Quelle: www.pv-magazine.de

Die Kopplung der europäischen Strommärkten wirkt sich insgesamt positiv auf die Versorgungssicherheit in Deutschland aus. Nach einer aktuellen Studie europäischer Übertragungsnetzbetreiber werden Frankreich und Belgien am ehesten Probleme bekommen.

Die Versorgungssicherheit in Deutschland bleibt auch bis in die Jahre 2023/24 auf sehr hohem Niveau. Das zumindest ist das Ergebnis des Berichts zur Versorgungssicherheit in der Region Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich und der Schweiz, den die Übertragungsnetzbetreiber des „Pentalateralen Energieforums“ am Donnerstag veröffentlicht haben. Demnach liegt die Wahrscheinlichkeit nahezu bei 100 Prozent, dass in Deutschland die Stromnachfrage im Betrachtungszeitraum 2018/19 und 2023/24 jederzeit gedeckt wird. Die Übertragungsnetzbetreiber haben für die Studie 680 verschiedene Szenarien gerechnet und dabei in einem Stresstest auch seltene Extremwetterjahre betrachtet.

„Der Bericht unterstreicht erneut, dass wir Versorgungssicherheit grenzüberschreitend betrachten müssen“, sagt der Staatsekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Rainer Baake. Strom im gemeinsamen Binnenmarkt zu handeln, schaffe Synergien, wodurch insgesamt weniger Kraftwerke benötigt würden. „Das spart bares Geld.

Die Studie wählt für die Untersuchung den lastflussbasierten Ansatz, eine Weiterentwicklung der auf NTC (Net Transfer Capacity) basierten Marktkopplung. Der lastflussbassierte Ansatz geht dabei über die Betrachtung der bilateralen Übertragungskapazitäten hinaus und berücksichtigt so zum Beispiel auch die Flüsse von einem Land über ein anderes in ein Drittland, also zum Beispiel wenn von Deutschland über die Niederlande Strom nach Frankreich fließt. Insgesamt bilde das die Marktkopplung realistischer ab, so die Begründung für den seit 2015 gewählten Ansatz.

Nach den Zahlen des Berichts werden Frankreich und Belgien 2018/2019 am ehesten Probleme haben, adäquat Strom zu erzeugen. In Belgien erwarten die Übertragungsnetzbetreiber Stromausfälle von insgesamt 3,5 Stunden und einen dadurch erzeugten Energieausfall von 2,6 Gigawattstunden. In Frankreich sollen die Stromausfälle insgesamt sogar fünf Stunden pro Jahr dauern, mit einem Energieverlust von 23,5 Gigawattstunden. Ähnliche Probleme seien voraussichtlich ebenso im Zeithorizont 2023/24 zu beobachten, in abgeschwächter Form dann auch in Deutschland, Luxenburg und den Niederlanden.

Kommentar

Klingt sehr positiv. Ein ganzheitlicher Ansatz und eine Systembetrachtung sind unverzichtbar. Etwas nachdenklich stimmt uns der Disclaimer in der Studie:  It must be noted that the conclusions in this report are inseparable to the hypotheses described and can only be read in this reference framework. The hypotheses were gathered by the TSOs according to their best knowledge at the moment of the data collection and validated by ministries and regulators. The TSOs emphasise that the TSOs involved in this study are not responsible in case the hypotheses taken in this report or the estimations based on these hypotheses are not realised in the future.

Damit bleibt eine ziemlich gute Hintertür offen, was auch nachvollziehbar ist. Die Medien und Politik verzichten aber auf diese Einschränkung und nehmen lieber mal positive Einzelaussagen heraus. Und scheinbar ist auch nicht bewusst, dass wenn Frankreich oder ein anderes Land ein größeres Problem hat, dass zu einem Dominoeffekt in ganz Europa führen kann. Nicht die Situationen, die absehbar und damit steuerbar sind, sondern jene, die unangekündigt eintreten. Und wenn das Grundsystem schon immer häufiger unter hohen Stressanforderungen (siehe Aktuelle Situation) betrieben werden muss, steigt einfach die Gefahr, dass ein zusätzliches ungeplantes Ereignis in die Katastrophe führt. Daher sind wir da dann rasch wieder auf der Wahrnehmung auf der Bevökerungsseite: “Es wird schon nichts passieren”

Wir fragen uns zudem immer wieder, wie es möglich sein kann, dass bis 2022 die restlichen Kernkraftwerksblöcke in Deutschland vom Netz gehen können, die erforderlichen Nord-Süd-Leitungen aber frühestens 2025 fertiggestellt werden. Wenn sich das alles ohne Nebenwirkungen ausgehen kann, dann wären hier ja bisher enorme Leistungsreserven vorhanden gewesen. Sicher kann durch Erneuerbare ein Teil davon kompensiert werden. Aber derzeit nicht zu jedem Augenblick, was aber entscheidend ist. Von den vielen anderen Detailproblemen wollen wir einmal gar nicht sprechen. Vielleicht unterliegen wir auch einer Täuschung und alles ist bestens. Wir werden aber trotzdem weiterhin vor der steigenden Gefahr eines Systemskollapses warnen. Denn eines ist sicher: So wie unsere Gesellschaft heute (nicht) vorbereitet ist, wäre das die absolute Katastrophe. Und die Auslösemöglichkeiten für ein Blackout sind sehr vielschichtig. Daher kann man sich durch solche Meldung leicht wieder seine eigene Truthahn-Illusion verstärken. Gleichzeitig möchten wir jedoch betonen, dass wir für den Ausstieg aus der Kernenergie sind, weil wir keinerlei Fortschritte hinsichtlich einer für unsere Nachkommen unproblematischen Entsorgung radioaktiver Abfälle erkennen können. Weder das „Lagern“ noch das „Verstecken“ sind ernsthaft in Erwägung zu ziehende Maßnahmen. Das Abschalten der genannten Kraftwerke, ohne dass ein Ersatz verfügbar ist, wie auch die Suche nach einem „Endlager“ können wir nur als eine ganz besondere Form der Selbsttäuschung bei den Entscheidungsträgern und als massive Täuschung der Bevölkerung werten.

Abschaltung Standort Leistung
31. Dezember 2019 – Philippsburg II (Baden-Württemberg) 1.468 MW
31. Dezember 2021 – Brokdorf (Schleswig-Holstein)
– Grohnde (Niedersachsen)
– Gundremmingen C (Bayern)
1.480 MW
1.430 MW
1.344 MW
31. Dezember 2022 – Emsland (Niedersachsen)
– Isar 2 (Bayern)
– Neckarwestheim II (Baden-Württemberg)
1.400 MW
1.485 MW
1.400 MW