Letzte Aktualisierung am 18. April 2015.

„Bäume knickten um, Bahnstrecken wurden gesperrt, Kinder verletzt: Orkantief ‚Elon‘ ist gerade abgezogen, da ist schon der nächste Sturm da.; Meteorologe Plöger: ‚Es ist ein normaler Wintersturm, kein Jahrhundertsturm‘.“

Neben den bekannten Auswirkungen, die über die Medien auch kommuniziert werden, soll dieser Post ein wenig hinter die Kulissen blicken und die Auswirkungen auf das Stromversorgungssystem in der Zeit vom 08.-12.01 werfen.

Windstromproduktion in Österreich

Als Referenzwert wird das Kraftwerk Freudenau mit 172 MW Produktionsleistung herangezogen. Das bedeutet, wie viele (rechte y-Achse) Äquivalente entsprach die Windstromproduktion, bzw. wie viel gleichwertige Leistung musste einspringen, bzw. die Produktion drosseln, damit das Gleichgewicht (Balance) zischen Produktion und Last ausgeglichen blieb und die Systemsicherheit gewährleistet war. Die Stromexporte/-importe werden hier nicht berücksichtigt. Die Auswirkungen auf den Strompreis sind im Post Negativstrompreistage 2015 nachzulesen. Die Last („Verbrauch“) lag in diesem Zeitraum zwischen 6.000 und 9.000 MW.

 Vergleich Prognose (blau) und tatsächliche Produktion

09.01.15

150109 - Ist und Prognose der Windenergieeinspeisung (09.01.2015)

10.01.15

150110 - Ist und Prognose der Windenergieeinspeisung (10.01.2015)

11.01.15

12.01.15

150112 - Ist und Prognose der Windenergieeinspeisung (12.01.2015)

Im Vergleich – Die Lastprognose 08.-12.01.15

Anmerkung: Als Referenzwert/Skalierung wurde das Kraftwerk Freudenau mit 172 MW Produktionsleistung herangezogen.

Lastprognose 08.-12.01.15

Ableitungen

Die Windstromproduktion hat in den letzten Tagen wieder eine sehr hohe Volatilität gezeigt. Wurden am 08. Jänner von 00:00 – 00:15 Uhr gerade einmal (im Durchschnitt) 108 MW bzw. am 12. Jänner von 19:15 – 19:30 Uhr nur 63 MW erzeugt, wurde der Höchstwert am 10. Jänner von 09:30 – 09:45 mit 1.961 MW erreicht. Das macht eine Leistungsdifferenz von knapp 11 Kraftwerken der Klasse Freudenau aus. Oder im Vergleich zur jeweiligen Lastprognose („Verbrauch“) ca. 7.000 zu 108 MW bzw. 7.100 zu 1.961 MW. Am 12. Jänner 63 MW zu 8.100 MW. Am 09. Jänner lag die höchste Differenz um 02:45 bei 1.012 MW (fehl) bzw. am 11. Jänner um 09:30 mit 879 MW Überproduktion. Ich denke, hier muss man sich technisch nicht sehr gut auskennen, um zu verstehen, dass so etwas auf Dauer nicht gut gehen kann.

Beachtenswert ist dabei auch, dass kurzzeitig fast eine 100% Windstromproduktion statt fand, da derzeit rund 2.000 MW in Österreich ausgebaut sind. Vergleicht man dazu Deutschland, dann sind das tatsächliche Spitzenwerte. Dort haben Windenergieanlagen am Freitag, den 12.12.2014, um 13:30 Uhr eine Leistung von 29,7 GW, bei gleichzeitig rund 36 GW installierte Leistung, eingespeist.

Markus Jaschinsky beobachtet die europäische Netzfrequenz (www.netzfrequenz.info) und kommt eigentlich zu einer paradoxen Feststellung. Die hohe volatile Windeinspeisung führt nicht wie vielleicht erwartbar zu einer instabileren Frequenz, sondern ganz im Gegenteil, die Stabilität steigt bei solchen Ereignissen sogar. Hier wären sicher tiefergehende Untersuchungen erforderlich bzw. interessant. Aus einer systemischen Sicht/Betrachtung könnte da aber auch ein Warnsignal sein. Denn aus der Big Data Forschung ist etwa bekannt, dass wenn Werte bei Frühgeborenen stabil werden, dass ein Alarmsignal für eine kurz bevorstehende Komplikation und Infektion ist. Auch Nassim Taleb, der Autor von „Der Schwarze Schwan“ beschreibt immer wieder solche Phänomene, wie etwa aktuell in seinem Aufsatz The Calm Before the Storm. Hierzu passt auch der Post Die Fraktalität des Wissens – oder warum wir vernetztes Denken benötigen.

Hier gibt es auf jeden Fall noch einige offene Fragestellungen, die gut für wissenschaftliche Arbeiten geeignet wären.