31.01.2023 – 13792/J XXVII. GP 

betreffend der Ergreifung von Maßnahmen hinsichtlich der Bevorratung von Medikamenten im Falle eines Blackouts an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

31.03.23 – Anfragebeantwortung 13582/AB

Geschäftszahl: 2023-0.102.151

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 13792/J der Abgeordneten Silvan, Laimer, Genossinnen und Genossen betreffend der Ergreifung von Maßnahmen hinsichtlich der Bevorratung von Medikamenten im Falle eines Blackouts wie folgt:

Einleitend wird darauf hingewiesen, dass die Blackout-Vorsorge eine Querschnittsmaterie ist, wobei für viele Bereiche keine eigene Ressortzuständigkeit besteht. So hat etwa mein Ressort keine unmittelbare, besondere Zuständigkeit für die Koordinierung von Blackout-Vorsorgemaßnahmen. Diesbezüglich wird auf die Beantwortung Nr. 4389/AB vom 02.02.2021 zur parlamentarischen Anfrage Nr. 4414/J (XXVII. GP) verwiesen.

Fragen 1 und 2:

  1. Welche konkreten Zielvorgaben gibt es für Gesundheitseinrichtungen, wie lange im Fall von weitreichenden Versorgungsunterbrechungen (Blackout) die Versorgung aufrechterhalten werden können muss?
  2. Welche konkreten Koordinierungs- und Vorsorgemaßnahmen wurden bisher hinsichtlich einer möglichen Strommangellage oder eines nicht auszuschließenden Blackouts im Gesundheitssektor (Krankenhäuser, Pflege, Apotheken, Rettungswesen etc.) seitens Ihres Ressorts in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden der Länder getroffen?

Katastrophenschutz ist in Österreich Ländersache, jedes Land verfügt über ein eigenes Katastrophenschutzgesetz, somit liegt die Planung und Umsetzung des Krisenmanagements und die Unterstützung der Gemeinden in der Verantwortung der Länder.

Hinsichtlich Krankenanstalten, Alters- und Pflegeheimen sowie Rettungswesen wird auf die ausschließliche Vollzugszuständigkeit der Länder gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG in Verbindung mit Artikel 10 Abs. 12 hingewiesen.

So hat etwa gemäß § 5b KaKuG die Landesgesetzgebung Träger von Krankenanstalten zu verpflichten, im Rahmen der Organisation Maßnahmen der Qualitätssicherung und Maßnahmen zur Wahrung der Patient:innensicherheit vorzusehen und dabei auch ausreichend überregionale Belange zu wahren. Die konkrete Ausgestaltung obliegt den Ländern, denen die Ausführungsgesetzgebung zukommt.

Unter Federführung des für die Koordinierung in Krisenfällen zuständigen Bundesministeriums für Inneres finden derzeit verstärkt Aktivitäten im Bereich Blackout-Vorsorge statt und werden Fragen zur (medizinischen) Versorgung im Falle eines Blackouts in einem Koordinationsausschuss des SKKM behandelt. Mein Ressort ist dabei insbesondere im Arbeitskreis „Gesundheit/Pflege“ involviert. Hierzu fanden bereits Sitzungen zur Evaluierung möglicher Maßnahmen des Gesundheitsbereichs in der Vorsorge- und Akutphase statt und wurden einige Problemfelder festgemacht. In weiterer Folge soll – insbesondere unter Zuziehung diverser Stakeholder (z. B. Apothekerkammer) Lösungsvorschläge erarbeitet und (rechtliche) Maßnahmen vorbereitet werden.

Fragen 3 und 4:

  1. In Folge einer Strommangellage oder eines Blackouts sind erhebliche und zum Teil länger andauernde Lieferkettenunterbrechungen/-probleme zu erwarten. Dies auch durch umfangreiche internationale Abhängigkeiten und durch die häufig angewendete Just-in-Time-Logistik. Welche Maßnahmen wurden bisher getroffen, um auch während einer solchen Krise, insbesondere nach einem Blackout, die Medikamenten- und Gesundheitsversorgung aufrechterhalten bzw. rasch wieder hoch fahren zu können?
  2. Welche Maßnahmen zur Bevorratung von Medikamenten gibt es auf Bundes- und Länderebene?

Um der seit einigen Jahren vermehrt auftretenden Problematik von Lieferengpässen auf nationaler Ebene zu begegnen, wurde bereits im Jahr 2019 die sogenannte Taskforce Lieferengpässe seitens des BASG mit dem Ziel ins Leben gerufen, alle Akteure der Lieferkette von Arzneimitteln an einen Tisch zu bekommen, um Maßnahmen zu setzen, die die Versorgungssituation national verbessern.

Eine wesentliche Maßnahme, die aufgrund der Diskussionen in der Taskforce getroffen wurde, ist die seit 01.04.2020 geltende „Verordnung über die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung“, nach welcher Zulassungsinhaber:innen bzw. befugte Vertreter:innen des Zulassungsinhabers verpflichtet sind, Einschränkungen der Vertriebsfähigkeit für verschreibungspflichtige Humanarzneispezialitäten dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) zu melden. Darüber hinaus kann ggf. ein Parallelexportverbot verhängt werden. Aktuell werden im Rahmen der Taskforce zudem diverse Möglichkeiten einer längeren Bevorratung von Arzneimitteln im Inland erarbeitet. Dies soll verschärften Versorgungsengpässen, wie sie in letzter Zeit aufgetreten sind, besser vorbeugen.

Nicht alle Probleme sind jedoch auf nationaler Ebene zu lösen, zumal es sich bei den Vertriebseinschränkungen um ein globales Problem handelt. Daher gibt es aktuell auch eine enge Kooperation auf EU-Ebene mit HERA (Health Emergency Response Agency) und EMA (European Medicines Agency).

Hingewiesen wird weiters auf die Beantwortung der Frage 7.

Frage 5:

  1. Die Zivilschutzverbände empfehlen eine 14-tägige Bevorratung. Viele Patient*innen haben jedoch das Problem, dass sie verschreibungspflichte Medikamente nicht auf Vorrat erhalten. Welche Überlegungen und Konzepte gibt es, um diese Vorsorge zu ermöglichen?

Die individuelle Bevorratung von Arzneimitteln empfiehlt sich lediglich für die normale Verbrauchszeit eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels, so wie dieses von der Ärztin bzw. dem Arzt verschrieben wurde. Abgaben auf Vorrat werden seitens des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nicht unterstützt, da sie in Zeiten verstärkter Lieferengpässe eher zu einer Verschärfung der Lage als zu einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung führen. Die angemessene und kontinuierliche Bereitstellung von Arzneimitteln ist gesetzlich vorgesehen (§ 57a AMG). Die Arbeitsgruppe in meinem Haus wird diesem Thema jedoch auch noch weitere Überlegungen widmen.

Frage 6:

  1. Es gibt eine nicht unerhebliche Anzahl von Menschen, die etwa auf regelmäßige Sauerstofflieferungen angewiesen sind und derzeit keine Informationen erhalten, wie ihr Versorgung im Fall eines Blackouts aufrechterhalten werden kann. Welche Koordination erfolgt hier seitens Ihres Ressorts?

Zwischen meinem Ressort und den Bundesländern finden hinsichtlich Blackout-Vorsorge für den Gesundheitsbereich derzeit Abstimmungen statt. Unter anderem wird dabei auch die hier angesprochene Problematik berücksichtigt.

Frage 7:

  1. Wie lange können Spitäler, Ärzte, Apotheken, Sozialeinrichtungen, soziale Dienste usw. im Falle eines Blackouts ihre Patient*innen und Klienten mit oftmals lebensnotwendigen Medikamenten versorgen?

Grundsätzlich sind öffentliche Apotheken gemäß § 4 Abs. 1 Apothekenbetriebsordnung (ABO) dazu verpflichtet, einen zur ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung entsprechenden Arzneimittelvorrat bereitzuhalten. Auch in Filialapotheken müssen die für die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung des Standortes und Einzugsgebietes benötigten Arzneimittel nach Art und Menge vorrätig gehalten werden (§ 35 Abs. 1 ABO). Hieraus ergibt sich, dass naturgemäß eine bestimmte Bevorratung von Arzneimitteln erforderlich ist.

Krankenhausapotheken haben gemäß § 47 Abs. 1 ABO zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Patient:innen der Krankenanstalt Arzneimittel, gegebenenfalls Medizinprodukte und sonstige krankenhausspezifische Waren in ausreichender Menge zu beschaffen und vorrätig zu halten. Für eine durchschnittliche Lagerreichweite von mindestens 14 Tagen ist vorzusorgen.

Fragen 8 und 9:

  1. Wie ist die Abgabe und Belieferung dieser Einrichtungen im Falle einer länger andauernden generellen Versorgungsunterbrechung (Blackout) geregelt?
  2. Wie können Apotheken im Fall eines (länger andauernden) Blackouts (lebensnotwendige) Medikamente an die Bevölkerung ausgeben, ist hierfür zusätzlich für den Fall eines (länger andauernden) Blackouts ein Schutz der Apotheken vorgesehen? Wenn nein warum nicht und bis wann werden dafür Lösungen erarbeitet?

Aus arzneimittel- und apothekenrechtlicher Sicht bestehen aktuell keine Sonderregelungen für die Abgabe von und Belieferung mit Arzneimitteln bei Blackouts. Es ist in diesem Zusammenhang jedoch auf § 94d (Arzneimittelgesetz) AMG hinzuweisen:

„Sonderbestimmungen im Zusammenhang mit Krisensituationen

§ 94d.

(1) Im Falle einer Katastrophe, Epidemie, Pandemie, terroristischen Bedrohung, kriegerischen Auseinandersetzung oder sonstigen Krisensituation hat der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wenn die notwendige Versorgung der Bevölkerung sonst ernstlich und erheblich gefährdet wäre, durch Verordnung Ausnahmen von § 4, den Bestimmungen des II., III., VI. und VII. Abschnitts dieses Bundesgesetzes und der entsprechenden auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen zu treffen, soweit und solange dies auf Grund der besonderen Situation erforderlich ist und der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Mensch und Tier gewahrt bleibt.

(2) Im Falle einer Katastrophe, Epidemie, Pandemie, terroristischen Bedrohung, kriegerischen Auseinandersetzung oder sonstigen Krisensituation kann der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wenn die notwendige Versorgung der Bevölkerung sonst ernstlich und erheblich gefährdet wäre, durch Verordnung Regelungen über Versorgungs- und Bereitstellungsverpflichtungen für Zulassungsinhaber, Depositeure, Hersteller, Arzneimittel-Vollgroßhändler, Arzneimittel-Großhändler und öffentliche Apotheken erlassen, wenn und solange dies auf Grund der besonderen Situation erforderlich ist.

(3) Eine Verordnung gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 kann auch rückwirkend erlassen werden. In einer Verordnung gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 ist vorzusehen, dass diese spätestens ein Jahr nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt.“

Ein Blackout ist aus Sicht des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz von der in § 94d AMG genannten „sonstigen Krisensituation“ erfasst. Es besteht daher für die für das Gesundheitswesen zuständige Ministerin bzw. den für Gesundheitswesen zuständigen Minister die Möglichkeit, im Krisenfall und, sofern dies zur Aufrechterhaltung der Arzneimittelversorgung erforderlich ist, arzneimittelrechtliche Sonderregelungen im Verordnungswege zu erlassen. Zur Erarbeitung weiterer Lösungen darf die diesbezügliche Arbeit im Koordinationsausschuss des SKKM bzw. im Arbeitskreis „Gesundheit/Pflege“ nochmals erwähnt werden (siehe hierzu bereits die Antwort zu Frage 2).

Fragen 10 bis 12:

  1. Welche Überlegungen gibt es zu einem möglichen Rationierungsbedarf, sollten die Lieferketten nicht rasch genug wieder anlaufen können?
  2. Wie wurden die genannten Gesundheitseinrichtungen bisher über die notwendige Vorgangsweise im Falle eines Blackouts/Strommangellage hinsichtlich einer möglich Notversorgung mit Medikamenten etc. informiert bzw. gibt es dazu öffentlich einsehbare Konzepte? Wenn nein, bis wann soll dies erfolgen bzw. sollen diese vorliegen?
  3. Bis wann ist eine Information der Öffentlichkeit analog zur Vorgehensweise im Lebensmittelhandel zu erwarten? Je besser die Menschen über mögliche Notverfahren informiert sind, desto eher werden diese funktionieren bzw. zur Eigenvorsorge führen

Hierzu wird auf die Beantwortung der Fragen 14 bis 18 in der Anfragebeantwortung Nr. 4389/AB vom 02.02.2021 verwiesen. Ergänzend wird festgehalten, dass derzeit Abstimmungen zwischen meinem Ressort und den Bundesländern auf Fachebene erfolgen, die unter anderem auch die Klärung einiger dieser Fragen beinhalten. Aufgrund der Komplexität der Materie ist ein entsprechender zeitlicher Vorlauf zwecks Koordinierung notwendig.

Johannes Rauch