Quelle: Bonner Perspektiven

Wenn Sie auf ein bislang unbekanntes Wachstumsprinzip stoßen würden? Als Politikerin, Unternehmer, Managerin oder einfach Interessierte? Ein Prinzip, das wir zwar laufend anwenden, aber ohne zu wissen, warum eigentlich. Und nicht nur das – von dem uns die dominierende neoklassische Ökonomik erklärt, dass es verkehrt sei! Nett vielleicht, menschlich, gar moralisch – aber unwirtschaftlich. Und daher letztlich unbrauchbar. Weshalb wir sein volles Potenzial nicht ausschöpfen oder womöglich sogar dagegen arbeiten, obwohl wir intuitiv wissen, dass es funktioniert. Und uns dessen Verständnis völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet und mögliche Lösungsansätze für einige der drängendsten Fragen unserer Zeit – von der wachsenden Polarisierung in vielen gesellschaftlichen Bereichen bis hin zu kurzfristigem Denken in Politik und Wirtschaft, dessen Folgen wir überall spüren, etwa bei den desaströsen Konsequenzen der globalen Erhitzung? Und, wenn wir von Wachstum reden, in einer Welt, die Wachstum nach klassischen Maßstäben nicht auf ewig vertragen wird, weil wir sonst unsere Lebensgrundlagen zerstören, womöglich Wege aus diesem Dilemma weisen könnte? Vor etwa zwei Jahren passierte mir das. Bei Recherchen stolperte ich über Arbeiten von Dr. Ole Peters et al. am London Mathematical Laboratory (LML) Dieses Prinzip ist im Übrigen nicht auf Menschen reduziert, es gilt für alle dynamisch wachsenden Systeme. Es ist ein fundamentales Prinzip des Lebens. Dessen Grundlagen man in der Physik schon lange kennt. Die Wissenschaftler am LML zeigen nun, dass und wie es auch auf die Ökonomik anwendbar ist.

Generell erklärt dieses Prinzip, wie aus Chaos Strukturen entstehen. Aber womöglich auch wieder kollabieren. Oder sich in kleinere teilen. Die womöglich erneut kooperieren, in Metastrukturen.

Kooperation profitiert von Vielfalt und Vielfalt profitiert von Kooperation. Sie lebt von Individualität, von der Freiheit, Dinge anders zu machen. Das beantwortet auch die schnell auftauchende Frage nach der Bildung von Monopolen, die dieses Prinzip doch nahelegen würde. Doch Monopole bilden eine Reduktion oder gar Vernichtung von Vielfalt. Weshalb man erkannt hat, sie sinnvollerweise nach Möglichkeit zu verhindern.

Der ganze Beitrag mit der Bauernfabel: Bonner Perspektiven

Die Bauernfabel

Diese erzählt das faszinierende Prinzip des Kooperationsplus‘ – wie und warum Zusammenlegen und Teilen (Pooling and sharing) langfristig mehr Wohlstand schaffen. Als interaktive Animation: www.farmersfable.org

Die Bauernfabel basiert auf den bahnbrechenden Arbeiten der Wissenschaftler am London Mathematical Laboratory www.lml.org.uk

  • Sie zeigt, dass Zusammenlegen und Teilen kein Nullsummenspiel sind, das nur für Risikoverteilung und Hilfe für Ärmere sorgt, sondern dass sie zu MEHR allgemeinem Wohlstand führen.
  • Stell dir statt der zwei
  • Bäuerin, Bauer
  • in der Geschichte Dutzende, Hunderte, Tausende, Millionen Menschen vor und du verstehst, warum Sozialstaaten über Steuern (=Zusammenlegen, Poolen) und gemeinsame Sozial-, Gesundheits-, Bildungs
  • und Pensionssysteme (=Verteilen, Sharen) mehr Wohlstand schaffen.
  • Stell dir statt der Bauern Staaten vor, und du verstehst, wie und warum Staaten-Kooperationen (z.B. die Europäische Union) erfolreich sein können.
  • Du verstehst, dass und wie die Verteilung von Wohlstand mit der Steigerung allgemeinen Wohlstands zusammenhängen. Wer über mehr Chancengleichheit spricht, muss über Verteilung sprechen.
  • Dass es bei Verteilungsfragen also nicht (nur) um Gerechtigkeit oder Menschlichkeit geht, sondern dass langfristig alle davon profitieren. Manche würden sagen: dass pooling and sharing der bessere Deal ist 😉
  • Oder warum und wie langfristig erfolgreiche Firmen funktionieren.
  • Und im Übrigen auch, wie Hedgefonds reich werden (denk dir statt Bäuerinnen und Bauern einfach Wertpapiere … und natürlich komplexere Algorithmen im Hintergrund als in dieser simplen Darstellung).
  • Und einiges andere …

Behalte im Kopf, dass es sich um eine Fabel handelt: eine einfache Erklärung eines grundsätzlichen Prinzips. Natürlich ist die Realität komplexer, wie übrigens auch die mathematischen Originalmodelle der Londoner. Außerdem müssen weitere Aspekte berücksichtigt werden, z.B. dass aus diversen Gründen nicht alles gepoolt und verteilt wird sondern anteilig, Themen wie Transferkosten, Vermeiden allzuvieler Trittbrettfahren etc., doch das grundsätzliche Prinzip hält: Zusammenlegen und Teilen, pooling and sharing, beschleunigt und steigert Wachstum.

(Und für alle, die jetzt „Wachstum in einer Welt begrenzter Ressourcen?!“ rufen: Wenn man tiefer einsteigt, liefert das Prinzip sogar Ansätze für non-growth-Ansätze, von denen trotzdem alle profitieren …)

Mehr zu alldem kannst du in meinem jüngsten Thriller www.gier-das-buch.de lesen. Quelle: Marc Elsberg