Quelle: bazonline.ch

Das Stromnetz in der Schweiz wird immer unsicherer. Die Netzbetreibungsgesellschaft Swissgrid muss immer häufiger eingreifen und Massnahmen anordnen, damit es nicht zu schwerwiegenden Problemen im Netzbetrieb kommt. Das zeigt eine Auswertung der von Swissgrid veröffentlichten Statistik.

Im Jahr 2011 musste Swissgrid bloss zwei Mal ins Stromnetz eingreifen. Seither nimmt die Zahl stark zu (siehe Grafik). 2016 waren es hundert Mal mehr als fünf Jahre vorher, nämlich 213 Massnahmen. Dieser Rekord wurde 2017 allerdings schon im Juli übertroffen. Bis Ende August musste Swissgrid 274 mal stabilisierend ins Netz eingreifen.

Bleibt es bis Ende Jahr bei dieser Häufigkeit, werden es 411 Massnahmen sein, fast eine Verdoppelung im Vergleich zu 2016. Bei jeder Massnahme sind zudem mehrere Kraftwerke betroffen. Einige müssen möglichst schnell mehr Strom produzieren, andere heruntergefahren werden. Swissgrid verweist auf Anfrage darauf, dass sie diese Massnahmen nur anordnen dürfe, «wenn der sichere Netzbetrieb gefährdet ist».

Die Entwicklung ist nicht auf die Schweiz beschränkt. In Deutschland brauchte es im ganzen Jahr 2003 drei Massnahmen zur Stabilisierung des Stromnetzes. 2016 waren es gemäss Bernd Benser vom deutschen Netzsimulator Gridlab über 1000 – also rund drei Eingriffe pro Tag, damit es nicht zu schwerwiegenden Problemen wie einem Blackout im Stromnetz kam. Weil die europäischen Stromnetze miteinander verbunden sind, hätte das auch katastrophale Auswirkungen auf die Stromversorgung in der Schweiz.

Klar ist, dass die von Swissgrid angeordneten Massnahmen Geld kosten, die von den Stromverbrauchern bezahlt werden müssen. In Deutschland betrugen diese Kosten 2016 gemäss Bernd Benser bereits mehr als eine Milliarde Euro.

Kommentar

Leider ein weiterer Hinweis auf die steigenden Instabilitäten. Auch in Österreich explodierten in den letzten Monaten die Engpassmanagementkosten und Maßnahmen. Wichtig ist, es geht weniger ums Geld, als viel mehr um die Versorgungssicherheit, die hier massiv auf dem Spiel steht. Ich war diese Woche auch auf der Veranstaltung Stromausfall – Versorgungssicherheit im Inselnetzbetrieb mit dezentraler Einspeisung in Augsburg. Auch dort wurde mein Eindruck bestätigt, dass wir mit Vollgas an die Wand fahren müssen, weil wir aus unserem Silodenken nicht herauskommen und bestehende Regulative und von Menschen gemachte Beschränkungen vor physikalische und systemische Naturgesetze gestellt werden. Die technischen Lösungen sind da, nur fehlt der „Marktanreiz“ um sie einzusetzen. Dafür nehmen wir einen drei- bis vierstelligen Milliardenschaden in Kauf. Denn sie wissen nicht, was sie tun.

Weitere Auswertungen siehe unter Aktuelle Situation und Auswertungen.

Quelle: APG/Wirtschaftsmuseum