PDF-Version

Das Thema Blackout-Vorsorge ist und bleibt relevant. Hinzu kommen zahlreiche andere aktuelle Katastrophen- und Krisensituationen. Alles weckt das Interesse vieler Gemeinden, Gemeindeverbänden und Unternehmen an der Anschaffung einer Notstromversorgung. Allerdings zeigen Praxiserfahrungen, dass bei der Beschaffung häufig eine unzureichende, nicht durchdachte Planung zugrunde liegt. Dies kann zu kostspieligen Fehlentscheidungen und unerwarteten Komplikationen führen. Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden und eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen, beleuchtet dieser Beitrag wesentliche Aspekte, die vor der Anschaffung einer Notstromversorgung sorgfältig abgewogen werden sollten. Ziel ist es, die Entscheider in Gemeinden, Gemeindeverbänden und Unternehmen dabei zu unterstützen, eine bedarfsgerechte und nachhaltige Lösung zu finden, die im Ernstfall zuverlässig funktioniert und keine unangenehmen Überraschungen verbirgt.

Eine funktionierende Notstromversorgung kann in Krisensituationen, die mit einem Stromausfall verbunden sind, wie einem möglichen großflächigen Blackout, von entscheidender Bedeutung sein, um lebenswichtige Infrastrukturen und Dienstleistungen aufrechterhalten zu können. Dennoch gibt es im Vorfeld einige Dinge zu bedenken.

Kritische Einrichtungen identifizieren

Was muss auch in einem Krisenfall weiter funktionieren? Welche Einrichtungen gibt es in der Gemeinde, wie z.B. Feuerwehrhaus, Bauhof, Heizwerk, Schulen, Kindergärten, Pflegeheime, Krankenhäuser, Arztpraxen, Apotheken oder das Gemeindeamt selbst, wo eine Notstromversorgung – möglicherweise sogar unterbrechungsfrei – sinnvoll und zweckmäßig wäre oder ist? Welche Bereiche des Unternehmens sind auch im Krisenfall unabdingbar und funktionieren ohne Strom nicht?

Grundversorgung absichern

Grundversorgung bezieht sich auf die häufig gesetzlich geregelte und gesicherte Versorgung der Gesellschaft mit lebensnotwendigen Dienstleistungen und Versorgungsgütern. Im erweiterten Sinne sind alle Leistungen gemeint, die zum Erhalt der Arbeits- und Überlebensfähigkeit notwendig sind. Welche wesentlichen Versorgungsleistungen wie Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Nahwärme oder Müllentsorgung betreibt die Gemeinde oder der Gemeindeverband und wie kann eine definierte Mindestleistung trotz eines Stromausfalls aufrechterhalten werden? Oder welche nicht hinnehmbare Auswirkungen könnte ein Ausfall dieser wesentlichen Leistungen, wie zuletzt bei den großflächigen Hochwasserlagen, für die Gemeinde haben?

Dauer der Versorgung festlegen

Wie lange müssen wichtige Anlagen oder Dienstleistungen aufrechterhalten werden? Im Falle eines Blackout-Szenarios wird in der Regel eine Notstromversorgung von bis zu 72 Stunden empfohlen oder vorgeschrieben, auch wenn je nach Region eine deutlich frühere Wiederherstellung der Stromversorgung möglich sein sollte. Dennoch können regionale Ereignisse, wie die jüngsten Unwetter- und Hochwasserereignisse gezeigt haben, auch zu einer längeren Unterbrechung der lokalen Versorgung führen. Daher sind auch diese Faktoren in der Planung zu berücksichtigen. In jedem Fall ist zu prüfen, ob allenfalls eine Treibstoffversorgung von außen möglich ist, sofern die Verbindungswege nicht unterbrochen sind.

Für den Fall, dass ein Notstrombetrieb tatsächlich länger als 24 Stunden erforderlich sein sollte, sollte rechtzeitig ein Stufenplan vorgesehen werden, der beschreibt, ab wann eine Leistungsreduktion erfolgt, um die Durchhaltefähigkeit zu erhöhen.

Es empfiehlt sich generell, zu prüfen, ob die Notstromversorgung permanent oder nur phasenweise benötigt wird und dies in der Planung entsprechend festzuhalten. Ansonsten werden im Bedarfsfall unnötig Ressourcen verbraucht.

Elektrische Leistung und Energieplanung

Neben der erforderlichen Überbrückungszeit ist auch die benötigte elektrische Leistung ein wesentliches Kriterium bei der Entscheidung für eine effektive und effiziente Notstromversorgung. So müssen z.B. hohe Anlaufströme beim Einschalten von Verbrauchern ebenso beherrscht werden können, wie eine zu geringe Auslastung. Es ist daher empfehlenswert, Prioritäten zu definieren, um eine ausgewogene Balance zwischen der Abdeckung der potenziellen Anwendungsfälle und der Berücksichtigung von Kosten-Nutzen-Aspekten zu gewährleisten.

Vor der Entscheidung für eine Notstromlösung ist daher in jedem Fall eine gründliche Analyse und Energieplanung durchzuführen. Dies ist auch für den täglichen Betrieb empfehlenswert, da es hilft, Kosten zu sparen, was in vielen Kommunen ein entscheidender Faktor geworden ist oder noch werden wird.

In der Regel wird hierfür die Beauftragung eines externen Dienstleisters erforderlich sein. Diese Kosten werden sich jedoch durch die zu erwartenden Energieeinsparungen relativ bald amortisieren. Bei der Ausschreibung und Vergabe von Aufträgen ist die Forderung nach einer effizienten und kostengünstigen Planung, die auch bei Bauprojekten zunehmend an Bedeutung gewinnt, von entscheidender Bedeutung.  Bei der Vergabe sollte auf entsprechende Erfahrung und mögliche Interessenskonflikte (Verkauf von Geräten) geachtet werden. Ein umfassender Energieplan für den Notstrombetrieb muss ebenfalls eine gezielte Abschaltung von Verbrauchern oder einen gestaffelten Einsatz berücksichtigen („Energiemanagement“).

Diese Energieplanung sollte zudem mögliche Objekte identifizieren, wo eine Noteinspeisemöglichkeit ausreichend ist. Dies trifft besonders häufig bei Wasserpumpen oder Abwasserhebeanlagen zu. Damit kann bereits die Anzahl der Notstromanlagen reduziert werden, auch wenn gleichzeitig der Betrieb eines mobilen Notstromaggregats und ein Einsatzplan sichergestellt werden müssen.

Synergieeffekte

Oft werden Überlegungen nur für den eigenen Bereich angestellt. Vielleicht gibt es aber in der Nachbarschaft andere Einrichtungen, mit denen eine gemeinsame Notstrom- oder Treibstoffversorgung aufgebaut werden kann. Daher sollte auch nach solchen Potenzialen Ausschau gehalten werden, wofür eine ganzheitliche Energieplanung Voraussetzung ist.

Alternative Lösungen

Nach wie vor wird bei der Notstromversorgung häufig nur an ein klassisches Notstromaggregat gedacht. Mittlerweile gibt es gute Alternativen. Nicht immer ist daher ein Notstromaggregat die beste Wahl.

  • Bei klassischen Notstromaggregaten sind bei der Beschaffung auf jeden Fall auch die Lagerung, die Versorgung und der Umschlag von Treibstoff zu berücksichtigen. Ferner entstehen laufende Kosten für die Wartung, den Treibstofftausch und regelmäßige und ausreichend lange Probeläufe, um die Einsatzbereitschaft auch wirklich gewährleisten zu können. Zusätzlich ist je nach Anlage befugtes Personal für die Inbetriebnahme oder eine eventuelle Störungsbeseitigung erforderlich. Auch die Frage, wie die Treibstofflogistik im Krisenfall funktionieren soll, muss im Vorfeld beantwortet werden können. In der Regel verursacht ein Notstromaggregat laufend Kosten mit wenig Nutzen, auch wenn es für den möglichen seltenen Krisenfall unverzichtbar ist.
  • Inselbetriebsfähige PV-Anlagen mit Speicher bieten dagegen eine hohe Ausfallsicherheit bei geringem Wartungsaufwand, und sie leisten auch im Alltag einen Mehrwert und können schon heute wirtschaftlich betrieben werden. Für einen möglichen längeren Notbetrieb können die meisten Speicher auch mit einer Noteinspeisung ausgestattet werden. Damit kann der Batteriespeicher im Bedarfsfall mit einem Notstromaggregat in einem zeitlich gestaffelten und optimierten Einsatz aufgeladen werden. Auch hier sind Energieplanung und Energiemanagement entscheidend.

Mittlerweile gibt es sogar mobile Speicher, etwa für den Baustelleneinsatz. Derartige Anlagen können auch mit einem entsprechenden Energiemanagementsystem im Alltagsbetrieb sinnvoll eingesetzt werden und helfen, Kosten zu sparen.

Für ältere Photovoltaik-Bestandsanlagen, die diese Funktion bisher nicht bieten, stehen inzwischen ebenfalls Nachrüstmöglichkeiten zur Verfügung.

  • Blockheizkraftwerke oder Biogasanlagen ermöglichen eine kombinierte Strom- und Wärmeversorgung und können durch Mehrfachnutzung eine besonders attraktive, wirtschaftliche Lösung darstellen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Anlagen inselbetriebsfähig ausgeführt sind.
  • Mobile Batteriespeicher (Powerstation) eignen sich für kleinere Krisenstäbe, Selbsthilfe-Basen oder Arztpraxen. Bei Bedarf können sie durch ein Wechselverfahren nachgeladen und effizient genutzt werden. Die Umsetzung der Lösung bedingt allerdings einen gewissen Wartungsaufwand, wenngleich einen deutlich geringeren als bei einem Notstromaggregat. Zudem ist eine vorbereitete Logistik für das Nachladen erforderlich.
  • Elektroautos haben ebenfalls einen großen Energiespeicher. Je nach Ausführung können diese auch zur Notstromversorgung für einfache Anwendungsfälle eingesetzt werden. Die bidirektionale Ladetechnologie ermöglicht es, dass Elektroautos nicht nur Energie aus dem Stromnetz beziehen, sondern auch Energie zurück ins Netz oder an externe Geräte speisen können. Dies wird durch Vehicle-to-Grid (V2G), Vehicle-to-Home (V2H) und Vehicle-to-Load (V2L) realisiert. Für die Notstromversorgung durch Elektroautos sind spezielle Kabel und ev. Steuerungssysteme erforderlich. Dazu sind entsprechende Abklärungen mit dem Versorger und technische Vorbereitungen (z.B. Ladeinfrastruktur und intelligentes Energiemanagement) notwendig.

Wichtig: Es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch. Der jeweilige Anwendungszweck ist maßgeblich für die Auswahl der geeigneten Lösung. In einer Gemeinde bestehen verschiedene Anwendungszwecke, die jeweils unterschiedliche Anforderungen mit sich bringen. Durch die Kombination der Lösungen lassen sich die Kosten reduzieren und gleichzeitig die Robustheit und Effizienz der Notstromversorgung erhöhen. Zudem entsteht meist ein Mehrwert für den Alltagsbetrieb.

Standortwahl

Die jüngsten Starkregen- und Hochwasserereignisse haben aufgezeigt, dass bei der Standortwahl alle möglichen Katastrophenszenarien zu berücksichtigen und gegebenenfalls entsprechende Schutzmaßnahmen bzw. Evakuierungspläne vorzusehen sind. Dies gilt auch für den Standort von Batteriespeichern. Dieser muss überschwemmungssicher sein, die notwendigen Brandschutzbedingungen erfüllen und auch in Krisensituationen zugänglich bleiben.

Förderungen

Gemeinden und Gemeindeverbände können aktuell auf vielfältige Fördermöglichkeiten auf Bundes- oder Landesebene zurückgreifen oder – in Österreich – durch eine Beschaffung über die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) günstigere Konditionen erhalten. In Deutschland stehen Gemeinden und Gemeindeverbände Fördermöglichkeiten auf Bundes- und Landesebene sowie auf EU-Ebene zur Verfügung.

Weitere Auswahlkriterien für Notstromaggregate

Leistung und Art der Verbraucher

  • Bei der Betrachtung der Verbraucherstruktur ist eine Differenzierung zwischen ohmschen, induktiven und elektronischen Verbrauchern erforderlich.
  • Bei der Betrachtung der Anlaufströme bei induktiven Verbrauchern ist zu berücksichtigen, dass diese bis zur sechsfachen Nennleistung und darüber hinaus ansteigen können.
  • Bei der Planung sollte eine Leistungsreserve von etwa 30 % berücksichtigt werden. Eine zu hohe Leistungsreserve kann bei neueren Geräten jedoch auch zu Problemen führen, da dies zu schlechten Abgaswerten und damit zu Störungen führt. Bei der Auswahl eines geeigneten Notstromaggregats sollten Sie darauf achten, dass Sie über mehrere kleine statt eines großen verfügen. So sind Sie wesentlich flexibler, da ein großes Aggregat möglicherweise nur stationär eingesetzt oder am falschen Ort lediglich unzureichend ausgelastet werden kann.
  • Zapfwellenaggregate für Traktoren sind wartungsarm und vor allem für den mobilen und flexiblen Einsatz besonders gut geeignet.

Betriebsdauer

  • Für Kurzzeitbetrieb (< 24h) können Benzinaggregate ausreichend sein.
  • Für längeren Dauerbetrieb sind Dieselaggregate besser geeignet.

Treibstoffart

Bei allen Kraftstoffarten sind die einschlägigen Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen, insbesondere die Brand- und Explosionsgefahr sowie der Schutz vor elektrostatischer Aufladung. Zudem ist die notwendige Infrastruktur zu planen, darunter Lagerbehälter und -anlagen oder Transportbehälter. Auch der Lagerort und die Lagerbedingungen sind festzulegen, wobei Aspekte wie Umweltschutz, Gesundheit und gesetzliche Mengenbegrenzungen bei privater bzw. gewerblicher Lagerung zu berücksichtigen sind. Weiterhin sind Inspektionen, Wartung sowie regelmäßige Qualitätskontrollen des Kraftstoffs zu organisieren. Des Weiteren ist eine sachgemäße Entsorgung von verunreinigtem oder verschlechtertem Kraftstoff zu planen.

  • Benzin: Günstiger in der Anschaffung, aber schwieriger zu lagern, da Benzin eine zusätzliche Brandlast darstellt!
  • Diesel: Besser für Dauerbetrieb, einfacher zu lagern, eventuell etwas lauter.
  • Gas: Umweltfreundlicher, aber spezielle Infrastruktur nötig.

Aufstellungsort

  • Innenräume: Zu- und Abluft, Abgasführung und Lärmschutz sind zu beachten.
  • Außenbereich: Witterungsschutz und ausreichende Kabellängen sind zu berücksichtigen. Auf aufwendige und teure Einhausungen sollte verzichtet werden.
  • Berücksichtigung möglicher Starkregen- oder Hochwasserereignisse.

Automatisierung

  • Manueller Start: Kostengünstig, aber personal- und zeitintensiv.
  • Automatischer Transfer Switch (ATS): Ermöglicht vollautomatischen Start bei Stromausfall. Eine Überwachung und mögliche Entstörung sind dennoch erforderlich.

Wichtige Zusatzüberlegungen

  1. Netztrennung: Eine professionelle Einbindung ist essenziell, um Schäden und Gefährdungen zu vermeiden.
  2. Lärmschutz: Eine mögliche Lärmbelastung für Anwohner, besonders bei längeren Einsätzen oder Testbetrieben, ist zu berücksichtigen.
  3. Ausbildung und Schulung des Personals: Es muss ausreichend geschultes und befugtes Personal für den Betrieb und die Wartung zur Verfügung stehen.
  4. Rechtliche Aspekte: Die behördlichen Auflagen für die Errichtung und den Betrieb von Notstromaggregaten sowie für die Treibstofflagerung sind im Vorfeld bereits zu klären.
  5. Sicherheit: Mobile Notstromaggregate müssen auch gesichert werden, damit sie nicht entwendet werden können.
  6. Förderungen: Welche Fördermöglichkeiten gibt es derzeit?

Zusammenfassung:

Ein länger andauernder Stromausfall oder Extremwetterereignisse können lebenswichtige Infrastrukturen und die gewohnte Versorgung rasch und langfristig beeinträchtigen. Dies betrifft nicht nur großflächige und überregionale Ereignisse. Maßgeblich für die Aufrechterhaltung der Basisversorgung sind auch bei regionalen Ereignissen die Gemeinden und Gemeindeverbände. Sie sollten deshalb folgende Schritte berücksichtigen:

  1. Kritische Einrichtungen absichern: Identifizieren Sie Ihre Infrastrukturen, die zwingend eine Notstromversorgung benötigen.
  2. Bedarfsanalyse durchführen: Klären Sie den tatsächlich zu erwartenden Leistungsbedarf, die zu erwartende Betriebsdauer, mögliche Schichteinsätze und Standorte.
  3. Energieplan erstellen: Lassen Sie eine Analyse des Energieverbrauchs in Ihrer Gemeinde durchführen und einen Energieplan für einen effizienten Alltags- und möglichen Notstrombetrieb erstellen.
  4. Langfristig planen: Stellen Sie sicher, dass Wartung, Tests und Schulungen eingeplant werden.
  5. Lösungen wählen: Entscheiden Sie zwischen klassischen Notstromaggregaten, PV-Anlagen mit Speichern oder einer Kombination.
  6. Förderungen nutzen: Recherchieren Sie Fördermöglichkeiten, um die Kosten für Ihre Gemeinde zu senken.
  7. Und ganz besonders wichtig: Die Notstromversorgung ist nur ein Teil einer umfassenden Krisenvorsorge. Die Sensibilisierung und Vorbereitung der Bevölkerung auf mögliche Krisensituationen und deren Eigenvorsorge sind in jedem Fall die wesentliche Voraussetzung für eine hoffentlich sehr selten notwendige Krisenbewältigung.

Es ist daher empfehlenswert, sich besser zu informieren und vorzubereiten, um im Anlassfall angemessen reagieren zu können, ohne dabei unnötige oder übertriebene Ausgaben zu tätigen. Der größte Hebel liegt in den organisatorischen Vorbereitungen, die in der Regel keine großen Investitionen erfordern.

PDF-Version