Wie sich leider beim aktuellen Weg zur Energiewende immer wieder zeigt, fehlt ein holistischer / systemischer Zugang, der auf Dauer nicht gut gehen kann. Dies insbesondere, da so gut wie nur an der Erzeugung (Wind und PV), jedoch nur verzögert an der Verteilung (Übertragungs- und insbesondere Verteilungsnetze!) und kaum an der Energiebevorratung (Speicher in unterschiedlichen Zeitbereichen) gearbeitet wird. Ein System ist jedoch mehr als die Summe seiner Einzelteile bzw. kann man das Detail nur verstehen, wenn man das Ganze kennt und nicht umgekehrt. In der Realität erfolgt jedoch eine Optimierung von Einzelteilen ohne Gesamtsicht. 

Mit diesem Beitrag sollen mögliche/notwendige Lösungsansätze aufgegriffen werden. Wie so oft zeigt sich hier auch, dass es nicht am notwendigen Wissen oder an den Technologien fehlt, sondern an der Umsetzung/Anpassung von Regulativen. Hierzu hat auch Gunter Dueck einen sehr guten Beitrag verfasst: Erforschen was man schon kaufen kann

18.08.19: Systemdienstleistungen

Von Christian Höhle / SMA

Eine mögliche Lösung sind „spannungsstellende Wechselrichter“ für Windkraft, Solarstrom und Batteriespeicher. Heutige Wechselrichter arbeiten stromstellend und „folgen“ dem Netz. Es ist eine äußere Frequenzquelle nötig. Eine eventuelle überlagerte Steuerung von außen wäre viel zu langsam.

Für den Betrieb kleinerer Netze von Dörfern, Städten und Inseln (in denen Schwankungen von Last und Erzeugung anteilig viel ausgeprägter sind) [Energiezellen] gibt es mittlerweile aber auch spannungsstellende Wechselrichter. Hier wird zwar auch übergeordnet von außen gesteuert und über die Frequenz geregelt, jedoch funktioniert die momentane Reaktion des Systems anders. Man kann sich das vorstellen als ob der Wechselrichter eine Vorstellung über den zukünftigen Verlauf des Netz Sinus hätte. Nun misst der Wechselrichter nicht mehr die Frequenz, sondern schaut viele tausend Mal pro Sinuswelle ob die Spannung noch der erwarteten entspricht. So kann instantan reagiert werden – eine digitale Momentanreserve sozusagen.

Eine Anlage mit solchen Fähigkeiten wurde kürzlich in Bordesholm ans Netz gebracht.

Man müsste nicht alle heutigen Wechselrichter gegen solche spannungsstellenden Wechselrichter ersetzen. Ein Anteil reicht, um die vorhandenen Wechselrichter mitziehen zu können.

Auch müssen das nicht Batteriespeicher sein. Das geht auch mit Solar und Windkraft. Aktuell ist es lediglich wirtschaftlicher, z.B. die PV immer mit maximaler Produktion laufen zu lassen und eine Vorhaltung von möglicher Regelleistung durch Batterien zu erledigen, obwohl natürlich auch die PV problemlos ein paar Prozent unter Maximum laufen und so positiv und negativ zu Netzdienstleistungen beitragen könnte.

Ein Netz mit relevanter Anzahl spannungsstellender Wechselrichter könnte sogar schwarzstartfähig sein (nicht innerhalb von Tagen, sondern von Sekunden), wie wir für die Marlon Brandos Insel gezeigt haben. 2018 habe ich an der Hochschule Karlsruhe einen Vortrag dazu gehalten.

Klingt alles ziemlich gut – warum macht man das heute noch nicht???

Ganz einfach: wir dürfen es nicht. Es gibt Stand heute keine Netzanschlussbedingungen um spannungsstellende Wechselrichter an einem Verbundnetz zu betreiben 🙁 Da gibt es noch deutlichem regulatorischen Nachholbedarf, allerdings ist das Interesse der Energieversorger scheinbar gering, daran kurzfristig etwas zu ändern.