Aktuelle Situation
Auf dieser Seite werden Ereignisse und Indikatoren rund um das Thema Versorgungssicherheit im europäischen Verbundsystem gesammelt. Sie werden als mögliche Hinweise auf eine negative Entwicklung im Sinne von „schwachen Signalen („Das Unerwartete managen„) verstanden.
„Menschen glauben lieber die Unwahrheit, wenn sich darin ihre Sehnsucht spiegelt, als sich der schnöden Realität auszuliefern“
Weiterführende Hintergrundinformationen
- Situation in der Regionalgruppe Central Europe (ENTSO-E RG CE)
- Situation in Österreich
- Situation in Deutschland
- Situation in der Schweiz
- Situation in Frankreich
- Situation in weiteren Ländern
- Wind- und Sonnenstromproduktion vs. Verbrauch von 30 ENTSO-E Ländern
- Wärmepumpen und der steigende Stromverbrauch
- Das Problem: Fehlende Speicher und Puffer | Speicherkapazitäten in Europa
- Die Suche nach den Dunkelflauten
- Kohlekraftwerke weltweit – globaler Energiebedarf
Kurzmeldungen
Legende
Da einige Abkürzungen in den Berichten immer wieder vorkommen, hier ein Hinweis auf das sehr gute Glossar von Next-Kraftwerke.
Netzfrequenz
Im europäischen Verbundsystem ist die Netzfrequenz von 50 Hertz der Gradmesser für die Stabilität des Systems. Hierzu gibt es mehrere öffentlich zugängliche Informationsseiten:
- www.netzfrequenz.info
- pc-projekte.lima-city.de Diese Seite bietet eine automatische E-Mail/Twitter-Benachrichtigung bei einem ungewöhnlichen Netzfrequenzverlauf an:
Meldung 1: Netzfrequenz ↑50,07 Hz oder ↓49,93 Hz (>1min)
Meldung 2: Netzfrequenz ↑50,10 Hz oder ↓49,90 Hz (>6s)
Meldung 3: Netzfrequenz ↑50,20 Hz oder ↓49,80 Hz (>1s) Alarmierung des Personals, Mobilisierung von noch nicht eingesetzten Kraftwerkskapazitäten (auf Anweisung des Übertragungsnetzbetreibers)
Meldung 4: Netzfrequenz ↑51,00 Hz oder ↓49,00 Hz (>1s) unverzögerter Lastabwurf von 10 bis 15 % der Netzlast
Meldung 5: Netzpendelung erkannt (in Vorbereitung) - gridradar.net
- www.s0-recorder.com
- www.netzfrequenzmessung.de
- www.swissgrid.ch
Unübliche Frequenzabweichungen
Der Normalbetrieb erfolgt zwischen 49,80 und 50,20 Hertz. Abweichungen unter 49,90 oder über 50,10 Hertz galten bisher als unüblich. 2020 kam es zu 142 (bekannten) Abweichungen. Auffallend ist dabei, dass diese immer um den Stundenwechsel auftrete. Es wird vermutet, dass dies mit dem Strommarkt zusammenhängt, wo wahrscheinlich ein zu betriebswirtschaftlich optimierter Fahrplanwechsel (Rampe) stattfindet. Siehe dazu auch den Artikel „WARUM UM 6 UHR UND UM 21 UHR HÄUFIG DIE FREQUENZ IM EUROPÄISCHEN STROMNETZ ABWEICHT“ vom Übertragungsnetzbetreiber Amprion oder die sehr einfach Darstellung Netzfrequenzschwankung Netzfrequenzinfodienst RG-CE.
Die Grafiken werden jeweils zu Monatsbeginn aktualisiert.
Tabelle mit Frequenzabweichungen ab 2020
Bedenkliche Regelungsabweichungen (> +/- 0,15 Hz | 150 mHz)
in der ENTSO-E RG CE, MEZ
2024
- 28.04.24 – 22:01 Uhr: 49,83 Hz
2023
- 18.03.23 – 19:00 Uhr: 50,16 Hz
- 28.03.23 – 18:54 Uhr: 49,84 Hz
- 14.04.23 – 09:03 Uhr: 49,85 Hz
- 26.11.23 – 00:00 Uhr: 49,85 HZ
2022
- 21.04.22 – 00:05 Uhr: 49,84 Hz
2021
- 08.01.21 – 14:04 Uhr: 49,74 Hz/50,6 Hz
- 25.02.21 – 21:00 Uhr: 49,85 Hz
- 17.05.21 – 16:34 Uhr: 49,84 Hz
- 18.05.21 – 22:01 Uhr: 49,85 Hz
- 02.06.21 – 22:01 Uhr: 49,85 Hz
- 24.07.21 – 16:36 Uhr: 50,07 Hz/48,60 Hz
- 08.10.21 – 00:06 Uhr: 49,83 Hz
- 16.11.21 – 07:00 Uhr: 50,15 Hz
- 03.12.12 – 07:00 Uhr: 50,15 Hz
2020
- 21.01.20 – 06:00 Uhr: 50,15 Hz
- 02.07.20 – 00:00 Uhr: 49,85 Hz
- 24.07.20 – 00:00 Uhr: 49,83 Hz
2019
- 10.01.19 – 21 Uhr: 49,80 Hz
- 24.01.19 – 06 Uhr: 50,20 Hz
- 03.04.19 – 21 Uhr: 49,84 Hz
- 07.10.19 – 21 Uhr: 49,82 Hz
Auffälliges Regelverhalten seit März 2023
Die meisten, die schon lange im Stromnetz arbeiten, sind wohl stark irritiert, vor allem, weil das bisherige Selbstverständnis der Regelkonformität nicht mehr zu gelten scheint! Siehe hierzu auch die Auswertung Durchsacken der UCTE-Netzfrequenz auf 49,84 HZ
Bisher …
Prof. Dr. Christian Rieck: „Schwache Signale“ Frequenzsprünge
Auszug aus „Wieso wir Risiken unterschätzen: Seilbahnunglück (Moral Hazard und Statistik seltener Ereignisse)“
Engpassmanagement & Redispatching
Die Gesamtkostenentwicklung für die Stabilisierung des Stromnetzes (Notfallmaßnahmen: Engpassmanagement, Redispatch, Intraday-Stop) in Österreich.
Der nicht-österreichische Kostenanteil (rund 2/3) wurde bis 10/2018 durch die deutschen Haushaltskunden bezahlt, da die Leistungen von deutschen Netzbetreibern abgerufen werden. Im Oktober 2018 erfolgte die Strommarktauftrennung zwischen Deutschland und Österreich. Seither sind die externen Kosten gesunken, der österreichische Teil ist dafür deutlich gestiegen.
Quelle: APG; siehe Netzbetrieblicher Quartalskurzbericht Quartal 1-4/2019 der APG
Quelle: APG; nur der österreichische Anteil!
Das Redispatch-Problem
Quelle: @WernerderChamp
Stellen wir doch mal das Szenario „++“ grob da: Rekordlast von 85GW – Heizlüfter schnurren. Wir haben 45GW Wind, brauchen kaum Gas und können ganze 15GW exportieren (davon 10 weitergeleitet). Der Strom ist an der Börse verkauft, alle sind glücklich. Bis auf die Netzbetreiber …
Die sehen nämlich folgendes. Im Norden kommen die Importe aus den nordischen Ländern und Polen, von denen ein Teil über die Niederlande nach Frankreich wandern wird. Da der Wind stark weht ist im Norden jetzt zu viel Strom. Und eben mal 20GW in den Süden schieben geht nicht.
Im Süden hingegen fehlt jetzt massiv Strom. Und wir wollen ja sogar nach Frankreich exportieren! Um das Netz wieder auszugleichen wird nun ein Redispatch durchgeführt. Das bedeutet, dass der Netzbetreiber, dort wo Strommangel herrscht, weitere Kraftwerke hochfährt.
Im Gegenzug wird an anderer Stelle Leistung reduziert. Da Deutschland nur eine Preiszone hat, wird der Strom überall zum gleichen Preis verkauft (aka. „Deutsche Kupferplatte“). Auf Engpässe oder ungleiche Stromerzeugung innerhalb Deutschlands nimmt der Markt keine Rücksicht
Deswegen müssen nun im Süden ganze 13GW an Kraftwerken aufgetrieben werden, die kurzfristig ans Netz gehen können. Wenn das z.B. wegen Problemen bei der Kohleversorgung nicht klappt, müssen Lastabwürfe vorgenommen werden!
Das Problem sind also Transportengpässe, welche an der Börse nicht einfließen, und der zu sehr auf den Norden zentrierte WKA-Ausbau. Bei Dunkelflaute wären die Kraftwerke im Süden regulär an der Börse zum Zug gekommen und man hätte durch höhere Strompreise weniger exportiert.
Das ist im Übrigen auch der wahrscheinliche Grund, warum Habeck das AKW Emsland nicht weiterbetreiben will. Den Strom des Kraftwerkes bekommen wir in so einer Situation schlicht und einfach nicht in den Süden. Mit den Wahlen in Niedersachsen 2023 hat das nix zu tun.
Die Annahmen im Stresstest waren kritisch bis extrem. So wurde mit geringer Verfügbarkeit der Kraftwerke im Süden gerechnet. Die wichtigste Maßnahme ist daher, es nicht soweit kommen zu lassen. Die Bereitschaft der Kraftwerke und deren Versorgung mit Brennstoffen ist zu sichern.
Wenn diese Maßnahme nicht wie gewünscht klappt, sollen auch die AKWs Neckarwestheim und Isar am Netz bleiben. Ich fände es allerdings besser, wenn man unabhängig davon in den Streckbetrieb gehen würde. Die Gaseinsparung in D wäre zwar gering, und wir brauchen sie wsl. nicht, aber es würde den europäischen Strommarkt entlasten. Damit eher ein Solidaritätsakt, aber m.E. sinnvoller, als die AKWs kalt vorzuhalten. Allerdings ist im Fall der Fälle dann weniger Leistung abrufbar. Mit Teillastbetrieb könnte man das wohl aber etwas ausgleichen.
Aber zurück zu Maßnahmen, jetzt die über den Winter hinaus: Das Leitungsnetz muss weiter ausgebaut werden. Gerade in Bayern sieht es da schlecht aus, da man den Nord-Süd-Link blockiert hat. Im Süden sollen generell weitere Gaskraftwerke rein für die Kriesenvorsorge gebaut werden.
Im weiteren Schritten sollen einige Gaskraftwerke auf Öl umgerüstet werden. Bei manchen Anlagen ist das wohl mit überschaubaren Aufwand möglich. Biogas soll mehr Strom erzeugen durch geänderte Flexibilitätsanforderungen. Flexible Lasten sollen ausgebaut werden.
Als weitere Maßnahme könnte man Deutschland in mehrere Strompreiszonen aufteilen. Die Idee ist nicht neu und wird auch schon aktiv untersucht. Jede Zone hätte so seine eigene Merit-Order und es würde auf den Markt durchschlagen, wenn regional Strom fehlt.
Dadurch würde der Strom im Süden teurer werden, da man dann nur noch das bekommt, was das Netz auch hergibt. Die Kosten für Redispatch, die deutschlandweit umgelegt werden, bleiben ebenfalls im Süden, wodurch es im Norden billiger wird.
Die Lage würde natürlich auch entschärft, wenn man im Süden ein paar mehr Windräder aufstellt. Das würde in diesem Fall sogar doppelt CO2 einsparen. Nur Wind im Norden und nur PV im Süden ist an der Realität vorbei. Es braucht IMMER beides. Auch wenn viele das nicht begreifen.
Mit besserer Gaslage und den Maßnahmen ist 23/24 keine Mangellage mehr zu erwarten. Man sollte in Zukunft bei der Bedarfsanalyse Kriesenszenarien mit einbeziehen. Wir können nicht wie aktuell wahllos Kohlekraftwerke abschalten. Bei genügend EE wird die Kohle sowieso verdrängt.
Ergebnis des Stresstests: bmwk.de/Redaktion/DE/D
FAQ des BMWK: bmwk.de/Redaktion/DE/D next-kraftwerke.de/wissen
Hintergrundinformationen Redispatching
Die meisten Probleme tauchen nicht unversehens in voller Größe aus dem Nichts auf. Vielmehr häufen sich über einen längeren Zeitraum die Hinweise auf kleine, unerwartete Ereignisse, die allmählich zu ständigen Begleitern werden. S. VIII.
Kleine Störungen können weitreichende Folgen haben. In den frühesten Stadien macht sich das Unerwartete durch kleine Diskrepanzen bemerkbar, die schwache Warnzeichen kommenden Ärgers aussenden. Diese Hinweise sind schwer zu entdecken, doch wenn man sie entdeckt, kann man die Probleme noch leicht beheben. Wenn die Warnzeichen erst einmal so deutlich werden, dass man sie kaum noch übersehen kann, sind die Ursachen viel schwerer zu behandeln. Quelle: 380 kV-SALZBURGLEITUNG – Evaluierung des öffentlichen Interesses aus Sicht des Landes Salzburg, Umweltbundesamt, 8f und eigene Auswertungen
Definitionen
Redispatching
Beim sogenannten Redispatching werden zur Entlastung von Übertragungsleistungen zusätzliche Kraftwerkskapazitäten in Regionen hohen Stromverbrauches in Betrieb genommen, um den Bedarf lokal zu decken; bei gleichzeitiger Reduktion der Einspeisung an Orten mit hoher lokaler Erzeugung. Damit werden allerdings Kraftwerkskapazitäten abgerufen, die aufgrund der eigentlichen Marktsituation nicht in Betrieb gewesen wären. Dadurch fallen insgesamt höhere Stromerzeugungskosten an, als notwendig gewesen wären, da der Kraftwerksbetrieb sowie der Produktionsentgang entsprechend entschädigt werden müssen. Dies hat auch ökologische Auswirkungen, da es sich dabei im Allgemeinen um fossile Kraftwerke handelt und mit deren Betrieb Emissionen von Treibhausgasen und Luftschadstoffen verbunden sind. [Siehe hierzu auch den weiterführenden Beitrag auf www.next-kraftwerke.de bzw. die nachfolgende Abbildung von nextkraftwerk.de]
Intraday-Handel aussetzen
Um den Redispatching-Maßnahmen nicht entgegenzuwirken besteht im Rahmen des Engpassmanagements die Möglichkeit den Intraday-Handel auszusetzen. Dieser stellt daher einen Parameter für die Eingriffe in den Netzbetrieb dar. In der Abbildung ist die Dauer der Handelsstopps für die Quartale der Jahre 2011 bis 2015 dargestellt. Daraus ist ersichtlich, dass die Maßnahmen, die notwendig sind, um eine stabile Elektrizitätsversorgung zu gewährleisten, signifikant zunehmen. Zu berücksichtigen ist, dass es hier nicht um die absoluten Zahlen geht, da es bei der Berechnung gewisse Unschärfen gibt, sondern um die generell Tendenz. Quelle: 380 kV-SALZBURGLEITUNG – Evaluierung des öffentlichen Interesses aus Sicht des Landes Salzburg, Umweltbundesamt und eigene Auswertungen.
Beispiel 24. September 2015
Der Markt („Energy-Only-Markt“), der keine physikalischen Grenzen kennt, führt zu absurten Infrastrukturbelastungen, wie etwa am 24. September 2015, wo es in Österreich zwischen der Vortagesprognosse und der tatsächlichen Situation ein Delta von 3.850 MW gab. Für 14 Uhr war ein Import von rund 3.000 MW geplant, tatsächlich musste aber ein Export von 850 MW sichergestellt werden. Die Differenz entspricht in etwa der Leistung von 22 Flußkraftwerken Freudenau! Wodurch genau diese Divergenz entstanden ist, konnte nicht eruiert werden.
Quelle: APG
Nebenwirkungen dieser Maßnahmen
Redispatching von Kraftwerkskapazitäten sowie das Aussetzen des Intraday-Handels stellen einen signifikanten Eingriff in das marktwirtschaftliche System dar. Dadurch kann sich der Strompreis nicht gemäß Merit-Order einstellen und es erfolgt ein teurer Betrieb außerhalb des ökonomischen (und ökologischen) Optimums. Die daraus resultierenden Kosten des Netzbetriebes sind in Form höherer Strompreise durch die Verbraucher zu tragen. Neben zusätzlichen Kosten kann damit die aus erneuerbaren Energieträgern bereitgestellte Energie nicht optimal genutzt werden und es kommt zu zusätzlichen Emissionen aus fossilen Kraftwerken.
Redispatching-Maßnahmen in Deutschland
Quelle: Redispatch in Deutschland – Auswertung der Transparenzdaten – April 2013 bis einschließlich Mai 2017
In der öffentlichen Debatte über Redispatch werden häufig die verschiedenen Maßnahmen des Engpassmanagements undifferenziert betrachtet. Dies führt u. a. dazu, dass die Redispatch-Kosten im Jahr 2015 pauschalisiert mit über 1 Mrd. € beziffert werden, obwohl es sich bei der angegebenen Summe um die Gesamtkosten des Engpassmanagements handelt.
Eine Differenzierung der einzelnen Engpassmaßnahmen ist daher essenziell. In der zeitlichen Reihenfolge des Einsatzes der Maßnahmen macht § 13 Abs. 1 EnWG konkrete Vorgaben. Im ersten Schritt muss der Netzbetreiber netz- oder marktbezogene Maßnahmen wie Regelenergie, Countertrading, Redispatch oder abschaltbare Lasten einsetzen. Dabei erfolgt der Einsatz von Regelenergie ausschließlich bei einem Systembilanzproblem und nicht bei einem hier thematisierten Netzengpass. In einem zweiten Schritt, vor der Abregelung von EE-Anlagen im Rahmen des Einspeisemanagements (EinsMan), darf der Netzbetreiber konventionelle Kraftwerke auf ein „netztechnisch erforderliches Minimum“ abregeln. Erst im dritten Schritt dürfen EE-Anlagen nach § 13 Abs. 2 EnWG abgeregelt werden, da diese einen Einspeisevorrang nach dem EEG genießen.
Für die Betrachtung der System- und Versorgungssicherheit sind durchaus alle Maßnahmen des Engpassmanagements relevant, wenngleich erst ab § 13 Abs. 2 EnWG von einer gewissen Kritikalität auszugehen ist.
Quelle: tennet.de
Redispatch 2017
Quelle: Redispatch in Deutschland – Auswertung der Transparenzdaten – April 2013 bis einschließlich Mai 2017
Alleine im Januar 2017 wurden ca. 3,1 TWh „redispatcht“ und damit etwa 42 % der Leistung des gesamten Jahres 2016. Der massive Anstieg des Redispatch-Bedarfs im Januar 2017 lässt sich zum einen auf punktuelle Spitzen der Windenergie-Einspeisung zurückführen.
Allerdings verdeutlicht eine Korrelation von ~ 61 % zwischen Redispatch- und Windenergie-Einspeisung auch, dass neben der Windenergie-Einspeisung noch weitere Faktoren zum massiven Anstieg der Redispatch-Leistung im Januar 2017 beigetragen haben. In Betracht kommen beispielsweise erhöhte Lastflüsse in Richtung Frankreich, da dort zahlreiche AKW wegen technischen Störungen ausgefallen sind, sowie eine sehr geringe Einspeisung aus PV-Anlagen.
Da ein Großteil der süddeutschen Stromerzeugungsanlagen zur Deckung der Nachfrage bereits Leistung eingespeist hat, stand nur wenig marktliches Redispatch-Potenzial zur Wirkleistungserhöhung zur Verfügung. Dies hatte zur Folge, dass die Wirkleistungserhöhung durch Kraftwerke der Netzreserve erbracht werden musste und die Netzreserve an einzelnen Tagen nahezu den gesamten positiven Redispatch-Bedarf deckte. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang auch, dass Redispatch-Maßnahmen immer in „Paaren“ erfolgen (Reduktion ≙ Erhöhung) und die gesamte Redispatch-Leistung daher (inkl. der im Ausland hochgefahrenen Anlagen) im Januar 2017 folglich ca. 4,06 TWh betrug.
Für die Betrachtung der System- und Versorgungssicherheit wäre zudem die Leistung relevant. Das heißt, wie viel GW zeitgleich zum Einsatz kommen müssen, um den Kollaps zu verhindern.
In den ersten fünf Monaten des Jahres 2017 wurden insgesamt 7 TWh Redispatch-Leistung eingesetzt und damit bereits etwa 78 % der Leistung des gesamten Jahres 2016. Folglich
gelten auftretende Netzengpässe als häufigste Ursache für einen Einsatz von Redispatch.Es ist festzustellen, dass bei einem Rückgang des Redispatch-Volumens (2015 geg. 2016) von ca. 26 %, die Kosten um über 45 % reduziert wurden. Dieses massive Auseinanderdriften von Volumen und Kosten resultiert insbesondere aus dem verstärkten Einsatz der Netzreserve für positive Redispatch-Maßnahmen. Die BNetzA begründet dies mit der sehr effizienten Wirkung einiger Reservekraftwerke auf die aktuellen Engpässe. Da die von der BNetzA ausgewiesenen Redispatch-Kosten ausdrücklich ohne die Kosten der Netzreserve veröffentlicht werden, führt dieser Einsatz zu abnehmenden Redispatch-Kosten bei gleichbleibendem Volumen. Durch den zunehmenden Einsatz der Netzreservekraftwerke steigen dagegen die Einsatzkosten der Netzreserve.
Eine interessante Vorgangsweise, um negative Entwicklungen zu verstecken. Daher sind die Kosten nur sekundär! Denn für die System- und Versorgungsicherheit sind die erforderlichen Maßnahmen entscheidend!
Mehr als eine Milliarde Euro hat der Stromnetzbetreiber Tennet im vergangenen Jahr (2017) dafür ausgeben müssen, wetterabhängig produzierten Ökostrom für den Verbraucher nutzbar zu machen. Quelle: Die Welt
50 Hertz habe den Redispatch „stabilisiert“, so Schucht weiter. Die Kosten für das Engpassmanagement hätten nach vorläufigen Zahlen bei 187 Mio. Euro gelegen (2016: 180 Mio. Euro), und dass trotz eines Zubaus erneuerbarer Erzeugungskapazitäten im Umfang von 2.100 MW. Allein der Bau der Südwest-Kuppelleitung habe – Stand 12. März – rund 308 Mio. Euro solcher Kosten gespart. Quelle: www.energate-messenger.de
Entwicklung der Redispatchingmaßnahmen im deutschen Übertragungsnetz
Quelle: Redispatch in Deutschland – Auswertung der Transparenzdaten – April 2013 bis einschließlich Mai 2017
Quelle: www.bundesnetzagentur.de
Redispatching-Maßnahmen in Deutschland
Stand: 15.10.23
Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber bieten seit April 2013 ihre Daten zu den erfolgten Redispatching-Maßnahmen in Deutschland über die Seite www.netztransparenz.de an.
Die vorläufigen Gesamtkosten für Netzengpassmanagementmaßnahmen liegen im Gesamtjahr 2022 bei rund 4,2 Mrd. Euro und sind weit über Vorjahresniveau (Gesamtjahr 2021: 2,3 Mrd. Euro). Im Vergleich zum Vorjahr ist das Maßnahmenvolumen um rund 19 Prozent gestiegen (Gesamtjahr 2021: 27.523 GWh). Die vorläufigen Gesamtkosten für Netzengpassmanagementmaßnahmen liegen im ersten Quartal 2023 bei rund 1,1 Mrd. Euro.
Auswertung durch die deutsche Bundesnetzagentur:
Strompreisentwicklung (DEU) / Steigende Preisvarianz
In diesem Beitrag werden die Tage/Stunden mit negativen Strompreisen an der europäischen Strombörse (epexspot) ab 2015 dargestellt. Diese stellen nicht nur für den Markt eine große Herausforderung dar, wird doch in dieser Zeit für die Stromabnahme bezahlt, sondern bedeutet auch eine zusätzliche Belastung für die Infrastruktur, da es zu großräumigen Stromtransporten kommt, für die die Infrastruktur nie ausgelegt wurde. Bei Gefahr für die Netzsicherheit erfolgt durch die Übertragungsnetzbetreiber ein Intradaystop – der Handel wird ausgesetzt – bzw. erfolgen Redispatching-Maßnahmen, die wieder um erhebliche Kosten verursachen. Diese werden über die Netzentgelte an die Kunden weiterverrechnet.
Ein weiterer Aspekt betrifft die Gestehungskosten/Grenzkosten bei der Erzeugung, welche je nach Anlagentyp sehr unterschiedlich sein können. Das führt etwa auch dazu, dass Kraftwerke, die auf längere Sicht nicht wirtschaftlich betrieben werden können, aus dem Markt fallen (Merit-Order-Effekt). Das ist grundsätzlich gut und richtig und auch für den Klimaschutz erfreulich, führt aber gleichzeitig zu wenig beachteten negativen Nebenwirkung: Durch den Wegfall von rotierende Massen wird die immanent notwendige und systemkritische Stabilisierung und Ausregelung zunehmend schwieriger und gefährdet. Mittelfristig verzögert sich zusätzlich der Bau von für die Energiewende unverzichtbaren Pumpspeicherkraftwerken und rasch einsetzbaren, flexiblen Kraftwerken (Energiebevorratung), um die volatile Erzeugung der EE-Anlagen auszugleichen, weil es sich einfach nicht rechnet, diese zu bauen. Ein Teufelskreis.
Next-Kraftwerke hat zwei gute Zusammenfassung zu diesem Thema erstellt (Was sind negative Strompreise und wie entstehen sie? und Negative Strompreise: Fieberkurve oder Normalbetrieb?). Meine Anmerkungen befinden sich in den Kommentaren.
Variabilität – signifikante Preissprünge
Ein neues Phänomen ist seit 13. September 2020 zu beobachten: Innerhalb weniger Stunden bzw. Tage treten enorme Strompreisschwankungen auf. So wurde am Sonntag, 13.09.20, von 13 bis 14 Uhr ein negativer Preis von -59 Euro pro MWh erreicht. Von 20 bis 21 Uhr kostete dann die MWh 51 Euro. Eine Differenz von 110 Euro! Dieser Trend wurde jedoch 2021 deutlich überflügelt. Am 21. Dezember 2021 wurden sogar 620 Euro pro MWh erreicht. Zu Silvester hingegen wurde nach längerem wieder die Null-Euro-Grenze unterschritten.
Einen Tag später, am Montag, 14.09.20 kostete die MWh zwischen 19 und 20 Uhr bereits 121 Euro. Erstmals seit 24.01.19 wurde damit wieder ein Preis über 100 Euro erzielt. Am Dienstag, 15.09.20 sogar 189 Euro. Der höchste Wert seit 08.02.12 (18 bis 19 Uhr 210 Euro)! Im Intraday-Handel wurde sogar ein Preis von 555 Euro/MWh erzielt, also mehr das 10-fache vom Üblichen um diese Zeit. Eine Woche später, am Monate dem 21.09.20 gibt es von 19 bis 20 Uhr bereits den nächsten Rekord: 200 Euro! Der Intraday-Preis stieg jedoch „nur“ auf 128 Euro.
Das bedeutet nicht nur eine große Preisschwankung (Angebot und Nachfrage), sondern vor allem enorme Herausforderungen für den sicheren Netzbetrieb!
Seit Juni 2021 gibt es so viele Stunden mit Preisen über 100 Euro pro MWh wie nie zu vor. Ein Grund dafür ist der deutlich gestiegene CO₂-Preis. Dieser liegt im Juli 2021 bei über 50 €/Tonne. Ein Jahr zuvor lag er bei der Hälfte. Da die Grenzkraftwerke in der Regel Kohle- bzw. Gaskraftwerke sind, steigen die Spotmarktpreise. Der größte Einflussfaktor auf den Großhandelspreis (Baseload) ist nach wie vor der Preis für die ETS-Zertifikate. Eine MWh aus einem Gaskraftwerk kommt auf etwa 0,4 t, eine MWh aus einem modernen Steinkohlekraftwerk emittiert rund 0,8 t und Braunkohlekraftwerke haben einen Emissionsfaktor von 1 bis 1,25 t/MWh.
Durchschnittspreise der vergangenen Jahre
Stromgestehungskosten
Stromgestehungskosten für erneuerbare Energien und konventionelle Kraftwerke in Deutschland (Datenquelle: Fraunhofer ISE; März 2018; Wikipedia)
Zu beachten ist, dass die Preise hier in EuroCent/kWh angeführt sind und der Strom in Euro/MWh gehandelt wird. Also die Werte mal 1.000 genommen werden müssen. Das bedeutet, dass im besten Fall ein Strompreis von im Durchschnitt 40 Euro/MWh erwirtschaftet werden muss, um Kraftwerke kostendeckend betreiben zu können.
Strompreise: Jahresvergleich ab 2015
Datenquelle: www.epexspot.com/SMARD | Strompreis Download
Die Grafiken werden grundsätzlich am Monatsbeginn aktualisiert. In Ausnahmefällen auch zwischendurch.
Negative Preise
Die Detailauswertung/Veröffentlichung erfolgt immer zu Monatsbeginn. Übersichtsgrafiken werden je nach Ereignis auch innerhalb des Monats aktualisiert.
Strompreisvergleich AT – BE – CH – DE – FR – NL
Anzahl der Stunden mit Negativstrompreisen 2023 im Vergleich
Preise über 100 Euro pro MWh
Negativpreise | Preise über 100 Euro pro MWh 2024
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im Jahr 2023
Hintergründe Stromgestehungskosten / Grenzkosten
Stromgestehungskosten / Grenzkosten
2016 fallen die vielen Stunden mit Preisen zwischen 0-20 Euro auf. Hier ist anzumerken, dass auch um diesen Preis kein konventionelles Kraftwerk kostendeckend produzieren kann, da die Grenzkosten – die Kosten, die für die Produktion erforderlich sind – deutlich höher liegen. Einen Anhalt für die tatsächlichen Produktionskosten bietet der Bericht „Subventionen und Kosten für Energie“ des österreichischen Umweltbundesamtes. Wobei hier auch externalisierte Kosten berücksichtigt werden. Die Beurteilung, wie „nachhaltig“ die Stromproduktion daher derzeit überhaupt ist, bleibt dem Leser überlassen.
Stromgestehungskosten für ausgewählte Technologien. Das unterste grüne Segment entspricht den Stromgestehungskosten gemäß LCOE-Methodik, das mittlere grüne Segment stellt die direkte Förderung (z. B. Steuererleichterungen für den Brennstoff) dar und das oberste Segment gibt die externen Kosten an. Die in blau dargestellte „zusätzliche Förderung“ gibt die Höhe der Subventionen an, welche keine Auswirkungen auf die Stromgestehungskosten der Anlagen haben (z. B. Einspeisevergütung). Die Angabe der Unsicherheit der externen Kosten bei der Kernkraft gibt die Spannweite der Literaturangaben wieder, die aufgrund unterschiedlicher Annahmen stark variieren; die orange Markierung gibt den durch ECOFYS ermittelten Wert an (Durchschnitt EU28).
11/18: In den vergangenen 12 Monaten war der Spotmarktpreis an 150 Stunden unter 0 Euro/MWh und an 902 Stunden (= 9,515 % aller Stunden im Jahr) unter 20 Euro/MWh. Einen Preis über 60 Euro/MWh wiesen in den letzten 12 Monaten 1.393 Stunden (= 14,694 % aller Stunden im Jahr) auf. Quelle: www.power-solution.at
Niedrige Strompreise
Wie die (unvollständige) Auswertung der Strompreise unter 20 Euro zeigt, ist die Anzahl der Stunden 2016 massiv angestiegen. Während die Auswertung dieser Preiszone im Jahr 2015 eine Gesamtzahl von rund 400 Stunden ergab, waren es 2016 und 2017 mehr als 930 Stunden (aus organisatorischen Gründen werden nur Tage mit mehreren Stunden unter 20 Euro ausgewertet).
Die niedrigen Strompreise freuen natürlich (Groß)Kunden, führen aber gleichzeitig dazu, dass die betriebswirtschaftlichen Bedingungen für konventionelle Stromproduzenten immer schwieriger werden. Die damit verbundenen Nicht-Investitionen (Wartung und Erneuerung) werden in wenigen Jahren zu einem zunehmenden Problem durch „Aging Infrastructures“ führen. Wohin das führen kann, ist bereits in Großbritannien zu beobachten. Zusätzlich steigt der Bedarf an konventioneller Regelleistung, um die Netzstabilität aufrecht erhalten zu können. So verdreifacht etwa die Austrian Power Grid die Reservekapazitäten für den Sommer. Das System muss weiter bzw. verstärkt an der Belastungsgrenze betrieben werden, wie auch die Redispatch-Maßnahmen zeigen.
Hohe Strompreise
Dem gegenüber stehen Strompreise über 100 Euro, die erstmals 2017 wieder mehrfach aufgetreten sind.
Rekordnegativstrompreise
Am 08. Mai 2016 wurde nach dem 25. Dezember 2012 mit dem Rekordnegativstrompreis von -221,99 Euro pro MWh der bisher zweitniedrigste Wert mit -130,09 Euro erreicht (siehe auch unter Alle Jahre wieder …. Muttertag … und Rekordnegativstrompreise). Am 01. Mai 2017 gab es während 16 Stunden Negativstrompreise. Davon während 11 Stunden unter 30 Euro, was einen neuen Rekord in der Dauer und Höhe darstellt.
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im Jahr 2022
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im Jahr 2021
Zum vollständige Anzeigen der Tabellen bitte das jeweilige Bild anklicken.
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im 3. Quartal | September 2021
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im 3. Quartal | August 2021
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im 3. Quartal | Juli 2021
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im 2. Quartal 2021
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im 1. Quartal 2021
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im Jahr 2020
Zum vollständige Anzeigen der Tabellen bitte das jeweilige Bild anklicken.
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im 4. Quartal 2020
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im 3. Quartal 2020
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im 2. Quartal 2020 – Juni
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im 2. Quartal 2020 – Mai
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im 2. Quartal 2020 – April
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im 1. Quartal 2020
Strompreise unter 20 bzw. über 100 Euro im Jahr 2019
Zum vollständige Anzeigen der Tabellen, bitte das jeweilige Bild anklicken. Es gibt eine kleine Abweichung zwischen der eigenen Auswertung (209 Stunden) mit der offiziellen (211 Stunden).