Diese Zusammenfassung aktueller und wichtiger Aspekte im Bereich der nationalen Blackout-Vorsorge entstand aufgrund unterschiedlicher praktischer Erfahrungen und wo aus Sicht des Verfassers ein Koordinationsbedarf seitens des SKKM (Staatliches Krisen- und Katastrophenschutzmanagement) besteht.

Nationale Warnung und Information der Öffentlichkeit

Das Thema Warnung und rasche Information der Bevölkerung im Falle eines überregionalen Stromausfalls („Blackout“) ist nach wie vor vakant. Gerade die Zusammenarbeit mit verschiedenen Organisationen und Unternehmen in der (Lebensmittel-)Produktion hat diese Notwendigkeit noch verstärkt. Aber auch im Bereich des Facility-Managements (Bürohochhäuser) muss schnell gehandelt werden, solange die Noteinrichtungen noch funktionieren, da oft nur eine zeitliche Begrenzung von wenigen Stunden besteht. Ansonsten könnten hier rasch unnötig Einsatzkräfte gebunden werden oder Personenschäden auftreten.

Auch wenn das Thema grundsätzlich Ländersache ist, kann es nur im Interesse aller sein, wenn es ein einheitliches nationales Vorgehen gibt, das – ähnlich wie im Lebensmittelhandel – jetzt auch öffentlich kommuniziert wird, damit sich alle darauf einstellen können. Klarheit vermindert Unsicherheit und vermindert Schadenspotential.

Folgen einer möglichen Strommangellage

Auch das Thema Strommangellage wird aus meiner Sicht in seinen Auswirkungen deutlich unterschätzt. Praxiserfahrungen zeigen das immer wieder: Ein geplanter Trafowechsel mit Stromabschaltung verursacht in einem Schulungszentrum einen Schaden von 50.000 Euro, zahlreiche Schäden in der Gebäudeautomation und eine langwierige Instandsetzung wegen fehlender Ersatzteile.

Während der Flächenabschaltung würde in den betroffenen Gebieten und möglicherweise auch noch einige Zeit danach die Telekommunikation nicht funktionieren und damit auch das Notrufsystem. Dies würde sehr schnell viele Logistik- und Produktionsprozesse stören und die Versorgung wie bei einem Blackout unterbrechen, wenn auch nicht in der vollen Tragweite. Wie und ob die Treibstofflogistik in einem solchen Szenario funktionieren würde, wäre eine andere Frage. Erschwerend kommt hinzu, dass eine solche Energielenkung in allen Bundesländern parallel geplant ist, was das Chaos noch verstärken würde, da noch viel mehr Wechselwirkungen auftreten würden.

Natürlich wäre eine Strommangellage weniger schlimm als ein ungeplanter großflächiger Ausfall. Die Gesellschaft wäre aber ebenso wenig wie auf ein Blackout vorbereitet und es würde vermutlich schnell ein großes Chaos ausbrechen. Wie beim Blackout-Szenario fehlt auch hier eine umfassende Sicherheitskommunikation, um die Bevölkerung, aber auch alle anderen Akteure zu sensibilisieren und zur Vorsorge zu bewegen. Denn eine Ankündigung wenige Stunden oder Tage vorher wird nicht ausreichen, da viele Unternehmen und Organisationen nicht auf die zu erwartenden Probleme vorbereitet sind und die notwendigen Notfallprozesse fehlen.

Unterschätze Folgen und Phasen eines Blackouts

In vielen Bereichen wird immer noch davon ausgegangen, dass nach einem großflächigen Stromausfall alles wie gewohnt weitergeht. Dies ist völlig unrealistisch. Ein großes Fragezeichen beginnt bereits bei der Telekommunikationsversorgung (Phase 2). Auch wenn A1 hofft, dass innerhalb eines Tages alles wieder funktioniert – was angesichts der zu erwartenden Hardware-Schäden, Störungen und Überlastungen fraglich ist – sollte in der Planung dennoch von einem mehrtägigen Ausfall / einer eingeschränkten Verfügbarkeit ausgegangen werden, da es einfach zu viele Unsicherheiten gibt. Ohne Telekommunikationsversorgung gibt es jedoch keine Produktion, Logistik oder Warenverteilung und weitgehend auch keine Treibstoffversorgung.

Ein Wiederanlaufen ist daher in den anderen Sektoren nicht vor Ende der ersten Woche zu erwarten, was aber erst den Beginn und nicht die Normalität bedeutet. Auch das haben viele Projekte bestätigt. Gemeinsam mit der Lebensmittelindustrie laufen konkrete Aktivitäten, um zumindest eine rasche Notversorgung mit eingeschränktem Sortiment vorzubereiten. Auch das ist nicht trivial, denn viele Produzenten verfügen nur für wenige Tage über die notwendigen Rohstoffe. Sind diese aufgebraucht und klappt die Belieferung nicht, folgt der nächste Stillstand.

Das alles hat natürlich auch erhebliche Auswirkungen auf das SKKM und es reicht nicht aus, sich auf 72 Stunden Stromausfall vorzubereiten. Mit jeder Stunde, die der Stromausfall länger dauert (als die zu erwartenden rund 24 Stunden), würden die Probleme exponentiell zunehmen und der Wiederanlauf entsprechend länger dauern. Die Mindestanforderung ist daher, sich in allen Bereichen auf einen Notbetrieb von mindestens 14 Tagen vorzubereiten. Denn solange die Grundversorgung der Bevölkerung nicht sichergestellt ist, kann auch nicht mit einer Normalisierung gerechnet werden. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Ressourcenplanung (Personal, Material etc.), was häufig unterschätzt wird.

Lebensmittelnotversorgung: Rationierung

Die bisherigen Erfahrungen mit der Blackout-Vorsorge im Bereich der Lebensmittelversorgung wurden in einem eigenen Artikel zusammengefasst.

Auch hier besteht ein Koordinierungsbedarf seitens des SKKM, der weit über die vorbereitete „Stromausfalllenkungsverordnung“ des Landwirtschafts- und Wirtschaftsministeriums hinausgeht. Hier geht es insbesondere um die Rationierung der vor Ort vorhandenen Ressourcen und die geordnete Verteilung, die nicht allein durch den Lebensmittelhandel geleistet werden kann. Hier sind vor allem die Kommunen gefragt, was aber bisher nur ansatzweise passiert.

Ohne eine vorbereitete Rationierung und geordnete Verteilung ist schnell mit einem kaum beherrschbaren Sicherheitsproblem zu rechnen. Wie zuvor erwähnt, ein geordneter Wiederanlauf (nicht Normalität!) in der Lebensmittellogistik ist kaum vor der zweiten Woche zu erwarten. Bis dahin haben aber bereits rund 6 Millionen Menschen (KIRAS Projekt „Ernährungsvorsorge in Österreich“, 2015) nichts mehr zu essen zu Hause!

Tankstellen: Treibstoffrationierung

Es wird auch notwendig sein, die vorhandenen Treibstoffvorräte zu rationieren. Viele Tankstellen werden auch ohne Telekommunikationsversorgung (Phase 2) nicht funktionieren und auch dann stellt sich die Frage, wie lange es dauern wird, bis die gesamte Treibstofflogistik wieder in Gang kommt. Auch hier ist mit einer umfassenderen Versorgung nicht vor der zweiten Woche zu rechnen. Zentrales Problem: die Fahrer der Tanklastzüge. Wenn diese nicht vorbereitet sind oder keine Ressourcen bekommen, werden diese nicht zur Verfügung stehen.

Selbst wenn die Tankstellen in der Phase 2 wieder funktionieren sollte, müssen die vorhandenen Ressourcen vor Ort rationiert werden. D.h. der Treibstoff sollte den Einsatzorganisationen, dem Personal systemrelevanter Einrichtungen oder auch den Kühllastwagen zugeteilt werden, damit der Notbetrieb aufrechterhalten werden kann. Auch dies erfordert eine Koordination durch das SKKM und entsprechende Regelungen und Verordnungen, die ebenfalls jetzt vorbereitet und auch kommuniziert werden sollten. Ansonsten droht wieder Chaos.

Entsorgung

Eine neue Baustelle, die wir gerade begonnen haben, ist das Thema Entsorgung. Im Lebensmittelhandel lagern täglich rund 200.000 Tonnen Frischware, die, wenn sie nicht rechtzeitig abgegeben werden kann oder darf, entsorgt werden muss. Und zwar bevor eine erneute Belieferung beginnen kann. Hinzu kommen vermutlich größere Mengen an Nassabfällen aus den Haushalten (Kühl- und Gefriergeräte etc.) sowie aus der Gastronomie. Ganz zu schweigen von einer nicht zu beziffernden Menge an Falltieren. Dies würde die Entsorgungswirtschaft vor enorme Herausforderungen stellen, die bei der Treibstoffversorgung beginnen und vor allem bei der Frage enden, wie diese Mengen an Nassabfälle schnell genug entsorgt werden können. Je nach Jahreszeit und ohne entsprechende Vorbereitungen könnte sich daraus schnell eine weitere Gesundheitskrise entwickeln.

Auch hier wäre eine Koordination zwischen den verschiedenen Behörden und Unternehmen und wiederum eine Priorisierung erforderlich.

Bildungseinrichtungen und Kindergärten

Das Bildungsministerium hat die Schulen Ende Dezember 2022 aufgefordert, einen entsprechenden Blackout-Vorsorgeplan zu entwickeln und zu kommunizieren. Dies ist inzwischen in vielen Schulen geschehen, allerdings mit wenig Koordination und falschen Vorstellungen. So gibt es mehrere Rückmeldungen, dass Schulen die Eltern aufgefordert haben, die Kinder bei einem Stromausfall sofort abzuholen. Das war nicht die Absicht, sondern durch Information und Vorbereitung Ruhe ins System zu bringen. Das sofortige Abholen der Kinder ist weder sinnvoll noch notwendig. Im Gegenteil, viel entscheidender wäre die Klarheit, dass gestrandete Kinder auch in der Schule bleiben können und notversorgt werden. Sonst wird das Chaos noch größer, wenn die Eltern unüberlegt und überstürzt aufbrechen und alles liegen und stehen lassen.

Auch hier sollte seitens des SKKM eine weitere Koordination mit den Bildungsdirektionen erfolgen und Klarheit geschaffen werden.

Noch schwieriger ist die Situation bei den Kindergärten, wo es bisher nur vereinzelte Aktivitäten oder Informationen gibt. Vielfach liegt die Verantwortung auch bei den Gemeinden als Träger, was wiederum eine Koordination durch das SKKM erfordert. Denn bei Kleinkindern reagieren die Eltern noch sensibler.

Andererseits sollten auch Vorkehrungen getroffen werden, um definierte Bildungseinrichtungen und Kindergärten während der Krisenbewältigung offenzuhalten, damit Eltern, die für die Krisenbewältigung dringend benötigt werden (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, systemrelevante Einrichtungen etc.), sich überhaupt freispielen können.

Auch hier sind eine Abstimmung und Klärung zwingend erforderlich.

Arbeitsrecht

Ebenso sollte im arbeits- und dienstrechtlichen Bereich Klarheit darüber geschaffen werden, wie eine solche Zeit (wie lange) zu bewerten ist, um die bestehenden Unsicherheiten zu reduzieren und die Handlungsfähigkeit zu erhöhen. Man muss immer vom Ausnahmezustand ausgehen, und letztlich ist das Hemd näher als der Rock.

Je mehr Klarheit geschaffen wird, desto leichter lässt sich eine Krise bewältigen.

Bahnhöfe: Selbsthilfe-Basen

Ein Thema, das wahrscheinlich häufig noch unterschätzt wird, ist das der gestrandeten Menschen, insbesondere an Verkehrsknotenpunkten wie Bahnhöfen. Was macht eine Kommune, wenn plötzlich hunderte oder tausende Menschen in der Gemeinde stranden, die sich nicht selbst helfen können?

Der erste Punkt ist die Information der Gestrandeten. Wer ist zuständig? Und wie schnell kann eine Eskalation durch Nichtinformation entstehen? Daher sollte auch im Umfeld eines Bahnhofs eine Selbsthilfe-Basis (Infostelle, Leuchtturm etc.) vorgesehen werden, was bisher kaum irgendwo der Fall ist.

Auch hier besteht ein Koordinationsbedarf seitens des SKKM.