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Wie das Jahr 2030 am Ende wirklich aussehen wird, können wir natürlich heute noch nicht sagen, allerdings bin ich auf das interessante Tool AgoraMeter von Agora Energiewende gestoßen, welche mit ihrem Simulationsrechner einen Ausblick auf die potenziellen Stromverbräuche und -erzeugung bei 80 % EE-Strom im Netz.

Zur Erinnerung, bei der 80 % EE-Quote handelt es sich um das Ausbauziel für 2030 nach dem EEG. Das Tool von Agora berücksichtigt in seiner Prognose den angestrebten Ausbaupfad des EEG und zeigt in der dargestellten Abbildung die Ergebnisse für den Monat Oktober 2023 auf Basis der Wetterdaten.

Persönlich fand ich an den Ergebnissen sehr beeindruckend, mit welchen Leistungsspitzen und welcher Grundlast wir im Stromnetz ab 2030 zu rechnen hätten. Im Zukunftsszenario liegen die Leistungsspitzen bei ca. 170 GW und damit mehr als doppelt so hoch wie im heutigen Szenario. Bei einer EE-Quote steigt die Leistungsspitze sogar auf 200 GW an.

Auch die Grundlast ist deutlich höher und ist mit grob abgelesenen 50 GW etwa so hoch wie viele heutige Lastspitzen. Im Umkehrschluss heißt dies, die Lastspitze von heute ist die neue Grundlast und die Lastspitzen von morgen sind um einiges höher!

Genauso ist zu sehen, dass gerade die Solarerzeugungsspitzen deutlich oberhalb der Nachfrage liegen, weswegen das Thema Energiespeicher umso wichtiger wird. Inwieweit eine weitere Nachfrageflexibilisierung noch Linderung schafft, ist schwer zu beurteilen, da bereits von einer Flexibilisierung ausgegangen wurde.

Im Kern ist festzustellen, dass die Kapazität der Stromnetze in den nächsten Jahren deutlich ausgebaut werden muss, ansonsten werden wir es nicht schaffen, die neuen Kapazitäten transportieren zu können. Schon heute geraten erste Netze an ihre Grenzen, weswegen ein massiver Ausbau notwendig ist.

Damit das Netz die Herausforderung bewältigen kann, ist ein vorausschauender Ausbau (inkl. Digitalisierung) notwendig. Hierfür muss der Netzbetreiber aber über ausreichend Liquidität, Personal, Material und einen unterstützenden Regulierungsrahmen verfügen. Ein herausforderndes Spannungsviereck, was entscheiden wird, ob das Netz der Zukunft zum Ermöglicher oder zum Bottleneck der Energiewende wird.

Wenn wir also die Energiewende in der Form wollen, müssen wir der Politik klarmachen, dass die Transformation der Netze viel Zeit, Ressourcen und ja auch Finanzmittel bedarf. Hier sehe ich auch die Notwendigkeit, dass wir als Branche ein stärkeres Bewusstsein für die Herausforderung schaffen.

Anmerkung

Im Jahr 2011 wurde den Netzbetreibern in Österreich der Austausch von 95 % der Stromzähler durch Smart Meter bis 2019 vorgeschrieben. Da dieses Ziel nicht erreicht werden konnte, soll der Rollout bis Ende 2024, also 5 Jahre später als ursprünglich geplant, abgeschlossen sein.

„Mit Ende 2022 waren von den insgesamt rund 6,48 Mio. betroffenen Zählpunkten 4,43 Mio. mit einem intelligenten Messgerät ausgestattet, wovon 3,94 Mio. auch kommunikativ waren. Das entspricht einem österreichweiten Ausrollungsgrad von 68,38 % (Smart Meter gesamt) bzw. 60,89 % (Smart Meter kommunikativ). Das Ausrollungsziel von 40 % für Ende des Jahres 2022 haben 28 Verteilernetzbetreiber nicht erreicht.“ Smart MeterMonitoringbericht 2023

In Deutschland wurden bisher ca. 1 % (!) der Zähler ausgetauscht, obwohl die ursprüngliche EU-Vorgabe einen Zähleraustausch von 80 % bis 2020 vorsah!

Auf welcher Grundlage man davon ausgehen kann, dass eine Verdoppelung der gesamten elektrischen Infrastruktur, die in den letzten 100 Jahren aufgebaut wurde, innerhalb von 7 bis 15 Jahren gelingen kann, bleibt ein Rätsel. Zudem handelt es sich um einen kompletten Systemumbau, da die neuen Komponenten nicht die volle Funktionalität der alten abbilden. Gleichzeitig wird aber nur massiv einseitig in den Ausbau von Wind und insbesondere PV investiert. Es ist daher offensichtlich, dass hier ein völlig unrealistischer „Plan“ verfolgt wird. Weitere Details siehe unter: Das europäische Stromversorgungssystem im Umbruch