg hatte anfangs hohe Todeszahlen.

  • Wirtschaftliche Überlegungen spielen eine Rolle, dürfen aber die Eindämmung des Ausbruchs nicht verhindern. Die zögerliche Ausrufung eines internationalen Gesundheitsnotstands durch die WHO wurde auch auf wirtschaftliche Interessen zurückgeführt.

  • Die schnelle Impfstoffentwicklung war ein großer Erfolg, aber auch ein Glücksfall. Die mRNA-Technologie spielte eine Rolle, aber auch traditionellere Technologien waren schnell. Es ist nicht garantiert, dass die Impfstoffentwicklung für zukünftige Pandemien genauso schnell verlaufen wird, insbesondere bei völlig neuen Viren. Bei bekannten Viren wie der Influenza könnte die Entwicklung schneller sein.

  • Zukünftige Pandemien sind wahrscheinlich, und respiratorisch übertragbare Viren stellen eine besondere Gefahr dar. Die nächste Pandemie könnte wieder eine Influenza sein, aber auch ein anderes Virus, wie das Nipah-Virus, das hohe Mortalitätsraten aufweist und teilweise respiratorisch übertragbar ist, wird als besorgniserregend genannt. Respiratorisch übertragbare virale Erkrankungen sind schwer aufzuhalten.

  • Die Schnittstelle zwischen Mensch und Tier stellt das größte Risiko für neue Pandemien dar, und dieses Risiko wird durch Faktoren wie Bevölkerungswachstum, Klimawandel, globale Vernetzung und Habitatzerstörung größer.

  • Eine gut funktionierende medizinische Überwachung ist wichtig, um Gefahren frühzeitig zu erkennen. Einschnitte in solchen Einrichtungen könnten problematisch sein, aber es gibt auch internationale Bemühungen zur Krankheitskontrolle und -prävention.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Lehren aus dem Gespräch die Notwendigkeit einer umfassenden, vorausschauenden Vorbereitung betonen, die klare Strukturen und Verantwortlichkeiten schafft, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert, die gesamte Gesellschaft einbezieht und flexibel auf die sich entwickelnde Lage reagieren kann. Die internationale Zusammenarbeit und der offene Austausch von Informationen sind ebenso entscheidend wie eine effektive Risikokommunikation an die Bevölkerung. Es gilt, aus den Erfahrungen der COVID-19-Pandemie zu lernen, um für zukünftige Gesundheitskrisen besser gerüstet zu sein.