Quelle: www.risknet.de

Das systemische Risiko heißt so, weil seine Auswirkungen die Stabilität des gesamten Finanz- und Wirtschaftssystems betreffen können. In der Vergangenheit war es in aller Regel so, dass systemische Krisen gar nicht oder nur von einer winzigen Minderheit vor ihrem Eintreffen wahrgenommen wurden. 1929 fanden sich die wenigen Mahner, die vor den schädlichen, ja absehbar katastrophalen Auswirkungen der monetären Expansion warnten, praktisch ausnahmslos unter Vertretern der damals im Entstehen begriffenen Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Je länger die Party der „goldenen 20er“ ging, desto mehr wurden sie belächelt.

Im Jahr 2007 gab es ebenfalls nur eine verschwindend kleine Gruppe von Leuten, die das Ungleichgewicht erkannten, in das Jahrzehnte fallender Zinsen das Kreditsystem geführt hatten. In der Wissenschaft gab es außer dem US-amerikanischen Nationalökonomen Nouriel Roubini und wenigen anderen überhaupt keine Warnungen. Bei den Kapitalmarktteilnehmern gab es ein paar wenige, die ihre überlegene Analyse zum Geldverdienen im ganz großen Stil eingesetzt haben: „The Big Short“ war wohlverdientes Geld, egal wie groß der Neid darauf auch sein mag.

Heute ist das zum ersten Mal anders. Was wir derzeit erleben, ist ein Crash mit Ansage. Hört man sich bei Kapitalmarktteilnehmern um, so äußert die Mehrheit sich dahingehend, dass sie fürchten, dass das „Experiment“ der EZB schief gehen wird. Allein: Man zieht daraus die Konsequenz, dass man auf der Party mittanzen muss, solange sie dauert, um dann ganz kurz vor dem finalen Absturz von Bord zu gehen. Das Verhalten erinnert ein wenig an die Titanic, auf der die Band auch bis zuletzt noch weiterspielte.

Fazit

Das Ungleichgewicht sucht sich sein bilanzielles Ventil. Seine Kernproblematik ist die Kreditvergabe des Eurosystems an eigentlich insolvente Banken im Zuge einer immer aggressiveren Liquiditätsversorgung. Die Tatsache, dass diese Forderungen mit italienischen Staatsanleihen besichert sind, ändert am Risiko leider gar nichts. Dies ist deshalb der Fall, weil der italienische Staat im Falle einer Solvenzkrise der Banken seines Landes ebenfalls zahlungsunfähig sein wird. Die beiden Risiken sind also mit praktisch 100 Prozent korreliert, was sie aus risikotechnischer Sicht identisch macht.

Wir können uns im Jahr 2019, spätestens aber 2020 auf den Logenplätzen der Gläubiger ansehen, wie dieser „Crash mit Ansage“ die Versprechungen von Politik und Geldpolitik in Europa ad absurdum führt. Ein Experiment geht zu Ende.