Die Energiebevorratung als unverzichtbarer Bestandteil der Energiewende

Die Energiebevorratung ist ein zentraler Baustein der Energiewende zu einem dezentralisierten und auf erneuerbare Energien basierendem Stromversorgungssystem  (Energiezellensystem). Wir möchten diesen Aspekt daher auch tiefergehend betrachten.

Auch im fossilen Zeitalter wurden schon immer Speicher genutzt – in der Primärenergie! Das wird gerne vergessen. Ganz abgesehen davon, dass von einer Energiewende gesprochen wird, aber nur die Substitution bei der Stromerzeugung betrachtet wird. Oder wie wird „intelligente Software“ die restlichen 75% des Energiebedarfs ersetzen? Strom hat nur etwa 25% Anteil am Gesamtenergieverbrauch. Ganzheitliches, vernetztes Denken und ein Kulturwandel sind daher unverzichtbar, um die Herausforderungen der Energiewende wirklich erfolgreich meistern zu können. Aktionismus ist schädlich.

Für eine erfolgreiche Energiewende ist eine Energiebevorratung unverzichtbar. Diese wird aber weniger im bisherigen großtechnischen Sinn erfolgen können, als vielmehr als unverzichtbarer Bestandteil des Energiezellensystems. Dabei sollte nicht Geld oder „Rentabilität“, sondern die Versorgungssicherheit im Vordergrund stehen.

Vergleich Stromverbrauch – Speicherkapazitäten in Deutschland

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte:

Jahresverbrauch - Vergleich - Speicher 2

Hier muss jedoch angemerkt werden, dass die Wasserspeicher nicht nur einmal pro Jahr aufgefüllt und entleert werden. Dazu folgende Details:

Die Tageswälzung

Bei den Pumpspeicherwerken (PSW) gibt es die Tageswälzung. Dabei wird nachts gepumpt und tagsüber turbiniert. Bisher ausgenützt wurde dafür der Preisunterschied zwischen Tag und Nacht. Bisher war dieses Geschäftsmodell tragfähig, weil der sogenannte „Spread“, also der Preisunterschied, erheblich war. Nachts war der Strom billig, tagsüber (sau)teuer. Durch die Photovoltaikeinspeisungen tagsüber hat sich das gravierend gewandelt. Zur Zeit der Lastspitze ist meist bereits die höchste PV-Einspeisung bzw. kurz danach tritt sie auf. Nachts hingegen werden die Grundlast fahrenden Kraftwerke so langsam aber sicher „aussterben“ (z. B. die Kernkraftwerke). Bei der Tageswälzung kann sehr viel vom Stauraum tagtäglich umgewälzt werden. Allerdings sind die PSW für die Tageswälzung in der Regel klein, leistungsarm und haben relativ wenig Stauraum. Siehe auch weiter unten die limitierende Faktoren.

Die Wochenwälzung

Bei größeren Pumpspeicherwerken wurde die Wochenwälzung durchgeführt. Das Geschäftsmodell dafür war: Samstags und Sonntags wird überwiegend gepumpt, weil die Industrielast (fast ganz) wegfällt und mit den Grundlast fahrenden Kraftwerken günstig Wasser hochgepumpt werden kann. Ab Montag bis Freitag wird mehr turbiniert, um zum Wochenende hin einen einigermaßen geleerten Speicher zu haben, der wieder für die Bevorratung taugt. Nachts aufzustauen macht Sinn, wenn günstig Energie zur Verfügung steht. Aber auch für die Wochenwälzung haben sich die preislichen Rahmenbedingungen für die Pumpspeicherwerke ungünstig entwickelt. PSW für die Wochenwälzung haben mehr Stauraum wie die für die Tageswälzung und sind leistungsstärker. Der Faktor für die Ausnutzung des Stauraumes ist deutlich kleiner als bei denen für die Tageswälzung. Da sich Wind und Sonne nicht um die Wochentage scheren, spielt die Wochenwälzung nur für den Unterschied des Leistungs- und Energiebedarfs zwischen Industrielast und Haushaltslast eine Rolle.

Die Jahreswälzung

Bei sehr großen Pumpspeicherwerken mit Jahresspeichern wird der Zustrom an Wasser bei der Schneeschmelze genützt, um bis ca. Mai eines Jahres aufzustauen. Den größten Wasserinhalt haben die Jahresspeicher dann meist Ende Mai. Das Abstauen beginnt meist im Oktober eines Jahres. Über den Sommer hinweg sollte noch soviel Stauraum sein, dass z. B. Gewitter und andere Regenfälle nicht zu einem Überlauf über die Staumauer führen. Aber diese Wassermengen sind natürlich nutzbar für das Turbinieren. Für die kalte Jahreszeit müssen aber die Stauseen gefüllt sein. Die saisonale Wälzung ist hier das bestimmende Geschäftsmodell. Und der Energiebedarf ist in der kalten Jahreszeit ein wichtiger Faktor.

Bei allen Pumpspeicherwerken spielen drei limitierende Faktoren eine große Rolle: Der nutzbare Speicherraum, die maximale Turbinenleistung und die maximale Pumpleistung. Da gegenwärtig die Preise für die Kilowattstunde ein extremes Übergewicht bei allen Bewertungen haben und die Leistung, besonders auch für die Netzregelaufgaben, deutlich weniger „bezahlt“ wird, spielen die an sich für die Energiebevorratung so wichtigen Pumpspeicherwerke nicht die Rolle, die ihnen eigentlich zukommen müsste. Das liegt an der überzogenen Rolle des Energiehandels, der so gut wie ausschließlich ein „Energy-only-Market“ ist.

Ausgewählte Pumpspeicher in Österreich und Deutschland

Hier ein weiterer Vergleich von der Leistungsfähigkeit ausgewählter Pumpspeicherkraftwerke

Der Faktor Zeit

Wie hier rasch erkennbar ist, spielt der Faktor Zeit bei der Speicherbetrachtung eine ganz wesentliche Rolle. Siehe hierzu auch noch den separaten Beitrag „Die Zeit in der elektrischen Energieversorgung„.

Inhärent

Wir brauchen eine Momentanreserve in der Größenordnung, dass bis zum Einsetzen der Primärregelung der Frequenzhub aufgrund eines Leistungssprunges nicht zu groß wird und die Primärreglung eine Chance hat, das Leistungsgleichgewicht wieder herzustellen. Wir bauen gegenwärtig die Momentanreserve eher ab. Kernkraftwerke gehen außer Betrieb. Die Synchrongeneratoren sollten in Betrieb bleiben – offen, ob das Konsens ist und offen, ob es wirklich stattfindet (und auch offen, ob bei uns die Bundesnetzagentur die Zusatzkosten den Netzbetreibern zuordnen und als Betriebsaufwendungen anerkennen). Die Gaskraftwerke laufen so gut wie überhaupt nicht mehr – zu teuer, obwohl effizient. Wir laufen in einen Mangel an Momentanreserve hinein. Ich sehe noch keinen Zubau an Schwungmassenspeicher und an anderen Aktivitäten sehe ich auch noch nichts.

Primärreglung

Bisher hauptsächlich von den Kohlekraftwerken geschultert – müsste auf Dauer vorallem von Batteriespeichern übernommen werden, da diese rasch genug reagieren können. Wo sind entsprechend viele Batteriespeicher für die notwendige Leistungen und haben diese in Summe auch den notwendigen Energievorrat. Dass in einem ausreichenden Ausmaß Elektroautos mit ihren Batterien bereitstünden, sehe ich als Fata Morgana.

Sekundärregelung

Auch das wird hauptsächlich von den Kohlekraftwerken geschultert – etwas sicher auch von den Pumpspeicherwerken. Heute schaffen wir aus meiner Sicht nicht einmal die Tageswälzung, weder von der Energiemenge her noch von der Leistung. Von einer Wochenwälzung gar nicht zu reden.

Tertiärregelung und Speichermanagement generell

Es muss im Speicher immer eine Notreserve verbleiben. Es muss auch „Luft“ nach oben sein, damit noch „etwas“ eingespeichert werden kann. Der Engpass ist hier in jedem Falle der mögliche Energieinhalt zur Überbrückung von „Dunkelflauten“ größeren Ausmaßes. Aber auch die Leistung muss in Summe stimmen und den Leistungsbedarf decken. Da sieht es mindestens so traurig aus wie beim Energievorrat.

Sonstige Technologien

Pumpspeicherkraftwerke sind derzeit die effizienteste Speichermöglichkeit. Natürlich trägt jede weitere Speichermöglichkeit zur Verbesserung der Situation bei, jedoch erfolgen die Betrachtungen oft sehr einseitig. Ein „sowohl-als-auch-Denken“ ist jedoch auch hier unverzichtbar.

Batterien

Batteriespeicher können einen Beitrag zur Primärregelung leisten. Nur wenn man die konventionellen Kraftwerke auch aus diesem Markt hinausdrängt, dann werden sie wahrscheinlich auch nicht für die Sekundär- bzw. Tertiärregelung zur Verfügung stehen. Aber wie wird dann der Tages/Wochen/Saisonspeicher abgedeckt? Häufig werde nur einzelne Aspekte und diese auch nur einseitig und kurzsichtig betrachtet … und fast immer geht es darum, wie man am besten rasch Profit machen kann. Was grundsätzlich nicht verwerflich ist, wenn die Gesamtsicht darunter nicht leidet.

Power-to-Gas

Diese Marktrahmenbedingungen sind es auch, die derzeit andere Speicherarten wenig lukrativ erscheinen lassen. Das gilt insbesondere für „Power-to-Gas“. Zum einen haben wir noch lange nicht den dafür notwendigen Leistungsüberfluss und zum anderen ist der Wirkungsgrad bis hin zur Rückspeisung ins Stromnetz nicht berauschend. Die Leistungsgrößen sind bisher auch noch sehr bescheiden. Wir sind aus der Phase das Ausprobierens noch nicht hinausgewachsen.

Wärme- (bzw. die Kälte-)Speicher

Eine gewisse Rolle spielen inzwischen auch Wärme- (bzw. die Kälte-)Speicher. Dass mittels Strom Wärme erzeugt wird, war lange Zeit total verpönt (als der Strom noch fast ausschließlich aus fossilen Rohenergien erzeugt wurde). Diese Einengung des Denkens muss erst noch überwunden werden und setzt auch einen noch beachtlichen Zuwachs an der Nutzung erneuerbarer Energie voraus.

Beispiele für mögliche neue Speichertechnologien

Hier werden einige Beispiele angeführt, woran derzeit geforscht wird.

Projekt EEBatt – Interdisziplinäre Energiespeicherforschung

EEBatt ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, in dem 13 Lehrstühle und Fachgebiete der Technischen Universität München dezentrale stationäre Energiespeicher zur effizienten Nutzung erneuerbarer Energien und Unterstützung der Netzstabilität erforschen. www.eebatt.tum.de

Flüssige Batterie speichert Erneuerbare Energien

Ein Team von Forschern am MIT hat eine komplett flüssige Batterie entwickelt, die im Vergleich zu aktuellen Batterien länger lebt und weniger kostet. Dadurch erhalten auch Erneuerbare Energien Rückenwind, weil sich deren Strom besser speichern lässt. Quelle: Deutsche Wirtschafts Nachrichten

=== wird fortgesetzt ===

Quelle: Bericht Wasserkraft als Energiespeicher