Letzte Aktualisierung am 14. Oktober 2019.

Quelle: ST. PÖLTEN KONKRET AUSGABE 10/2019

Die Stadt hat im Juni ein Blackout-Vorsorge Projekt gestartet.
St. Pölten Konkret Chefredakteur Martin Koutny hat dazu mit dem Projektverantwortlichen Peter Puchner und dem Blackout-Experten, Herbert Saurugg, gesprochen.

St. Pölten Konkret: Warum gibt es dieses Projekt und was ist das Ziel?
Puchner: Das Thema Blackout beschäftigt uns eigentlich schon einige Jahre. Es gibt schon mehrere Ausarbeitungen und Bedarfsanalysen, vor allem, was den Bedarf an Notstromaggregaten oder die Treibstoffversorgung betrifft. Aber je länger man sich mit diesem Thema befasst, desto klarer wird, dass das nicht ausreicht, um ein solches Szenario zu bewältigen. Daher freut es mich ganz besonders, dass wir den österreichischen Blackout-Experten, Herbert Saurugg, für die Projektbegleitung gewinnen konnten. Gemeinsam wollen wir das Thema Blackout-Vorsorge in die Breite tragen. Denn es reicht bei weitem nicht, dass sich die Stadtverwaltung oder die Einsatzorganisationen darauf vorbereiten. Wenn sich nicht jeder Einzelne von uns darauf einstellt und vorbereitet, ist es unmöglich, ein solches Szenario zu bewältigen. Niemand kann 60.000 St. PöltnerInnen helfen. Schon gar nicht, wenn nicht nur wir, sondern gleich-zeitig ganz Österreich bzw. weite Teile Europas betroffen sind. Unser wesentliches Ziel ist es daher, das Bewusstsein um die Gefahr und den notwendigen Vorsorgemaßnahmen in die Öffentlichkeit zu bringen. Nur so wird es auch den erforderlichen Rückhalt für die notwendigen Investitionen geben. Aber wie ge-sagt, die wesentliche Voraussetzung, damit das dann auch funktionieren kann ist und bleibt die persönliche Vorsorge von uns allen. Denn warum sollte irgendjemand jemanden anderen helfen, wenn er selbst zu Hause in der Familie ein Problem hat? Wir erleben immer wieder, dass Menschen glauben, dass dann schon irgendjemand kommen und helfen bzw. vorgesorgt haben wird. Das wird nicht passieren. Alles was wir nicht jetzt vorbereiten und verfügbar haben, werden wir auch in der Krise nicht haben. Das gilt für jeden Einzelnen, aber auch für uns als Stadtgemeinde.

St. Pölten Konkret: Aber was ist überhaupt ein Blackout und wie wahrscheinlich ist so ein Ereignis?
Saurugg: Ein solches Szenario erscheint tatsächlich für die meisten Menschen als unmöglich, haben wir doch eine der sichersten Stromversorgung weltweit. Aber das täuscht leider über die tatsächliche Gefahr hinweg. Ich beschäftige mich seit 2011 mit diesem Szenario. So wie die Entwicklungen bisher verlaufen sind und das, was in den nächsten fünf Jahren auf europäischer Ebene geplant ist, lässt mich zum Schluss kommen, dass wir einen europaweiten Strom- und Infrastrukturausfall („Blackout“) binnen der nächsten fünf Jahre erleben werden. Das bedeutet, ein sehr realistisches Szenario, auch wenn es niemand wirklich genau vorhersagen kann. Aber wenn es eintreten sollte, dann wären die Schäden derart katastrophal, dass es einfach fahrlässig wäre, die Möglichkeit zu ignorieren. Das eigentliche Problem stellt auch nicht der Stromausfall direkt dar, sondern dass damit zeitnah so gut wie alle überlebenswichtigen Versorgungsleistungen ausfallen oder nur mehr eingeschränkt zur Verfügung stehen werden. Das beginnt damit, dass neben dem Strom auch binnen Minuten das Handy- und Festnetz und damit auch das Internet ausfallen werden. Damit geht so gut wie gar nichts mehr. Keine Kassen, kein Geld, kein Treibstoff, keine Waren, keine Ampeln, kein Verkehr, keine Heizung, kein Licht und in manchen Gegen-den auch kein Wasser mehr. Unser Leben kommt völlig zum Stillstand. Auch wenn der Strom in Österreich nach einem oder mehreren Tagen wieder da ist, wird es noch erheblich länger dauern, bis auch der Rest wieder zu funktionieren beginnt. So sollten wir erwarten, dass der Warenverkehr frühestens in der zweiten Woche wieder anlaufen wird. Gleichzeitig wissen wir, dass sich rund ein Drittel der Bevölkerung maximal vier Tage und zwei Drittel maximal sieben Tage selbst versorgen können. Das reicht bei weitem nicht aus. Und das betrifft genauso jene Menschen, die dann anderen helfen sollen. Jeder von uns sollte sich zumindest zwei Wochen ohne Einkaufen gehen zu müssen, versorgen können. Wasser, Lebensmittel und wichtige Medikamente.

St. Pölten Konkret: Das heißt, da sind auch wir von der Öffentlichkeitsarbeit noch gefordert.
Saurugg: Definitiv! Dazu planen wir weitere Beiträge im St. Pölten Konkret und eine Sonderausgabe für alle Haushalte. Begleitend wird es auch noch Informationsveranstaltungen sowie Workshops mit den unterschiedlichen Organisationen geben, damit wir eine breite Vernetzung und eine gemeinsame Sicht auf das ganze Thema schaffen.

St. Pölten Konkret: Was sind die größten Herausforderungen für die Stadtverwaltung?
Puchner: Das wichtigste ist, dass die Trinkwasserversorgung unter allen Umständen aufrechterhalten werden kann. Hierzu brauchen wir noch ein paar Absicherungsmaßnahmen. Damit wir auch in einem solchen Fall ein Krisenmanagement aufrechterhalten können, muss auf jeden Fall die Treibstoffversorgung für die Einsatzkräfte und Notstromeinrichtungen aufrechterhalten werden können. Und dann geht es vor allem auch darum, die eigenen MitarbeiterInnen zu sensibilisieren, damit sie ihre Familien ausreichend krisenfest machen. Ansonsten wird niemand kommen.