Letzte Aktualisierung am 14. November 2014.

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In Europa steigt das Risiko eines Blackouts. Hinter den Kulissen bereitet sich auch Österreich auf den Tag X vor – und seine schwerwiegenden Folgen.

»Drastisch ausgedrückt, die es überleben, werden daraus lernen. So arbeitet die Evolution nun einmal. Aber vielleicht wollen wir vorher drüber nachdenken«, sagt Herbert Saurugg, Steirer, Kurzhaarschnitt, Familienvater. Freitag, 10 Uhr, Wien, U6 Tscherttegasse im einstigen Meidlinger Kabelwerk.

2013 gründete er die Initiative »Plötzlich Blackout«, seither hat er sich dem Schwarzen Schwan verschrieben. Ein Schwarzer Schwan ist ein unvorhersehbares, aber nicht gänzlich unwahrscheinliches Ereignis: Der Ausbruch von Ebola in Liberia etwa oder von Eyjafjallajökull in Island.

Wie wahrscheinlich ist ein europaweites Blackout in den nächsten fünf Jahren, Herr Saurugg? »99 Prozent.« Wäre »Blackout in Österreich« ein Theaterstück, Saurugg hätte die Rolle des Advocatus Diaboli. Seine Botschaft: Das Stromsystem ist zu komplex und zu verwundbar, der Schwan im Anflug.

»In Wahrheit weiß niemand, was nach 48 Stunden passiert«, sagt Herbert Saurugg. Er wird das auch Anfang September sagen, wenn er im Kanzleramt vor Unternehmern auftritt. Die Wirtschaft hat viel zu verlieren bei einem Blackout. 48 Stunden kosten die Volkswirtschaft 1,7 Milliarden Euro. Zu diesem Befund kam die vom Infrastrukturministerium beauftragte Studie »Blackout Ö. I« im Jahr 2011.

Klingt das nicht etwas übertrieben? Weist Österreich weltweit nicht eine im Vergleich zu anderen Ländern hohe Versorgungssicherheit auf? »Das ist ja genau das Problem«, sagt Saurugg: »Kennen Sie den Truthahneffekt?« Weil ein Truthahn gehegt, gepflegt und gefüttert wird, wiegt er sich mit jedem Tag mehr in existenzieller Sicherheit. Bis es eines Tages so weit ist und er nur mehr den Bruchteil einer Sekunde Zeit hat, um sich zu wundern. So sei das auch mit uns Europäern, sagt Saurugg, vor allem mit uns Österreichern: »Es wird uns deshalb härter treffen, weil wir nicht damit rechnen und es nicht mehr gewohnt sind, ohne Strom und Infrastruktur leben zu müssen.«

Also alles Industriepropaganda und wir müssen uns keine Sorgen vor Blackouts machen? In der Zukunft werden »immer wieder mal Teile Europas für vier bis sechs Stunden ohne Strom sein«, sagt er. Aber tagelange europaweite Blackouts seien ausgeschlossen. So ausgeschlossen wie ein Schwarzer Schwan, würde Herbert Saurugg von »Plötzlich Blackout« sagen, so ausgeschlossen wie der 4. November 2006.

»Die kleinste Einheit im Katastrophenfall ist sowieso jeder selbst.« Das ist Österreichs zentralem Katastrophenmanager Johann Bezdeka sehr wichtig, deshalb wiederholt er es beim Abschied noch einmal und erzählt: Seit er sich beruflich mit Blackouts beschäftigt, hat er im Keller einen Vorrat für mehrere Tage, Wasser und primär Lebensmittel in Dosen und Gläsern, die nicht zubereitet werden müssen. »Es tut ja keinem weh, sich einmal zu fragen: Was, wenn?«