Masterarbeit Pinamang Yeboah an der Fachhochschule des BFI Wien GmbH, Studiengang Logistik und strategisches Management.

Die Logistik- und Transportbranche zählt zu den bedeutendsten Wirtschaftssektoren in Österreich und trägt maßgeblich zur Wertschöpfung des Landes bei. Seit den letzten Jahrzehnten versuchen Entscheidungsträger:innen der Logistikbranche, Logistikprozesse mit Hilfe der Digitalisierung zu optimieren, um die Leistung zu steigern. Diese Dynamik sowie die Verwendung von elektrisch betriebenen Geräten machen die Logistik sehr anfällig für schwerwiegende Unterbrechungen in der Lieferkette. Eine dieser Unterbrechungen könnte laut Wissenschaftler:innen eine Großstörung in der Stromversorgung sein. Diese würde zu einer Instabilität der Lieferketten und zum Ausfall von internen und externen Logistiksystemen führen. 

In diesem Kontext stellt ein Blackout, also ein großflächiger und langfristiger Strom-, Infrastruktur- und Versorgungsausfall, eine ernsthafte Bedrohung für die logistischen Prozesse dar. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, sich mit den Auswirkungen von Blackouts auf die Logistikbranche zu beschäftigen und mögliche Maßnahmen zu entwickeln, um die Folgen zu minimieren. Die vorliegende Arbeit behandelt diesen besagten Fall und legt Ihren Fokus auf die Distributionslogistik im Schienengüterverkehr.

Die Forschungsfrage lautet daher: Welches Ausmaß hat ein europaweiter Strom-, Infrastruktur- und Versorgungsausfall – der sogenannte Blackout – auf die Logistik und inwieweit können sich Logistikdienstleister frühzeitig durch ein Risikomanagement auf diese Katastrophe vorbereiten?

Die Logistik- und Transportbranche beinhaltet Transportunternehmen, Speditionen sowie KEP-Dienstleistungen. Gesamt wurden im Jahr 2021 etwa 13.100 Unternehmen im Güterbeförderungsgewerbe gezählt. Diese Branche ist ebenso ein wichtiger Arbeitgeber und bietet zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten. Laut Statista (2023) waren im Jahr 2021 rund 76.800 Mitarbeiter:innen in der Logistikbranche tätig.

Der Verkehrssektor, der sowohl den Personen- wie auch den Güterverkehr umfasst, stellt mit einem Anteil von über 30 % den bedeutendsten Energienachfragesektor in Österreich dar. Innerhalb der Lieferketten ist der Transportsektor verantwortlich für einen Energieverbrauch von 75 % bis 90 %.

Die Abhängigkeit der Logistikbranche von einem stabilen Stromnetz zu berücksichtigen. Ein plötzlicher langandauernder Stromausfall „Blackout“ könnte erhebliche Störungen in der Supply Chain verursachen und zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führen.

Maßnahmen zur Risikoverminderung

Um die Auswirkungen eines Blackouts auf die Logistik zu minimieren, ist es unerlässlich, gezielte Maßnahmen zur Risikovermeidung zu implementieren. In diesem Kontext werden im Folgenden effektive Strategien und Handlungsansätze vorgestellt, die dazu beitragen, die Resilienz der Logistikbranche für den Fall eines Blackouts zu stärken.

  • Durchführung von Übungen: Zusätzlich sollten regelmäßige praktische Übungen durchgeführt werden, um die Reaktion des Logistikbetriebs auf einen Blackout zu testen und zu optimieren. Kleinere Zwischenfälle und Unterbrechungen sind in der Lage, die Robustheit von Systemen zu stärken. Jedoch werden diese Störungen behoben, ohne die Erkenntnisse daraus zu ziehen. Dies führt dazu, dass Menschen die Fähigkeit zur Bewältigung von Störungen aufgrund mangelnder Erfahrung und Übung verlieren. Praktische Übungen, wie ein Notstromtest unter realen Bedingungen, sind unerlässlich, um Schwachstellen rechtzeitig zu erkennen. Diese realitätsnahen Szenariotrainingseinheiten tragen maßgeblich dazu bei, die Resilienz der Logistikbranche zu stärken und sie besser gegen die Auswirkungen eines Blackouts zu wappnen. ,
  • Überbrückung des Ausfalls: Hierbei geht es darum, sich gegen Stromausfälle und Spannungsabfälle auszustatten. Zum Einsatz könnten USV (Unterbrechungsfreie Stromversorgung) kommen, die eine zuverlässige Überbrückung bieten. Sie gewährleisten, dass PCs und Maschinen nicht unmittelbar ausfallen, sondern noch eine gewisse Zeit betriebsfähig bleiben. Dadurch hat das Unternehmen die Möglichkeit, die Rechner und Server bei Bedarf eigenständig herunterzufahren. Eine weitere Möglichkeit zur Sicherung der Stromversorgung sind Notstromaggregate, die Unternehmen unabhängig vom öffentlichen Stromnetz für einen bestimmten Zeitraum mit Energie versorgen können. In der Regel werden hier ein Diesel- oder Benzinmotor mit einem Generator kombiniert. Wichtig ist hier zu beachten, dass Unternehmen über einen gut ausgearbeiteten Notfallplan verfügen und diesen in regelmäßigen Abständen prüfen müssen. Denn wenn dem Aggregat der Treibstoff ausgeht, was bei voller Ladung nach vier Tagen der Fall ist, wird die Stromversorgung unterbrochen. Zudem sollte für die mechanische Belüftung, ausreichend Schmiermittel vorhanden sein und für den möglichen Ausfall dieser Systeme ebenfalls vorgesorgt werden.
  • Der rechtliche Schutz: Neben den wirtschaftlichen Auswirkungen, müssen auch die rechtlichen Konsequenzen in Betracht gezogen werden. Die WKO Salzburg (o.J.) empfiehlt, die rechtlichen Risiken durch Maßnahmen wie die Anpassung an AGBs, Versicherungen und Vertragsbedingungen zu sichern. Besonders im Kontext von Vertragsbeziehungen ist es wichtig, ob ein Blackout als höhere Gewalt eingestuft werden kann. In diesem Fall können Verträge besondere Regelungen zur Risikoverteilung enthalten, die die Belastung mindern. In Österreich bedeutet der Begriff „höhere Gewalt“ im Zusammenhang mit Katastrophen und Krisen ein von außen einwirkendes elementares Ereignis, das auch bei größter Sorgfalt nicht zu verhindern war und so außergewöhnlich ist, dass es nicht als typische Betriebsrisiko angesehen werden kann. Gemäß dieser Definition wird ein Blackout in der Regel als höhere Gewalt eingestuft werden. Weiters empfiehlt die WKO, die potenziellen Auswirkungen eines Blackouts gezielt in den verschiedenen vertraglichen Abmachungen der Geschäftsbeziehungen zu berücksichtigen, um die rechtliche Sicherheit zu erhöhen. Diese Vereinbarungen sollten mit Dienstleister, Kund:innen und Lieferant:innen geklärt werden, um sich gegen die Risiken, die durch eine Großstörung entstehen können, wie beispielsweise Lieferengpässe etc. abzusichern. Zusätzlich sollte eine allgemeine Bedingung für die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs vorgesehen werden, dass die notwendige Infrastruktur wieder voll funktionsfähig ist.
  • Versicherungen: Die Elementar- und Betriebsunterbrechungsversicherung stellt eine weitere wichtige Maßnahme zur Risikominderung dar. Diese Art der Versicherung bietet Schutz vor den finanziellen Folgen von unvorhergesehenen Naturereignissen und anderen Elementarschäden. Sie deckt sowohl die direkten Schäden an Gebäuden und Inventar als auch die finanziellen Verluste, die aufgrund von Betriebsunterbrechungen entstehen können.260 Versicherungen im Allgemeinen sind daher ein entscheidendes Instrument zur Absicherung gegen unvorhersehbare Risiken, die erhebliche finanzielle Auswirkungen auf ein Unternehmen haben können. Sie bieten eine finanzielle Sicherheit und ermöglichen es dem Unternehmen, sich schneller zu erholen und den Geschäftsbetrieb wieder aufzunehmen. [Anmerkung: Versicherungen steigen in einem solchen Fall („höhere Gewalt“) ebenfalls aus der Leistungserbringung aus! Daher ist dies für die Blackout-Vorsorge in der Regel keine Option!]

Die Umsetzung dieser präventiven Maßnahmen wird sich auch im Fall eines Blackouts positiv auswirken. Insbesondere wird die dritte Phase, das Wiederhochfahren des Betriebs für Logistiker erleichtert. Ein gut strukturiertes Risikomanagement ermöglicht, den Wiederanlaufprozess effizient zu starten und somit die Auswirkungen dieser Katastrophe zu minimieren.

Auswirkungen auf die Logistik

Bei einem Blackout kann man davon ausgehen, dass alle logistischen Prozesse vorübergehend stillstehen. Diese Feststellung verdeutlicht nochmal die enorme Abhängigkeit der modernen Logistik von einer zuverlässigen Stromversorgung. Besonders betroffen wird die Tiefkühllogistik sein. Der Blackout führt zu einer Unterbrechung der Tiefkühlkette und die Ware wird unbrauchbar. Ebenso wird die Frischwarenlogistik erheblich beeinträchtigt, was zu hohen wirtschaftlichen Schäden führen kann. Auch die ÖBB, welche im Güter- und Personentransport tätig sind, wird den Zugverkehr im gesamten Land einstellen müssen. Auch die firmeneigenen Kraftwerke und eigener Strombezug werden in solchen Fällen nicht ausreichen. Aber nicht nur der Gütertransport am Boden wird eingestellt, sondern auch der Luftverkehr. Jedes Flugzeug wird gebeten, den nächsten Flughafen anzusteuern. Diese Information zeigt, dass nicht nur lokale, sondern auch überregionale Transportwege betroffen sind. Der Ausfall des Zugverkehrs kann erhebliche Auswirkungen auf die Mobilität und den Warentransport haben, was wiederum die Logistikbranche vor große Herausforderungen stellt.

Notfallpläne (BCM und BIA)

Im Business Continuity Plan sowie in der Business Impact Analyse sind essentielle Elemente zu definieren und zu behandeln. Es ist äußerst relevant, sämtliche Maßnahmen und Pläne frühzeitig mit Mitarbeiter:innen zu kommunizieren. In einem Logistikbetrieb müssen insbesondere LKW-Fahrer:innen über das richtige Vorgehen informiert werden, falls der Blackout während der Fahrt eintritt. Die Etablierung klar definierter Prozesse ist unerlässlich, um einen geordneten Stillstand oder Wiederanlauf des Betriebs zu gewährleisten. Auch andere Angestellte, sei es im Betrieb oder jene, die sich zum Zeitpunkt des Blackouts zu Hause befinden, müssen im Vorfeld über ihre spezifischen Aufgaben informiert sein. Neben der Ernennung von Schlüsselkräften in den Plänen ist die Etablierung eines Krisenstabs mit detaillierten Aufgabenbeschreibungen von Bedeutung. Beide Notfallpläne sollten durchgängig offen, klar und transparent gestaltet sein. Weiterhin sollten die Pläne festlegen, welche Maßnahmen bereits im Vorfeld ergriffen werden können, um das potenzielle Schadensausmaß zu minimieren. Es empfiehlt sich, die Maßnahmen schriftlich zu dokumentieren und in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Hierbei sollten insbesondere eine klare Kommunikationsstrategie mit Mitarbeiter:innen und Kunden, die Identifikation der Anlagen, die mittels Notstrom weiterbetrieben werden, eingeplant werden. Eine sinnvolle Maßnahme ist zudem die Einteilung der Mitarbeiter:innen in Funktionsgruppen, denen jeweils eigene Maßnahmenblätter ausgehändigt werden. Generell sollten wichtige Informationen, wie der Sammelplatz berücksichtigt werden. Es ist zu beachten, dass eine vollständige Vorbereitung auf einen Blackout zu etwa 70 % möglich ist, während etwa 30 % der Situation ungewiss bleiben. Selbst ein Notfallplan kann nicht alle Eventualitäten abdecken. Daher sind kontinuierliche Anpassungen und Verbesserungen der Maßnahmen von entscheidender Bedeutung.

Weitere Maßnahmen

Es ist ratsam, Mitarbeiter:innen aktiv dazu zu ermutigen, auch zu Hause Vorsorge zu betreiben. Des Weiteren ist die Sicherstellung ausreichender Lagerbestände von großer Bedeutung, um mindestens eine Woche ohne externe Zulieferungen überstehen zu können. Der Verbund beispielsweise operiert über ein eigenes Datennetz, welches den Austausch von Prozessdaten, Kommunikation und E-Mail-Korrespondenz ermöglichen und somit die Handlungsfähigkeit an den verschiedenen Standorten aufrechterhält. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Notstromaggregate in den Lagern unumgänglich sind, um die betrieblichen Abläufe zu gewährleisten. Die Frage, wie viele Betriebe über derartige Einrichtungen verfügen, ist unklar und wird maßgeblich durch nicht vorhandene gesetzliche Bestimmungen sowie die Problematik vom Treibstoff beeinflusst.

Eine weitere Maßnahme ist es, seinen eigenen Strom mittels firmeneigener Kraftwerke zu produzieren, wie die Österreichische Bundesbahn es macht. Etwa ein Drittel des benötigten Stroms wird zugekauft, ein weiteres Drittel intern erzeugt, während das verbleibende Drittel transformiert wird. Mit diesem Strom kann die ÖBB zwar nicht den Zugverkehr aufrechterhalten, aber sie können mit dem Bahnstrom die Züge in die Haltestellen fahren, sodass kein Zug in Tunneln oder auf der Strecke stehen bleibt. Darüber hinaus wird dieser Strom genutzt, um die Kundschaft im Zug mit Wärme im Winter oder Kühlung im Sommer zu versorgen. Ein Fokus auf das Wohl der Mitarbeiter:innen sowie die Sicherung der Anlagen, um potenziellen Plünderungen entgegenzuwirken, runden die umfassende Strategie zur Bewältigung eines Blackouts ab.

Schlussfolgerungen

Selbst nach der Wiederherstellung der Stromversorgung würde es erhebliche Zeit in Anspruch nehmen, bis alle logistischen Abläufe wieder der Norm entsprechend funktionieren. Daher ist es wichtig, vorab Pläne zu erstellen, um die Zeit während des Blackouts zu überbrücken und die Wiederhochfahrphase effizienter zu gestalten.

Die vorliegende Arbeit verdeutlicht daher die Notwendigkeit eines frühzeitigen Risikomanagements, um sich auf eine solche Katastrophe vorzubereiten. Dabei spielen Instrumente wie das Business Continuity Management (BCM) und die Business Impact Analysis (BIA) eine entscheidende Rolle, in dem sie einen systematischen Ansatz bieten, um die Auswirkungen eines Blackouts zu minimieren.

Handlungsbedarf

Angesichts der Forschungsfrage zu den Auswirkungen eines europaweiten Strom-, Infrastruktur- und Versorgungsausfall auf die Logistikbranche und der Möglichkeit für Logistikdienstleister, sich durch frühzeitiges Risikomanagement darauf vorzubereiten, besteht dringender Handlungsbedarf. Vor allem sind eingehende Studien und Analysen erforderlich, um die potenziellen Schäden und die möglichen langfristigen Auswirkungen eines solchen Szenarios aufzuzeigen und zu quantifizieren.

Darüber hinaus ist die Entwicklung und Implementierung spezifischer Notfallpläne und Kontinuitätsstrategien, welche proaktive Schritte für verschiedene Blackout-Phasen beschreiben, von elementarer Bedeutung. Dies muss klare interne und externe Kommunikationsstrategien sowie Identifikation kritischer Prozesse beinhalten. Eine Infrastrukturprüfung wird vorgeschlagen, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stromausfällen zu optimieren. Schulungen und die Sensibilisierung der Mitarbeiter:innen werden als wesentliche Elemente zur Vorbereitung auf diese Krise betrachtet.

Es wird empfohlen, das BCM und die BIA im Risikomanagementprozess zu implementieren. Regelmäßige Tests und Übungen dienen der Kontrolle der Effektivität der BCM-Pläne. Hierbei sollte der Schwerpunkt auf die kontinuierliche Verbesserung und Zusammenarbeit mit externen Stakeholdern liegen, um die Resilienz der gesamten Lieferkette zu stärken.

Zudem soll die Anschaffung von alternativen Stromerzeugern, wie Notstromaggregate für die Aufrechterhaltung von kritischen Geschäftsprozessen, plädiert und gefördert werden. Für die Transportbranche empfiehlt es sich, die Fahrzeugflotte stets mit einem vollen Kraftstoffvorrat auszustatten, um essentielle Lieferungen durchzuführen bzw. abschließen zu können.

Grundsätzlich besteht Handlungsbedarf in den Aufklärungsmaßnahmen der einzelnen österreichischen Bundesländer, insbesondere im Kontext von Unternehmen. Die einzelnen Maßnahmen müssen hierbei sensibilisiert werden, um die resiliente Gestaltung der gesellschaftlichen und unternehmerischen Strukturen zu fördern.

Conclusio

Die Unterbrechung der Kühlkette hätte zur Folge, dass Waren verderben oder unbrauchbar werden. Ebenso könnte der Ausfall von Sicherheitssystemen in Lagerhäusern und Transporteinrichtungen das Risiko von Diebstahl und Vandalismus erhöhen. Die fehlende Funktionalität von Kommunikationssystemen würde die Koordination zwischen den verschiedenen Akteuren in der Logistikkette erheblich erschweren, was zu fehlerhaften Abläufen führen wird. Insbesondere Just-in-TimeLieferketten, die stark von einer präzisen Ablaufplanung abhängen, werden erheblich beeinträchtigt. All diese Auswirkungen führen zu beträchtlichen wirtschaftlichen Folgen für jedes Unternehmen und damit die ganze Volkswirtschaft.