Eine vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft beauftragte Studie des Umweltbundesamtes befasst sich mit der Thematik der Betriebsmittel- und Strommangellage / Blackout in der Trinkwasserversorgung und der Abwasserentsorgung.

Anlagen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sind systemrelevante Einrichtungen und zum Teil als kritische Infrastruktur eingeordnet. Betreiber von Trinkwasser- und Abwasserinfrastruktur haben sich in den vergangenen Jahren unterschiedlich intensiv auf Blackout-Szenarien und Strommangellagen vorbereitet. Trotz laufender Bemühungen und staatlicher Förderungen in diesem Bereich kann nicht davon ausgegangen werden, dass sämtliche Betreiber in gleichem Maße auf vergleichbare Krisenszenarien vorbereitet sind.https://info.bml.gv.at/themen/wasser/nutzung-wasser/krisenszenarien.html

Die Funktion von Anlagen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung ist nicht nur von der Bereitstellung von Energie abhängig, sondern es werden Chemikalien und Ersatzteile benötigt. Dazu gehören die sogenannten Fällmittel, die zur chemischen Phosphorentfernung auf Kläranlagen und zur Schwebstoffentfernung in Trinkwasseraufbereitungsanlagen eingesetzt werden. Ab Herbst 2022 bis etwa Frühjahr 2023 war der österreichische Fällmittelmarkt infolge der internationalen Entwicklungen angespannt. In mehreren Nachbarländern kam es sogar zu erheblichen Lieferschwierigkeiten. Daher stellt sich auch bezüglich der Verfügbarkeit von Betriebsmitteln die Frage, inwieweit Betreiber von Anlagen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung auf vergleichbare Krisenszenarien vorbereitet sind.

Auf Basis von Erhebungen bei Betreibern von Anlagen der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung betrachtet und beschreibt die Studie unterschiedliche Szenarien von Strom- und Betriebsmittelmangellage. Als Ergebnis liegen 4 kompakte Factsheets vor, die einen guten Einblick geben, wie gut die Siedlungswasserwirtschaft auf derartige Krisenszenarien vorbereitet ist, und wo Handlungsbedarf besteht.

Factsheets-Krisenszenarien Siedlungswasserwirtschaft

Fazits

  • Betriebsmittelmangellage in der Wasserversorgung: 36 % der Wasserversorger machten in den Jahren 2020–2022 Erfahrungen mit Lieferengpässen bei Anlagenteilen, am stärksten betroffen waren Pumpen, Messtechnik und Regeltechnik. Größere Wasserversorger sind mit eigenen Ersatzteillagern (maschinentechnische bzw. elektromaschninelle Ausrüstung) besser gegen Ausfälle gerüstet als kleinere Betreiber. 
    Ein möglicher nächster Schritt wären konkrete Überlegungen, wie sich (auch kleinere) Wasserversorger besser gegen Mangellagen bei Ersatzteilen und Anlagenteilen absichern können.
  • Betriebsmittel Abwasserreinigungsanlagen: Bei einer Fällmittelknappheit und nach Ausschöpfung der festgelegten P-Grenzwerte sollte eine Priorisierung von noch verfügbaren Fällmitteln nach der Sensitivität des empfangenden Gewässers, im Rahmen der marktwirtschaftlichen Gegebenheiten und rechtlichen Möglichkeiten erfolgen.
  • Strommangellage in der Wasserversorgung: Grundsätzlich zeigt sich mit rd. 90 % der Einwohner:innen ohne Versorgungseinschränkungen eine gute Ausgangslage. Betriebseinschränkungen bzw. Versorgungseinschränkungen beziehen sich überwiegend auf kleinere Wasserversorger (Genossenschaften). Größere Anlagenbetreiber sind auf vorhersehbare Stromausfälle gut vorbereitet. Regional sind nur geringe Unterschiede erkennbar, wie im Blackoutfall ist der Versorgungsgrad in Salzburg und Oberösterreich am niedrigsten.
    Die Ergebnisse Strommangellage ähneln jenen bei ungeplantem Stromausfall („Blackout“), auch hier wäre die Simulation einer Stromabschaltung zur Verifizierung der Ergebnisse empfehlenswert.
  • Strommangellage in der Abwasserentsorgung: Die größten Kläranlagen (> 50.000 EW) verfügen meistens über eine NSV in Form eines BHKW und können damit die Anlage gegenüber kleineren ARA häufiger im Inselbetrieb und ohne netzabhängige Stromversorgung betreiben. Dennoch können viele dieser großen ARA im Inselbetrieb nur die Pumpwerke und die mechanische Reinigung aufrechterhalten. Darüber hinaus ist der Betrieb des Gebläses in der biologischen Stufe bei fast allen großen ARA nur eingeschränkt möglich.
    Bei einem unvorhersehbaren Stromausfall geht die Reinigungsleistung bei allen klassischen Abwasserparametern (CSB, Nges, Pges) einerseits durch nicht vorhandene NSV bei vielen ARA und andererseits durch einen meist eingeschränkten Betrieb der biologischen Stufe massiv zurück.
    Bei einer vorhersehbaren Stromausschaltung ist eine Vorbereitung der ARA auf eine inselbetriebsfähige NSV zu erwarten, wodurch die Reinigungsgleistung (dann in der Regel im Vollbetrieb) vergleichensweise besser ausfällt.

Handlungsoptionen bei der Strommangellage 

Als Vorsorge für Stromunterbrechung werden folgende Maßnahmen empfohlen:

Abwasserkanäle

  1. Es ist die oberste Priorität, das Abwasser in einem Notfall aus den Siedlungen abzuleiten. Derzeit kann in den Pumpwerken der Abwasserkanäle in 24 % der Gemeinden in Österreich keine externe NSV angeschlossen werden. Daher besteht noch ein erheblicher Bedarf an Verbesserungen und Ausarbeitung von Notfallplänen. Basierend auf den Notfallplänen müssen technische Lösungen für die Nachrüstung der Pumpwerke mit einer NVS gefunden werden.

ARA

  1. Die Handlungsoptionen richten sich vor allem an Kläranlagen ohne Notstromversorgung. Zunächst wird empfohlen, ein Notstromversorgungskonzept auszuarbeiten und zu entscheiden, welche Anlagenteile damit betrieben werden sollen bzw. welche Leistung das Aggregat haben soll. Des Weiteren ist zu entscheiden, ob ein stationäres Notstromaggregat erforderlich ist oder ob es möglich wäre, im Notfall bei den kleineren ARA ein passendes mobiles Notstromaggregat aus der Gemeinde anzuschließen.
  2. Generell wird empfohlen, zumindest die Zulaufpumpwerke und die mechanische Vorreinigung im Notfall betreiben zu können. Insbesondere für die ARA, die in Seen und schwache Vorfluter einleiten, empfiehlt sich zusätzlich auch die biologische Reinigungsstufe zumindest in einem eingeschränkten Betrieb zu betreiben. Damit soll in den Belebungsbecken eine noch funktionierende Bakterienpopulation erhalten und das Wiederanfahren des Betriebes sichergestellt werden
  3. Für die ARA, die eine NSV besitzen, aber derzeit nicht inselbetriebsfähig sind, empfiehlt sich nach Sensitivität des Vorfluters eine Nachrüstung, sodass die Anlage ohne netzabhängige Stromversorgung, bzw. im Inselbetrieb betrieben werden kann.