Das Buch „Die Meinung der anderen: Wie sie unser Denken und Handeln bestimmt – und wie wir sie beeinflussen“ von Sharot Tali bietet wieder einige sehr interessante Denkanregungen!

Hier einige Zitate

Wir haben Anreize, Gefühle, Kontexte und soziale Umgebungen systematisch manipuliert und dann unseren Probanden ins Gehirn geschaut, ihre körperlichen Reaktionen aufgezeichnet und ihr Verhalten dokumentiert. Es hat sich gezeigt, dass so manche Strategie, von der die meisten glauben, dass sie andere dazu bringt, ihr Denken und Handeln zu verändern, nicht funktioniert. Mein Anliegen mit diesem Buch ist es, die systematischen Fehler aufzuzeigen, die wir machen, wenn wir versuchen, Menschen zum Umdenken zu bewegen, und zu klären, was in jenen Fällen passiert, in denen es uns gelingt.

Wie ich in diesem Buch ausführen werde, ist das Erzeugen von Angst oftmals kein sonderlich geeignetes Mittel, jemanden auf seine Seite zu ziehen ; tatsächlich ist es in den meisten Fällen weit wirksamer, Hoffnungen zu wecken. Unter zwei Bedingungen wirken Ängste allerdings sehr gut: wenn das, was Sie zu erreichen versuchen, Untätigkeit ist und wenn derjenige, den Sie vor sich haben, bereits von Angst ergriffen ist.

Eine Untersuchung der Harvard University kam zu dem Schluss, dass Menschen sogar bereit sind, auf Geld zu verzichten, um anderen ihre Meinung zu übermitteln.

Eine Untersuchung mit bildgebenden Verfahren zeigte, dass das Belohnungszentrum im Gehirn stark aktiviert wird, sobald Menschen Gelegenheit bekommen, die Perlen ihrer Weisheit mit anderen zu teilen.

Wir werden von einer Welle des Wohlbehagens erfasst, wenn wir unsere Gedanken teilen, und das bringt uns dazu zu kommunizieren. Es ist ein eleganter Schachzug des menschlichen Gehirns, denn es sorgt dafür, dass Wissen, Erfahrungen und Ideen nicht mit demjenigen zu Grabe getragen werden, der sie als Erster hatte, und dass wir als Gesellschaft von den geistigen Erzeugnissen vieler profitieren.

Wenn wir versuchen, Einfluss zu nehmen, haben wir zuallererst uns selbst im Blick.

Aber natürlich wollen wir das Verhalten und die Überzeugungen desjenigen beeinflussen, den wir vor uns haben. Dazu müssen wir verstehen, was in seinem Kopf vor sich geht, und uns an dem Funktionieren seines Gehirns orientieren.

Menschen sind aber nicht so gemacht, dass sie auf Informationen leidenschaftslos reagieren. Zahlen und Statistiken sind nötig und wunderbar, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, aber sie reichen nicht aus, um Überzeugungen zu ändern, und sind so gut wie nutzlos, wenn es darum geht, zum Handeln anzuspornen.

Viele dieser Automatismen – angefangen bei dem Versuch, Menschen durch Angstmacherei zum Handeln zu bewegen, über das sture Beharren darauf, dass der andere Unrecht hat, bis hin zu dem Versuch, die Kontrolle an sich zu reißen – vertragen sich nicht damit, wie unser Verstand arbeitet.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass der beste Garant für eine langlebige Ehe weder Leidenschaft noch Freundschaft sind, sondern Ähnlichkeiten. Entgegen jener landläufigen Redensart ziehen sich Gegensätze nämlich keineswegs an – beziehungsweise hören irgendwann auf, es zu tun.

In Umfragen nennen die meisten Menschen auf die Frage, welches für sie der ideale Ort sei, um zu leben, arbeiten, Kinder großzuziehen und sich zur Ruhe zu setzen, ihr Heimatland. Nur dreizehn Prozent der Erwachsenen weltweit sind dazu bereit, ihr Land auf Dauer zu verlassen.

Wenn Ihre Erinnerung Sie nicht täuscht, sind Sie vermutlich zu der Erkenntnis gelangt, dass Fakten und Logik leider Gottes nicht die wirksamsten Mittel sind, wenn es darum geht, an Meinungen zu rütteln. Im Streitfall liegen unsere Instinkte daneben.

Ihr Gehirn ist wie das der meisten anderen Menschen darauf programmiert, an Informationen Vergnügen zu finden. Das macht unser gegenwärtiges digitales Zeitalter zu einem permanenten Freudenfest für Ihren Geist.

Sie können sich demnach meine Bestürzung vorstellen, als mir klar wurde, dass all diese Zahlen aus den vielen Experimenten und Beobachtungen darauf hindeuteten, dass Menschen in Wirklichkeit weder durch Tatsachen noch durch Zahlen oder Daten zu motivieren sind. Menschen sind nun weder dumm noch von lächerlicher Sturheit. Vielmehr ist die Verfügbarkeit großer Datenmengen, analytischer Werkzeuge und leistungsstarker Computer eine Erscheinung der letzten Jahrzehnte, während die Gehirne, die wir zu beeinflussen versuchen, das Produkt von Jahrmillionen sind.

Auf allen möglichen Gebieten kann ein Mehr an Information Polarisierung fördern.

Wieder stellten wir fest, dass die Probanden ihre Meinung nur dann änderten, wenn die erhaltene Information mit ihrer ursprünglichen Weltsicht übereinstimmte.

Wenn Sie jemanden mit neuen Daten versorgen, wird er alle Belege bereitwillig übernehmen, die seine vorgefasste Meinung bestätigen, Gegenbeweise hingegen kritisch beäugen (man bezeichnet das als Überzeugungs-Bias). Da wir sehr häufig widersprüchlichen Informationen und Meinungen ausgesetzt sind, führt diese Tendenz zu einer Polarisierung, die mit der Zeit immer stärker wird, je mehr Informationen wir erhalten. Indem man Menschen mit Informationen konfrontiert, die ihrer Meinung widersprechen, kann man sie sogar dazu veranlassen, sich völlig neue Gegenargumente zurechtzulegen, um ihre ursprüngliche Haltung zusätzlich zu bestärken – in der Psychologie wird das als »Bumerang-Effekt« bezeichnet

Nach Daten zu suchen und diese auf eine Weise zu interpretieren, die die eigene vorgefasste Meinung festigt, wird in der Psychologie als »Bestätigungsfehler« bezeichnet. Er gehört zu den stärksten Befangenheiten des Menschen.

Wenn Sie sich selbst als hochanalytisches Wesen betrachten – als jemanden mit einer außerordentlich gut entwickelten Fähigkeit im Umgang mit Zahlen, der logisch zu argumentieren vermag –, dann gratulieren Sie sich. Menschen mit höher entwickeltem analytischen Denken verdrehen Daten mit größerer Wahrscheinlichkeit als Menschen, die im logischen Schlussfolgern weniger geübt sind.

Diejenigen, die besonders gut mit Zahlen umgehen konnten – die »analytisch Begabten« –, lagen bei der Beurteilung der Frage, ob eine verschärfte Waffenkontrolle die Verbrechenshäufigkeit verringern würde, am weitesten daneben. Diese Beobachtungen entlarven die Vorstellung, dass voreingenommenes Schlussfolgern nur Menschen eigen ist, die über keine übermäßig hohe Intelligenz verfügen. Im Gegenteil: Je umfangreicher Ihre kognitiven Fähigkeiten, desto größer ist Ihre Fähigkeit, Informationen nach Belieben auszulegen, zu begründen und Daten so zu drehen, dass sie Ihren Ansichten entsprechen. Es entbehrt nicht der Ironie, dass Menschen ihre Intelligenz nicht dazu nutzen, genauere Schlussfolgerungen zu ziehen, sondern dazu, Unzulänglichkeiten an Daten zu entdecken, die ihnen nicht passen. Und eben deshalb ist unser Drang, Zahlen und Fakten zu bemühen, die unsere Sicht der Dinge untermauern und die der anderen erschüttern, unter Umständen nicht der optimale Ansatz, wenn wir uns mit anderen auseinandersetzen. Selbst wenn Ihr Gegenüber hochintelligent ist, werden Sie womöglich Schwierigkeiten haben, seine Überzeugung mit Gegenbeweisen ins Wanken zu bringen.

Manche Wissenschaftler vertreten die Ansicht, dass das menschliche Gehirn im Verlauf seiner Evolution die Fähigkeit zur logischen Argumentation nicht dazu entwickelte, die Wahrheit aufzudecken, sondern dazu, andere davon überzeugen zu können, dass wir richtig liegen. Sie glauben, dass wir das, was wir vor Augen haben, grundsätzlich auf eine Weise bewerten, die uns hilft, die eigenen Ansichten wirksamer zu vertreten. Wenn wir unsere Sache besser vertreten, so die Überlegung, werden wir mit größerer Wahrscheinlichkeit unseren Willen bekommen.

In der Realität sind die überzeugendsten Personen in vielen Fällen diejenigen, die am aufgeschlossensten sind.

Im Großen und Ganzen betrachtet ist es nämlich so, dass, wenn Ihnen eine Information unterkommt, die dem, was Sie über die Welt wissen, komplett widerspricht, dieses Stück Information tatsächlich falsch ist.

Die Nebenwirkung des Ganzen ist allerdings, dass festgefügten Ansichten schwer beizukommen ist – auch dann, wenn sie falsch sind.

Wir unterwerfen uns Trends und ahmen andere nach – und das oftmals unbewusst (später gehe ich auch auf unseren starken Trieb zum sozialen Lernen ein).

Auf der anderen Seite zeigt sich, dass es sehr schwer ist, Menschen dazu zu bringen, eine neue Entscheidung oder Meinung zu übernehmen, wenn sie sich einmal auf eine festgelegt haben. Angesichts vorgefasster Überzeugungen und Meinungen kann es passieren, dass soziale Einflüsse ins Leere laufen.

Menschen messen Informationen, die ihre zurückliegenden Entscheidungen stützen, mehr Gewicht bei als solchen, die diese untergraben.

Quer durch alle Lebensbereiche verwerfen Menschen Informationen, die vorangegangenen Entscheidungen zuwiderlaufen – sogar wenn es teuer wird.

Sie stellten fest, dass das Gehirn der Teilnehmer bei Informationen, die sich nicht mit zuvor getroffenen Entscheidungen vereinbaren ließen, – metaphorisch gesprochen – »abschaltet«. Wenn der Teilnehmer sich beispielsweise für ein Wertpapier entschieden hatte und später feststellte, dass es ihm eine geringe Dividende einbrachte, wurden die Verarbeitungsprozesse des Gehirns heruntergefahren. Bestätigten hingegen die präsentierten Zahlen die zurückliegende Entscheidung, ließ sich in einem ausgedehnten Netz von Regionen eine gesteigerte Aktivität beobachten.

Das Gehirn eines Menschen ist ausgesprochen empfänglich für Informationen, die auf die Erkenntnis folgen, dass jemand anders eine ähnliche Entscheidung getroffen hat. Bei Informationen hingegen, denen die Erkenntnis vorangegangen war, dass jemand anders entschieden hatte, zeigte sich ein deutlich herabgesetztes Verarbeitungsmuster.

Diese Studie jedoch zeigt uns, dass wir in Fällen, in denen wir uns bereits einer Überzeugung angeschlossen oder eine Handlung begangen haben, Beweise ignorieren, die uns ahnen lassen, dass wir falschliegen könnten. Wir interpretieren die entsprechenden Daten einfach als unzuverlässig. Und wenn wir die neue Beweislage als ungültig erachten, machen wir uns unter Umständen nicht einmal die Mühe, sie genauer in Augenschein zu nehmen.

Statt zu versuchen, eine fest verwurzelte Überzeugung ins Wanken zu bringen, verlegten sie sich darauf, eine ganz neue in den Köpfen ihrer Probanden zu verankern.

Der Versuch, diese Wahrnehmung zu ändern, erzeugt nur vermehrten Widerstand.

Sich darauf zu konzentrieren, was beiden Lagern gemeinsam war, statt auf das, worüber Uneinigkeit herrschte, machte Veränderung möglich.

Wenn einer tief verwurzelten Überzeugung schwer beizukommen ist, kann das Säen einer neuen die Antwort bringen.

Wenn wir ein starkes Motiv haben, etwas für wahr zu halten, wird auch der handfesteste Beweis des Gegenteils bei uns auf taube Ohren stoßen.

Um erfolgreich Veränderungen anzustoßen, müssen wir uns daher bemühen, gemeinsame Motive zu finden.

Mitreißende Reden können mehr als die Aufmerksamkeit der Zuhörer fesseln – eine für sich genommen bereits verdienstvolle Eigenschaft. Sie provozieren darüber hinaus bei allen Zuhörern ähnliche Reaktionen – ungeachtet der Persönlichkeit und des Erfahrungsschatzes der Betreffenden.

Überraschung und Euphorie hervorrufen, sieht das Gehirn eines Menschen ziemlich genauso aus wie das eines anderen. Emotionen »kapern« einen großen Teil des menschlichen Gehirns und tun das auf sehr gleichförmige Weise.

Beide lösten bei ihrem Publikum Emotionen aus. In Reaktion darauf verstärkte sich die neuronale Synchronisation unter den Zuhörern und machte deren Erfahrung und Wahrnehmung einander ähnlicher.

Ideen miteinander zu teilen, erfordert meistens Zeit und Anstrengung. Emotionen hingegen lassen sich auf der Stelle und ohne Aufwand weitergeben.

Unsere Gehirne sind so angelegt, dass sie einander Emotionen rasch übermitteln können, denn Gefühle transportieren sehr häufig wichtige Informationen über unsere Umgebung. Registriere ich beispielsweise Ihre Angst, verspüre ich wahrscheinlich auch Angst und überprüfe folglich meine Umgebung auf Gefahren. Das kann meine Rettung sein, denn wenn Sie sich fürchten, besteht eine reelle Möglichkeit, dass es in unserer Nähe etwas gibt, vor dem ich mich ebenfalls fürchten sollte. Und wenn ich bei Ihnen Begeisterung wahrnehme, packt sie auch mich, was mich veranlasst, meine Umgebung nach Lohnendem abzusuchen. Das ist eine gute Strategie, denn wenn Sie begeistert sind, stehen die Chancen gut, dass es etwas gibt, das mich ebenfalls begeistern sollte. Das alles geschieht sehr rasch, bevor wir auch nur den Hauch einer Chance haben, darüber nachzudenken.

Im Vergleich zum einfachen Surfen im Netz erhöht das Hin und Her von Twitter – Nachrichten die erregungsassoziierte Gehirnaktivität um 75 Prozent. Das einfache Lesen der eigenen Nachrichten erhöht die emotionale Erregung um 65 Prozent.

Stimmung beeinflusst nicht nur Stimmung, sondern auch Verhalten. Die Gruppen, in denen der Schauspieler vorgab, glücklich zu sein, schnitten besser ab, kooperierten bereitwilliger und neigten weniger zu Konflikten. Gruppen, in denen sich der Schauspielschüler übellaunig gab, schnitten bei der gestellten Aufgabe weit schlechter ab. Es ist also wichtig, daran zu denken, dass wir anderer Leute Emotionen allein dadurch verändern, dass wir selbst welche haben. Genauso können die Emotionen anderer Leute unseren Gemütszustand verändern – wir synchronisieren uns ständig miteinander und mit allen um uns herum.

Eines der wirksamsten Mittel, Gedanken effizient zu teilen, führt über das Gefühl. Emotionen sind besonders ansteckend. Wenn wir unseren eigenen Gefühlen Ausdruck verleihen, formen wir den Gemütszustand anderer Menschen mit und machen es dadurch wahrscheinlicher, dass unser Gegenüber unseren Standpunkt übernimmt.

»Angestellte müssen sich die Hände waschen!«: Sie stellten fest, dass sage und schreibe 62 Prozent der Angestellten sich nicht die Hände wuschen. Das ist ein ernstes Problem. Jedes Jahr müssen allein in den Vereinigten Staaten sechzigtausend Menschen nach einer Mahlzeit in einem Restaurant oder bei einem Imbiss wegen einer nahrungsmittelbedingten Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden, die sich mit verbesserter Hygiene hätte verhindern lassen.

Klinikpersonal wird immer wieder auf den Ernst der Situation aufmerksam gemacht, und neben jedem Spender mit Desinfektionsmittel hängen mahnende Schilder. Unglücklicherweise liegt die Zahl derer, die sich an die Vorschriften halten (die sogenannte Compliance-Rate), in Ihrem Ärztehaus im Viertel nicht wesentlich über der in Ihrem McDonald’s um die Ecke. Durchschnittlich werden entsprechende Regeln in medizinischen Einrichtungen nur von 38,7 Prozent der Beschäftigten eingehalten, das liegt nur unwesentlich über der Rate, die man von Restaurants kennt.

Es war keine klammheimliche Überwachung, vielmehr war die Belegschaft sehr wohl darüber informiert, dass sie beobachtet wurde. Schockierenderweise hielt sich, obwohl jeder wusste, dass er gefilmt wurde, nur einer von zehn Beschäftigten an die Vorschriften für das Händewaschen. Offenbar war Überwachung allein nicht genug.

Die Forscher versahen jedes Zimmer mit einer elektronischen Tafel, die dem Beschäftigten unmittelbar Rückmeldung gab und ihn wissen ließ, wie gut oder schlecht er sich gerade geschlagen hatte. Jedes Mal, wenn ein Arzt, eine Schwester oder jemand anderes sich die Hände ordnungsgemäß wusch, schlug sich das auf der Tafel als Plus nieder, andernfalls gab es ein Minus. Die Zahlen zeigten an, wie gut die gerade diensthabende Schicht abschnitt, welcher Prozentsatz an Mitarbeitern sich die Hände wusch und wie der Wochenwert aussah. Was daraufhin geschah? Die Erfüllungsquote schnellte auf fast neunzig Prozent.

Abb. 1 Handhygiene auf einer Intensivstation: Motivation des medizinischen Fachpersonals durch positives Feedback statt durch Mahnungen. Die Erfüllungsquote lag anfänglich bei zehn Prozent und schnellte unmittelbar nach Einführung der elektronischen Feedbackanzeige auf fast neunzig Prozent.

In der zweiten Abteilung desinfizierte sich vor der Installation der elektronischen Anzeigetafel einer von drei Angestellten die Hände, ein Wert, der um einiges näher am nationalen Durchschnitt lag. Dann wurde die Feedbacktafel installiert und – zack! – die Erfüllungsquote stieg wiederum auf über neunzig Prozent.

Leid und Freude. Sie alleine legen uns nahe, was wir tun sollen, und sie alleine bestimmen, was wir dann wirklich tun. An ihrem Thron sind die Normen für Recht und Unrecht ebenso festgemacht wie die Kette von Ursachen und Wirkungen. Sie beherrschen in umfassender Weise unser Tun, unser Reden und Denken.«

Freude, eine positive Emotion, lässt sich durch zahlreiche Anreize und Ereignisse erzeugen: mit materieller Belohnung, Zuwendung, Anerkennung, Bewunderung, Hoffnung – nach diesen Erfahrungen verlangt es uns ständig aufs Neue. Hingegen versuchen wir, physischem und emotionalem Leid aus dem Weg zu gehen, Krankheit und Tyrannei zu entrinnen, wollen keinen unserer Liebsten verlieren und auch nichts von dem, was wir besitzen.

Es verwundert daher nicht, dass wir, wenn wir andere zum Handeln bewegen möchten, gerne mit Belohnungen winken (Sie können sich das als materielles oder emotionales »Zuckerbrot« vorstellen) oder vor einem Verlust warnen (das wiederum können Sie sich als materielle oder emotionale »Peitsche« vorstellen).

Jedes Mal, wenn einer der Belegschaft sich die Hände wusch, gab es ein Plus auf der Anzeige, während zugleich ein positiver individueller Kommentar erschien – »Sie machen das sehr gut!« Die Vorwegnahme des dumpf-wohligen Gefühls, das sich bei solchem unmittelbaren positiven Feedback einstellt, veranlasste die Angestellten, etwas zu tun, was sie sonst nicht getan hätten (sich die Hände zu desinfizieren), und nach einiger Zeit war es ihnen zur Gewohnheit geworden. Studien haben gezeigt, dass ein augenblickliches positives Feedback nicht für immer gegeben werden muss, damit die Menschen das gewünschte Verhalten fortführen. Auch wenn das Lob aufhört, halten die Leute in vielen Fällen eine beträchtliche Zeitspanne an der eingeführten Handlung fest, einfach, weil sie sich inzwischen in ihr Verhaltensrepertoire eingegraben hat.

Man sollte doch annehmen, dass die Gefahr, Krankheiten zu übertragen, sich selbst und andere zu infizieren, ein hinreichend starkes Motiv ist, jemanden zum Handeln zu bringen. Genau diese Logik veranlasst uns ja oft dazu, anderer Leute Verhalten durch Angstmachen beeinflussen zu wollen. Gleichwohl motiviert völlig folgenloses positives Feedback sehr viel stärker zum Handeln als Warnungen oder Drohungen.

Geht es darum, jemanden zum Handeln zu bewegen, ist unmittelbare Belohnung unter Umständen sehr viel effizienter als eine in Aussicht gestellte Bestrafung in ferner Zukunft.

Das Gesetz von Annäherung und Vermeidung besagt, dass wir auf Menschen, Dinge und Ereignisse zugehen, von denen wir glauben, dass sie uns guttun, und solche meiden, die uns Schaden zufügen können. Mit anderen Worten: Wir tun Dinge, die uns einem Stück Kirschkuchen, einem Geliebten oder einer Beförderung näher bringen, und halten uns von Allergenen, einer unguten Beziehung oder einem zum Scheitern verdammten Projekt fern. Wir bewegen uns Richtung Freud und weg vom Leid.

Wir sind biologisch so gestrickt, dass uns die Erwartung guter Aussichten zum Handeln treibt.

Das menschliche Gehirn ist so gebaut, dass es aktives Handeln mit Belohnung assoziiert und nicht mit Schadensvermeidung,

Wir neigen eher zum Handeln, wenn wir etwas Gutes erwarten als, wenn wir etwas Schlimmes befürchten müssen.

Als ihr Mann dann eines Abends von einem seiner mehr als seltenen Besuche im Fitnessraum nach Hause kam, machte sie ihm ein Kompliment über seine straffen Muskeln. Am nächsten Tag ging er wieder hin. Solange sie ihn seiner zunehmenden Attraktivität halber lobte, ging er brav regelmäßig ins Fitnessstudio. Eine minimale Änderung in Cherrys Feedbackstrategie – weg von dem Aufzählen möglicherweise fataler Konsequenzen auf lange Sicht hin zur Betonung der unmittelbar sichtbaren positiven Folgen – hatte das Wunder vollbracht.

Sie stellten fest, dass Seiten, auf denen die Fotos positive Gefühle hervorriefen, vor allem solche, die lächelnde Personen abbildeten, mit größerer Wahrscheinlichkeit gefördert wurden als solche, die mit negativen Bildern arbeiteten.

Je unsicherer sich die Zukunft darstellt, desto weniger leicht verzichten wir zugunsten einer künftigen Glücksverheißung auf die sofortige Belohnung hier und jetzt.

Leider besteht die Schwierigkeit bei dem Ansatz, das Handeln von Menschen zu verändern, indem man sie vor der Ausbreitung von Krankheiten oder dem Verlust ihres Geldes, vor Gewichtszunahme, Versagen in der Schule oder der Erderwärmung warnt, darin, dass stets eine beträchtliche Unsicherheit im Blick auf die Zukunft besteht.

Es ist schwer, Menschen dazu zu bringen, für etwas zu arbeiten, das geschehen kann oder eben nicht. Es fällt uns allzu leicht, künftiges Unheil zu ignorieren und uns einzureden, dass schon alles glattgehen werde, selbst wenn wir an unseren schlechten Gewohnheiten festhalten. Genau deshalb ist die Drohung mit großem, in ferner Zukunft zu erwartendem Schaden unter Umständen weniger wirkungsvoll als ein winziger, aber unmittelbarer und sicherer Lohn.

Während Warnungen und Drohungen (wie »Angestellte müssen sich die Hände waschen«) den Menschen das Gefühl nehmen, Kontrolle über ihr Leben zu haben, wird dieses Gefühl verstärkt, wenn man ihnen sagt, was zu tun ist, um eine Belohnung zu kassieren.

Wir fürchten Dinge, die uns mit großer Wahrscheinlichkeit nichts tun werden – Spinnen, Schlangen und Höhen.

Tatsächlich sterben jährlich nur tausend Menschen bei Flugzeugabstürzen (das entspricht einem Risiko von eins zu elf Millionen, dass Sie einem Flugzeugabsturz zum Opfer fallen werden), bei Unfällen auf unseren Straßen hingegen liegt die Zahl der Todesopfer weltweit bei 1,24 Millionen (das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von eins zu 5000, bei einem Autounfall zu sterben).

Die ein bisschen widersinnig anmutende Botschaft lautet, dass Sie, um das Handeln anderer zu beeinflussen, diesen das Gefühl geben müssen, die Kontrolle zu besitzen. Nehmen Sie den Betreffenden das Gefühl, die Dinge in der Hand zu haben, bekommen Sie Ärger, ernten Frust und Widerstand. Vermitteln Sie ihnen hingegen das Gefühl, Einfluss auf ihre Welt zu haben, verstärken Sie deren Motivation und Bereitschaft, Ihnen zu folgen.

Menschen eine Wahl einzuräumen, und sei es auch nur eine hypothetische, reicht hin, ihnen das Gefühl zu geben, Herr der Lage zu sein, und Kontrolle motiviert den Menschen.

Warum haben wir so gerne die Kontrolle über die Dinge? Oft bedienen die Ergebnisse von Entscheidungen, die Sie selbst getroffen haben, Ihre Vorlieben und Bedürfnisse besser als solche, die man Ihnen aufgezwungen hat. So haben wir gelernt, dass Umgebungen, in denen wir die Kontrolle innehaben, für uns die angenehmeren sind. Eine Möglichkeit, Kontrolle auszuüben, besteht darin, eine Wahl zu haben.

Weil wir so oft bessere Erfahrungen machen, wenn wir selbst entscheiden, ist die Assoziation zwischen Wahlfreiheit und Belohnung in unserem Kopf so stark geworden, dass die Wahl selbst zum Lohn wurde – etwas, das wir anstreben und gut finden.

Es gibt Menschen ein gutes Gefühl, wenn man ihnen sagt, dass sie eine Wahl haben, und dass diese Mitteilung einen Teil des hirneigenen Belohnungszentrums aktiviert, das ventrale Striatum. Wir empfinden die Möglichkeit, wählen zu können, als Wert an sich, und wenn wir die Wahl haben, entscheiden wir uns dafür zu wählen.

Wie bei Tauben und Ratten wirkt das menschliche Streben danach, das Heft des Handelns selbst in die Hand zu nehmen, zu kontrollieren und die Wahl zu haben, auch in Situationen, in denen die Möglichkeit zu wählen, das Endergebnis nicht notwendigerweise verbessert.

Wenn Sie darüber nachdenken, scheint es aus adaptiver Sicht sehr sinnvoll, über ein System zu verfügen, das einen innerlich für Dinge »belohnt«, die man selbst erreicht hat, statt für etwas, das man passiv annimmt. Wenn Sie lernen, dass Ihnen ein bestimmtes Handeln Nahrung, Geld oder Prestige einbringt, können Sie es künftig wiederholen, um mehr von allem zu bekommen. Versorgt man Sie jedoch einfach mit Nahrung, Geld oder Prestige, ohne dass Sie dafür etwas zu leisten haben, können Sie nicht davon ausgehen, dass Ihre Geber so nett sein werden, Sie mit alledem künftig weiter zu versorgen. Wenn Sie also tausend Dollar bekommen, ohne einen Finger dafür zu krümmen

Haben Sie tausend Dollar, aber keine Ahnung, wie Sie in Zukunft an mehr Geld kommen. Verdienen Sie die tausend Dollar hingegen damit, dass Sie beispielsweise ein Möbelstück verkaufen, sind Sie nicht nur um tausend Dollar reicher, sondern auch um die Erfahrung, wie sich zukünftig mehr Geld verdienen lässt. Dinge, die Sie erarbeiten müssen, sollten in Ihrem Gehirn als erstrebenswert verankert sein: Ihr Wert leitet sich aus ihrem Wert an sich her und von der darin enthaltenen Information, wie sich künftige weitere Gewinne erzielen lassen. Es ist von adaptivem Vorteil für Menschen, dass die eigene Biologie sie treibt, Dinge zu bevorzugen, an die sie selbst Hand angelegt haben – Dinge, über die sie die Kontrolle haben. Menschen haben gerne die Wahl, also wählen sie. Manchmal ist die Entscheidung allerdings derart komplex und anspruchsvoll, dass wir es vorziehen, gar keine Entscheidung zu treffen. Wenn Sie anderen zum Beispiel zu viele Optionen anbieten, überfordern Sie die Betreffenden, sodass sie sich für gar nichts entscheiden.

Menschen mit größerer Wahrscheinlichkeit Gourmet-Marmeladen kauften, wenn man ihnen nur sechs verschiedene Geschmacksrichtungen zur Auswahl anbot, als wenn es über zwanzig waren. Optionen sind etwas Tolles, aber geben Sie den Menschen zu viele, reagieren sie überfordert und verlassen den Laden mit leeren Händen.

Wenn Leute investieren, dann am liebsten »unter der Matratze«: 84 Prozent der Befragten erklärten, dass sie bevorzugt im Inland investierten, und das, obwohl die Umfrage in einem Teil der Welt durchgeführt wurde, in dem Investitionen im eigenen Land nicht unbedingt die beste Entscheidung waren.

Je näher sie das Geld bei sich haben, desto sicherer fühlen sich die Leute.

Finanzielle Entscheidungen werden sehr viel emotionaler getroffen, als den meisten von uns klar ist.

Sich die Aktien selbst auszusuchen, in die er investieren will, verleiht ihm das Gefühl, die Kontrolle innezuhaben ; jemand anderen für sich wählen zu lassen, bereitet ihm Sorgen. Er betreibt die »Aktienauslese«, um seine Besorgnis zu verringern und sein Gefühl zu stärken, Herr der Lage zu sein – unabhängig davon, ob diese Strategie sein Konto wachsen lässt oder nicht. Er möchte das Gefühl haben, dass er und niemand sonst seine Finanzen beeinflusst.

Auch die Möglichkeit, aufs Handeln zu verzichten, bedeutet Handlungsmacht.

Menschen, die das Gefühl haben, die Kontrolle über ihr Leben selbst in Händen zu halten, sind glücklicher und gesünder.

Das Gefühl, die Kontrolle zu haben, verringert Angst, Sorge und Stress – lauter Dinge, die nachteilige Wirkung auf unsere Körper haben.

Dieser Prozess schreitet unaufhaltsam fort. Am drastischsten wird dieser Verlust an Handlungsmacht empfunden, wenn Menschen ins Pflegeheim übersiedeln. Plötzlich werden Ihnen Entscheidungen, die Sie ihr ganzes Erwachsenenleben hindurch selbst getroffen haben, von anderen abgenommen – Ihr Tagesablauf, was Sie essen und wann, wie Sie Ihre Freizeit verbringen. Aufgaben, die Sie immer selbst erledigt haben – Autofahren, Einkaufen, Kochen – werden von anderen übernommen. Es ist, als befänden Sie sich für Ihr restliches Leben an Bord eines Flugzeugs. Der Pilot hat nichts als gute Absichten, aber er ist eben nicht Sie.

Den Menschen lediglich ein klein wenig Verantwortung zuzubilligen und sie daran zu erinnern, dass sie eine Wahl haben, erhöhte nachweislich ihr Wohlbefinden.

Das Interessante daran ist, dass das Gefühl, die Kontrolle zu haben, nicht mehr sein muss als – eine Wahrnehmung. Menschen lassen sich leichter zu Lösungen bringen, wenn man ihnen die ganze Zeit über das Gefühl lässt, das Heft des Handelns in der Hand zu haben, anstatt ihnen einfach zu befehlen.

Das bedeutet, dass es womöglich nicht ausreicht, Menschen Verantwortung und Entscheidungsfreiheit einzuräumen, man muss ihnen überdies klarmachen, dass sie ihre Möglichkeit, Kontrolle auszuüben, auch genutzt haben.

Um etwas zu bewegen, müssen wir in vielen Fällen unser instinktives Kontrollbedürfnis überwinden und Menschen eine Wahl lassen.

Witzigerweise ist das Abgeben von Kontrolle ein machtvolles Instrument der Einflussnahme.

Menschen anzuhalten, Dinge selbst zu gestalten, ist eine grandiose Möglichkeit, sie glücklicher, gesünder und erfolgreicher zu machen.

Ob bei der Arbeit oder zu Hause – wir haben, wenn wir etwas Wichtiges mitteilen möchten, grundsätzlich das Gefühl, dass unser Gegenüber das auch wissen will. Dieses Gefühl ist falsch. Wenn Menschen nicht einmal potenziell lebensrettenden Informationen Aufmerksamkeit schenken, können Sie nicht davon ausgehen, dass sie hören wollen, was Sie zu sagen haben. Wir müssen neu darüber nachdenken, was Menschen wirklich dazu bringt, gerne zuzuhören, und dann unsere Botschaft entsprechend verpacken, denn gehört zu werden ist die bei Weitem wichtigste Voraussetzung dafür, Einfluss zu nehmen. Was also wollen Menschen wissen?

Informationslücken geben Menschen ein ungutes Gefühl, sie zu füllen, verleiht Befriedigung.

Information ist besser als Nichtwissen und fast genauso wichtig wie Wasser.

Wir Menschen sind ähnlich gestrickt. Was Sie erfahren, beeinflusst nicht allein, was Sie zu tun beschließen, sondern auch, wie Sie sich fühlen. Das ist so, weil Information das Fundament Ihrer Überzeugungen ist, und weil sich Ihre Überzeugungen massiv darauf auswirken, wie glücklich Sie sind.

Es ist daher wichtig, sich daran zu erinnern, dass Menschen nicht nur motiviert sind, Belohnungen zu erhalten und Schmerzen aus dem Weg zu gehen, sondern auch zu glauben, dass sie Belohnungen bekommen und Schmerzen aus dem Weg gehen werden. Das ist so, weil Überzeugungen Menschen genauso glücklich oder traurig machen können wie tatsächliche Ereignisse.

Infolgedessen versuchen Menschen, sich den Kopf mit Wissen vollzustopfen, das in ihnen angenehme Vorstellungen erzeugt, und Information aus dem Weg zu gehen, die ihnen unangenehme Gedanken beschert.

Menschen reißen gerne Briefumschläge auf, die gute Neuigkeiten verheißen, und werfen solche weg, die Unangenehmes befürchten lassen.

Menschen ziehen es vor, Informationen an sich heranzulassen, von denen sie glauben, dass sie ihnen ein gutes Gefühl geben; daher ziehen sie gute Nachrichten schlechten vor.

Wenn Menschen argwöhnen, dass die Nachrichten schlecht sein werden, gehen sie der Botschaft mitunter aus dem Weg – auch wenn ihnen ihre Unwissenheit schaden könnte.

Unwissen kann uns daher möglicherweise zuweilen glücklicher machen, besitzt aber leider auch das Potenzial, die Dinge zu verschlimmern.

Etwas zu erfahren, das wir zuvor nicht wussten, macht uns nicht nur wissender, sondern verändert auch unsere Gefühlslage.

Wir gehen ziemlich weit, um gute Nachrichten zu erfahren und schlechten aus dem Weg zu gehen.

Wir stecken also möglicherweise den Kopf in den Sand, um uns vor unbequemen Wahrheiten zu schützen, selbst wenn wir glauben, unwissend besser dran zu sein, es uns womöglich nur ängstlicher macht, wenn wir den Kopf in den Sand stecken.

Wenn Sie den Verdacht hegen, dass sich hinter Tür Nummer eins eine unangenehme Neuigkeit verbirgt, kann es sein, dass Sie besser dran sind, wenn Sie die Tür aufmachen und sich der Wahrheit stellen. Der Grund dafür ist, dass wir Menschen robuster sind, als wir glauben. Wenn wir die Tür aufmachen, können wir anfangen zu akzeptieren, zu gesunden und neu anzufangen. Lassen wir sie geschlossen, hängen wir fest, verbleiben in einem anhaltenden Zustand des Unbehagens.

Wir sind neugierige Wesen, und ein Thema, das uns besonders neugierig macht, sind wir selbst. Ja, uns interessiert brennend, was andere Menschen über uns und unsere Arbeit denken, aber alles wollen wir auch nicht wissen.

Wenn die Information, die Sie zu bieten haben, an eine düstere Botschaft geknüpft ist, müssen Sie davon ausgehen, dass viele Menschen beschließen wegzuhören.

Aber es ist völlig bedeutungslos, wie gründlich Sie Ihre Arbeit machen oder wie gut verständlich Sie sie vortragen, wenn niemand etwas davon wissen will.

Menschen zum Zuhören zu bringen, bedeutet, bei den großen metaphorischen Rechnern in ihren Köpfen, die den Wert aller verfügbaren Informationen ermitteln, die Anzeige in Richtung positiven Zahlen zu verschieben, sodass sie aufmerksam sind. Wenn das Wissen, das Sie zu bieten haben, die Informationslücke der anderen füllt – dann zeigen Sie diese Lücke auf. Wenn es Menschen helfen kann, ihr Leben zu verbessern – zeigen Sie auf wie. Und schließlich formulieren Sie Ihre Botschaft so, dass die Information, die Sie zu bieten haben, Hoffnung und nicht Furcht verheißt. Um eins klarzustellen: Sie sollen nicht beschönigen, was Sie zu sagen haben.

Aber das, was zu bemängeln ist, lässt sich entweder so herüberbringen, dass man aufzählt, was geändert werden muss, damit der Bericht erstklassig wird, oder so, dass man dem Verfasser Inkompetenz bescheinigt – mit dem ersten Ansatz werden Sie auf mehr Interesse stoßen.

Wir stellten fest, dass Menschen im Zustand des Bedrohtseins sehr viel stärker dazu neigten, negative Informationen aufzunehmen, als wenn sie entspannt waren – zum Beispiel die Mitteilung, dass die Wahrscheinlichkeit ausgeraubt zu werden, größer ist als angenommen. Je gestresster die Leute waren, desto größer war ihre Tendenz, ihre eigene Ansicht in Reaktion auf unerwartete schlechte Nachrichten zu ändern. (Bei guten Nachrichten hatte Stress keinen Einfluss auf die Reaktion.)

Wenn wir gestresst sind, sind wir auf Gefahr fixiert. Wir konzentrieren uns nur noch auf das, was schiefgehen kann. Das lässt übertrieben pessimistische Perspektiven entstehen, die uns dazu veranlassen können, über Gebühr vorsichtig zu reagieren.

Menschen konzentrieren sich, sobald sie sich bedroht fühlen, bevorzugt auf das Negative und auf das, was alles schiefgehen kann. Die Folge davon ist, dass sie auf vorsichtiges Handeln setzen, wenngleich ein Risiko einzugehen in Wirklichkeit der bessere Ansatz wäre.

Menschen verfügen im Unterschied zu vermutlich allen anderen Tieren über die Fähigkeit, ihre innere Aufmerksamkeit auf unterschiedliche Aspekte einer Situation lenken und so ihre vorprogrammierten Reaktionen umgehen zu können.

Wir können unseren emotionalen Zustand bewusst verändern, um instinktive Muster zu überwinden.

Wenn Sie froh und entspannt sind, befasst sich Ihr Geist eher mit der Möglichkeit, dass die Dinge gut für Sie laufen könnten. Sie überschätzen Ihr Glück und sind eher bereit, ein Risiko auf sich zu nehmen.

Die Gemütslage eines Menschen beeinflusst seine Reaktion auf das, was Sie ihm zu sagen haben.

Als Verhaltensforscher wussten wir sehr gut, wie leicht Erwartungen sich selbst erfüllen können. In einen Namen verpackte Erwartungen, so dachten wir, würden Einfluss darauf haben, wie sich unsere Tochter selbst sehen würde und wie andere sie sähen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Mädchen mit femininen Namen wie Elisabeth eher den Geisteswissenschaften und Mädchen mit eher maskulin anmutenden Namen wie Alexis eher der Mathematik zuneigten.

Wenn Menschen die Entscheidungen anderer wahrnehmen, schreibt das Gehirn den gewählten Optionen in speziellen Regionen, die für die Bewertung von Dingen wichtig sind, automatisch zusätzlichen Wert zu, denn es arbeitet nach der Regel, dass das, was von anderen gewollt wird, höchstwahrscheinlich von allgemeinem Nutzen ist. Muss dann später eine Entscheidung gefällt werden, beziehen wir diese Bewertungssignale unbewusst mit ein und lassen sie in unsere Entscheidung einfließen.

Sean Taylor, promovierter Absolvent der New York University und inzwischen bei Facebook angestellt, hat untersucht, wie vorhandene Bewertungen und Kommentare nachfolgende Bewertungen beeinflussen. Er stellte fest, dass, wenn Sie die erste Bewertung zu einem glänzenden Plus manipulieren, die Wahrscheinlichkeit für weitere positive Bewertungen um 32 Prozent steigt und das Gesamtrating letztlich um 25 Prozent besser ausfällt! Das bedeutet, dass der Unterschied zwischen einem durchschnittlich bewerteten Buch, Arzt oder Hotel und einem phänomenal gut bewerteten in vielen Fällen auf die erste Person zurückzuführen ist, die sich eingeloggt und ihre Meinung kundgetan hat. Dass eine einzige Person, ein Rating, so viele andere zur Nachahmung animiert, ist recht bemerkenswert.

Welche Farbe hat das Kleid der Frau? Sie glauben, es sei rot, aber Adam, Rosie, Sue und Danielle behaupten einhellig, es sei weiß. Was tun Sie? Erstaunlicherweise schließen sich siebzig Prozent aller Leute den falschen Antworten der anderen an. Obwohl diese Teilnehmer glauben, die Wahrheit zu kennen, wird ihr Vertrauen in ihre eigenen Antworten durch die der Gruppe erschüttert. Das ist noch nicht alles. Am Ende des Tests eröffneten wir unseren Teilnehmern, dass einige Antworten von Sue, Danielle, Adam und Rosie gefälscht waren und in Wirklichkeit anders lauteten.

Die Manipulation war so machtvoll, dass sich bei der Hälfte unserer Probanden die Erinnerung dauerhaft verändert hatte – sie haben jetzt unzutreffende Erinnerungen an den Film und die falsche Antwort gespeichert. Fragte man sie, ob sie glaubten, dass die gefälschten Antworten, die wir ihnen zuvor gezeigt hatten, sie noch immer beeinflussten, lautete die Antwort fast einhellig »Nein!«.

Die Leute beobachten nicht nur, wie Sie sich entscheiden, sondern auch welche Folgen diese Entscheidung für Sie hat. Eben deshalb hat es so weitreichende Konsequenzen, wenn man Leute für gutes Verhalten belohnt und für schlechtes bestraft – es betrifft nicht nur diejenigen, die soeben gelobt oder kritisiert worden sind, sondern auch alle anderen, die dabei zuschauen.

Wie wir gesehen haben, ist unser Gehirn so eingerichtet, dass es automatisch von anderen lernt.

Zwei Lehren lassen sich aus alledem ziehen. Erstens: Wir müssen sehr genau aufpassen, wenn wir anderer Leute Handeln und Entscheidungen zum Leitfaden unserer eigenen Handlungen machen. Sehr oft erfolgt Beeinflussung unterschwellig, und wir können nur hoffen, sensibler für alles zu werden, was damit zusammenhängt. Sensibel dafür, dass sie geschieht, uns dessen bewusst, dass unsere Schlussfolgerungen falsch sein können, und achtsamer, dass wir unseren eigenen unverwechselbaren Stil nicht gedankenlos gegen den anderer Menschen eintauschen. In

Zweitens: Wenn wir etwas von Mason, Livia, Harold und den Adeliepinguinen lernen können, dann dass ein Einzelner etwas bewirken kann.

Die Versuchsteilnehmer unserer Studie verwarfen ihre eigenen – korrekten – Überzeugungen und übernahmen die – falschen – der anderen nur so lange, wie alle anderen in der Gruppe einmütig der falschen Antwort anhingen. Sobald jedoch noch jemand die richtige Antwort gab, hielten die Probanden an ihrer ursprünglichen Überzeugung fest. Mit anderen Worten: Auch in einem Schwarm kann eine abweichende Stimme andere dazu bringen, unabhängig zu handeln. Sie werden von anderen beeinflusst, aber lassen Sie sich nicht narren – andere werden von Ihnen ebenfalls beeinflusst. Genau deshalb haben unser Handeln und unsere Entscheidungen nicht nur für unser eigenes Leben Bedeutung, sondern auch für das Verhalten aller anderen um uns herum.

Buch „Die Weisheit der Vielen“: Wenn Sie es jedoch sorgfältig lesen, werden Sie merken, dass der Autor, ungeachtet der oberflächlichen Aussage des Titels, seinen Lesern zu bedenken gibt, dass die Vielen nur unter ganz bestimmten Bedingungen weiser sind als der Einzelne. Dennoch blieb bei seinem Leser, in den Medien und einem Großteil der Welt die Überzeugung hängen, dass ganz grundsätzlich zwei Gehirne besser sind als eines und tausend sogar noch besser.

Eine Gruppe kann weise sein, sehr oft aber ist sie töricht.

Die erste Bedingung, die eingehalten sein muss, ist die der Unabhängigkeit – die Urteile der Menschen in der Menge müssen unabhängig voneinander sein.

Studien haben gezeigt, dass es angesichts eines bestehenden Konsenses nur etwa dreißig Prozent aller Menschen wagen, eine abweichende Meinung zu äußern.

Das Problem ist nicht nur, dass die Schätzungen der Leute möglicherweise voneinander abhängig sind, sondern auch mit systematischen Voreingenommenheitsfehlern behaftet sein können.

Unter Umständen also, in denen die Annahmebegründet erscheint, dass Menschen voreingenommen sein, systematisch danebenliegen oder in ihrem Urteil voneinander beeinflusst sein könnten, sollten wir die Weisheit der vielen höchst kritisch beäugen.

Es gibt unzählige Gelegenheiten, bei denen die Mehrheit den Hang hat, sich in die eine oder andere Richtung zu irren. Dazu zählen etwa Fehler bei der Prognose zukünftiger Ereignisse. Menschen tendieren dazu, übertrieben optimistisch zu sein – sie unterschätzen beispielsweise Dauer und Kosten langfristiger Projekte.

Unser übergroßes Vertrauen in die Mehrheitsmeinung kann sich daher zu suboptimalen Entscheidungen, schrägen Ansichten und verpassten Gelegenheiten auswachsen. Es gibt zahllose Beispiele von Ideen, die einst zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort von der Mehrheit akzeptiert waren, heute aber als falsch gelten – beispielsweise die Überzeugung, dass Frauen nicht für höhere Bildung gemacht seien und dass die Erde eine Scheibe sei.

Menschen ignorieren oftmals Informationen, die ihnen helfen können, herauszufinden, wer unter den Anwesenden der Fachmann ist, und ziehen es stattdessen vor, jede einzelne Meinung gleich zu gewichten.

Indem sie alle Meinungen gleich bewerteten, statt nach der Fachkunde der Betreffenden zu gehen, trafen die Teilnehmer an Bahadors Experimenten die falschen Entscheidungen.