Das Buch Vernetztes Denken und Handeln in der Praxis. Mit Netmapping und Erfolgslogik schrittweise von der Vision zur Aktion von JĂŒrg Honegger liefert weitere Puzzelsteine fĂŒr den Umgang mit KomplexitĂ€t. Sein vorgestelltes Netmapping bzw. die Erfolgslogik deckt sich in vielen Bereichen mit dem SensivitĂ€tsmodell von Frederic Vester bzw. mit der Visualisierung/iModeler.

Hierzu einige Zitate aus dem Buch:

Die Entwicklung einer Software ist fĂŒr sich genommen zwar kompliziert, ihre EinfĂŒhrung in einem Unternehmen jedoch komplex, denn hier spielen viele Faktoren mit dynamischen VerĂ€nderungen im Zeitablauf hinein. (
) Somit besteht KomplexitĂ€t nicht einfach aus der Summer der komplizierten Bestandteile, sondern aus deren Interaktionen. Es genĂŒgt deshalb nicht, die komplizierten Aspekte im Griff zu haben und zu meinen, man manage damit auch KomplexitĂ€t erfolgreich. Vielleicht braucht es auch ein VerstĂ€ndnis fĂŒr ZusammenhĂ€nge, Eigendynamik und Zielkonflikte. S. 33.

Siehe komplexe Systeme bzw. das Cynefin-Modell.

Es gibt auch keine berechenbar beste Lösung. Obwohl das Verhalten des System nicht kalkulierbar ist, bedeutet dies jedoch nicht, dass es „unberechenbar“ im Sinne von völlig willkĂŒrlich wĂ€re. S. 24.

Da die Elemente komplexer Systeme stark verknĂŒpft sind, hat ein Problem in der Regel mehrere Ursachen und eine VerĂ€nderung im System oder im Umfeld vielfĂ€ltige Auswirkungen. Einfache (im Sinne von simplen) Lösungen sind – wenn die vielfĂ€ltigen Auswirkungen der Eingriffe bei komplexen Fragestellungen nicht beachtet werden – oft wenig oder nur sehr kurzfristig erfolgreich, weisen schwerwiegende Nebenwirkungen auf oder dienen bloß der SymptombekĂ€mpfung. S. 49.

BefĂŒrchten Menschen beispielsweise aufgrund eines GerĂŒchtes eine Verknappung des Benzins, so fahren alle sofort zu den Tankstellen und tĂ€tigen HamsterkĂ€ufe. Eine Versorgungsknappheit ist die Folge, was die HamsterkĂ€ufe weiter anheizt. S. 51.

Was unmittelbar nach einem Blackout/Stromausfall zu erwarten ist.

Komplexe Systeme reagieren in der Regel trÀge. S. 52.

HĂ€ufig verfallen wir im Irrglauben, wenn man nur genĂŒgend Informationen sammle und zur VerfĂŒgung habe, dann sei jedes System berechenbar. Bei komplexen Systemen verliert man sich dabei aber in ScheinprĂ€zision. S. 52.

Drei Typen von Erfolgsfaktoren:

  • Ziele,
  • Hebel/Lenkbarkeiten (Hebel werden oft mit Ziele verwechselt) und
  • externe EinflĂŒsse.

Erfolgreiches Management eines komplexen Systems:

  • Welche ZusammenhĂ€nge mĂŒssen beachtet werden?
  • Welche Ziele wollen wir verfolgen?
  • Welche Hebel stehen zur VerfĂŒgung?
  • Welche externen EinflĂŒsse sind zu beachten? S. 56, S. 65f.

Nicht geeignet ist Netmapping, wenn die Methode mit folgenden Erwartungen verbunden wird: Wer eine „endgĂŒltige Lösung“ oder eine „Musterlösung“ sucht, die nicht mehr modifiziert werden muss, oder wer glaubt, durch Netmapping entfalle die sonst notwendige Denkarbeit, der sollte Abstand davon nehmen. S. 76.

Die Wahl der Betrachtungsebene ist vergleichbar mit der Wahl des Massstabs von See- und Landkarten. S. 90.

Es gilt der Grundsatz: pro Betrachtungsebene eine Erfolgslogik. Denn es ist nicht die Idee, „alles mit allem“ mehr oder weniger unsystematisch zu vernetzen, sondern jeweils eine Ebene zu durchdringen. Das ist schon Herausforderung genug. S. 92.

Glossar/Definitionen: Um vermeintlich Zeit zu sparen, springt man direkt zur Diskussion ĂŒber die nötigen Maßnahmen und verliert dann – meist ohne es zu merken – viel Zeit bei der Diskussion ĂŒber deren Sinn, weil je nach VerstĂ€ndnis eines Begriffs andere Wirkungen erwartet werden können. Meist klappt dann auch die Umsetzung der Maßnahmen nicht oder nur teilweise, weil einige der Beteiligten von der Wirkung nicht ĂŒberzeugt sind. S. 95.

Anhand der gewÀhlten Betrachtungsebene, den identifizierten Anspruchsgruppen und den Erfolgsfaktoren ist das komplexe System eingegrenzt und die relevanten Elemente sind bestimmt. Im nÀchsten Schritt geht es darum, die Elemente zu einander in Beziehung zu setzen. S. 97.

1. „Die Erfolgslogik ist unĂŒbersichtlich; man kann sie nicht mit einem Blick erfassen.“ – Die Erfolgslogik ist wie eine Landkarte zu lesen; man brauch sie weder auswendig zu lernen noch alle ZusammenhĂ€nge auf einmal zu erfassen. Wer zum Beispiel eine geografische Karte der Schweiz zur Hand nimmt, wird darauf auch nicht alle Orte auf einen Blick erkennen. Er wird – je nach Ausgangsort, an dem er sich befindet, und nach Zielort, den er erreichen will – ein Segment oder mehrere auswĂ€hlen und dort die möglichen Wege eruieren, den Rest der Karte hingegen vernachlĂ€ssigen. S. 105.

2. „Die Faktoren in der Erfolgslogik lassen sich nicht berechnen. Außerdem sind sie subjektiv.“ – Dieser Einwand verwechselt die Grenzen der Methode mit den Grenzen des KomplexitĂ€tsmanagements: Eine Erfolgslogik wird fĂŒr komplexe ZusammenhĂ€nge erstellt, diese sind tatsĂ€chlich nicht berechenbar. Zudem hĂ€ngt die Wahrnehmung der RealitĂ€t von verschiedenen Sichtweisen, Situationsbeurteilungen und Interpretation ab, und zwar auch ihne den Einsatz von Methoden. Netmapping will diesen Prozess „nur“ systematisieren, nachvollziehbar und kommunizierbar machen. S. 106.

Vielmehr sollen die verschiedenen Modelle der RealitÀt in den Köpfen der Manager des Managementteams abgeglichen werden. S. 106.

Je mehr Sichtweisen wir im Team identifizieren und in ein Gesamtbild integrieren, desto zuverlĂ€ssiger und „objektiver“ erfassen wir die RealitĂ€t. S. 106.

Der Wunsch nach Berechenbarkeit von Simulationen entstammt der Welt des Komplizierten, nicht des Komplexen. S. 107.

Bisher wird in Unternehmen meistens versucht, KomplexitĂ€t „im Blindflug“ zu begreifen, was nicht gelingen kann, da die ZusammenhĂ€nge „im Kopf“ noch weniger vollstĂ€ndig erfasst werden können als in einem Bild. S. 107.

3. „Ich bin misstrauisch, ob die ermittelten Erfolgsfaktoren wirklich die relevanten sind.“ – Mit dieser Aussage wird eigentlich nicht die Erfolgslogik, sondern das Team selbst hinterfragt. Wer soll die relevanten Erfolgsfaktoren denn besser kennen las die Mitwirkenden? Das Problem zu erkenn ist wichtiger, als die Lösung zu erkennen, denn die genaue Darstellung des Problems fĂŒhrt zur Lösung. Albert Einstein S. 108.

Werden Hebel mit Zielen verwechselt, so werden hĂ€ufig sinnlose, nicht zielfĂŒhrende oder kontraproduktive Maßnahmen ergriffen. Ein klassisches Beispiel: Als „Maßnahme“ wird im Unternehmen festgelegt, „die Kosten zu senken“. Kosten lassen sich jedoch nicht direkt, sondern nur indirekt senken und sind somit lediglich beeinflussbare, aber nicht lenkbar. S. 110.

Personalentwicklungsmaßnahmen zum Beispiel fĂŒhren sofort zu höheren Kosten, aber erst mit deutlichem Zeitabstand zu einer höheren Qualifikation der Mitarbeiter. Darin liegt ein Zielkonflikt verborgen, der typisch ist fĂŒr komplexe Fragestellungen: Wollen oder mĂŒssen wir Kosten sparen, oder ist uns eher an Personalentwicklung gelegen? Sehr oft muss langfristiger Erfolg mit kurz- und mittelfristigen Nachteilen erkauft werden – ein Zusammenhang, der gerade in schlechten Zeiten zu kurzfristigem Handeln verfĂŒhrt. S. 114.

Kybernetische Lenkungsregeln (Frederic Vester) S. 152f.

  1. Regel: Passe deine Eingriffe der KomplexitÀt der Fragestellung an.
  2. Regel: Richte deine Maßnahmen auf aktive und kritische GrĂ¶ĂŸen aus.
  3. Regel: Vermeide ein Überschießen durch stabilisierende Kreise.
  4. Regel: Nutze die Eigendynamik der Problemsituationen.
  5. Regel: Finde ein Gleichgewicht zwischen Bewahren und Wandel.
  6. Regel: Fördere die Autonomie der kleinsten Einheit.
  7. Regel: Erhöhe mit jeder Lösung die Lern- und EntwicklungsfÀhigkeit.

Es gibt aber kaum einen Eingriff in ein komplexes System, der sich nur auf ein Element des Systems auswirkt. Immer ist mit Neben- und RĂŒckwirkungen zu rechnen, die zudem zeitverzögert eintreten können. Mit der Erfolgslogik wird es möglich, die komplexen ZusammenhĂ€nge realitĂ€tsnah abzubilden, mögliche Auswirkungen geplanter Maßnahmen abzuwĂ€gen und bewusste Entscheidungen zu treffen. S. 164.

Bequemlichkeit, verbunden mit der Einstellung „es funktioniert ja auch so irgendwie“, trĂ€gt dazu bei, in alten Verhaltensmustern stecken zu bleiben. S. 173.