Quelle: www.landtag-noe.at: Anfrage, Beantwortung

Anfrage an Herrn Landeshauptfrau-Stellvertreter Dr. Stephan Pernkopf gem. § 39 Abs. 2 LGO 2001

Landtagsdirektion Ltg.-444/A-4/38-2018, Eing.: 12.11.2018

Zum Thema „Blackout“ sind die Landesbehörden, Bezirksverwaltungs- und Gemeindeverwaltungsbehörden gefordert und es wirft einige Fragen auf.

1) Gibt es in Niederösterreich einen Notfallplan für ein Blackout?

wenn ja:

  • a) Wo liegt dieser Notfallplan auf?
  • b) Wie ist die Kommunikation der NÖ Landesregierung zu den Bezirksverwaltungsbehörden?
  • c) Welche Richtlinien geben die Bezirksverwaltungsbehörden den Gemeinden vor? 

wenn nein:

  • a) Ist ein Notfallplan in Bearbeitung und wie weit ist dieser fertig gestellt?

2) Wie wird die Gesundheitsversorgung bei einem Blackout gewährleistet?

  • a) Wie lange (Stunden) kann ein Notbetrieb mit Stromaggregaten in den NÖ Landeskliniken aufrechterhalten werden?
  • b) Wie lange kommen die NÖ Landeskliniken mit Medikamenten und Medizingütern ohne Anschlussversorgung durch?
  • c) Wie ist die Anschlussversorgung von Treibstoff bei den NÖ Landeskliniken bei einem flächendeckenden Blackout gewährleistet?

3) Wie wird die Sicherheit bei einem Blackout gewährleistet?

  • a) Wie ist die Treibstoffversorgung für Blaulichtorganisationen geregelt und können diese ausreichend versorgt werden?
  • b) Wie ist die Telekommunikation innerhalb der Blaulichtorganisationen geregelt und wie lange kann diese aufrechterhalten werden?
  • c) Wie kann die Bevölkerung ohne Stromversorgung für Verhaltensmaßnahmen erreicht werden?
  • d) Gibt es von den Netzwerkbetreibern Gegenmaßnahmen für Cyberangriffe, wenn ja welche?

4) Wie wird die Lebensmittelversorgung bei einem Blackout gewährleistet?

  • a) Gibt es dazu Anlaufstellen?
  • b) Wenn ja, wo befinden sich diese und sind sie der Bevölkerung bekannt?

5) Wie wird die Trinkwasser- bzw. Abwasserversorgung bei einem Blackout gewährleistet?

  • a) Kann die Trinkwasserversorgung gewährleistet werden?
  • b) Kann die Abwasserversorgung gewährleistet werden?
  • c) Wenn ja, wie lange kann die Versorgung gewährleistet werden?
  • d) Wenn nein, wie ist die Folgeversorgung für die Bevölkerung über einen längeren Zeitraum geplant?

6) Hat der Zivilschutzverband ausreichen personelle und finanzielle Mittel für vorbeugende Maßnahmen bei einem Blackout?

 

Beantwortung am 6. Dezember 2018, LHSTV-P-L-397/111-2018

Zur Anfrage des Abgeordneten Handler betreffend Blackout und Maßnahmen in Niederösterreich, zu Zahl Ltg.-444/A-4/38-2018, darf ich folgende Beantwortung, soferne mein Zuständigkeitsbereich betroffen ist und dies dem Anfragerecht unterliegt, übermitteln:

Zunächst halte ich fest, dass viele Bereiche der Vorsorge in die Zuständigkeit des Bundes fallen (z.B.: Versorgungssicherheitsgesetz, Energielenkungsgesetz, Erdölbevorratungs-gesetz, Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz, Entwurf Netz- und Informationssystemsicherheitsgesetz, etc.). Unabhängig davon hat auch das Land NÖ Vorkehrungen getroffen.

Die Notfallplanung setzt aktuell auf drei Ebenen an:
1. Notfallplanung des Landes NÖ
2. Notfallplanung für Gemeinden und Bezirke
3. Eigenvorsorge der Bevölkerung

Für alle Notfallplanungen wird ein dreitägiger, österreichweiter Stromausfall in Kombination mit einem Winterszenario (Schneefall und Kälte) angenommen. Dieses Szenario zeichnet sich dadurch aus, dass keine Hilfe von außen möglich ist und somit alle Gemeinden, Bezirke und Länder auf sich alleine gestellt sind. Da bei einem Blackout alle Wirtschafts- und Lebensbereiche der Bevölkerung gleichermaßen betroffen sind, sind die Pläne die Summe von einzelnen Teilplanungen.

Landesplanung:

Bereits Ende 2009 startete die Abteilung Feuerwehr und Zivilschutz den Prozess mit einer intensiven Analyse der Auswirkungen eines großflächigen Stromausfalls in zeitlicher Hinsicht (Priorisierung). Dabei standen die wichtigsten lebensnotwendigen Infrastrukturbereiche (Trinkwasser, Lebensmittel, Kommunikation, Gesundheit, Energie, Mobilität, Sicherheit und Ordnung) im Vordergrund. Die Analyse, welche maßgeblich vom Militärkommando NÖ fachlich begleitet wurde, ergab, dass neben der raschen Wiederherstellung der Energieversorgung die Treibstoffversorgung und die Eigenversorgung der Bevölkerung (Trinkwasser, Lebensmittel, Medikamente, Kleingeräte) die wichtigsten Schlüsselfaktoren für alle weiteren Maßnahmen in der Bewältigung darstellen. Aufgrund der Komplexität eines solchen Ereignisses wurden deshalb die erforderlichen Maßnahmen priorisiert und in Teilbereiche gegliedert. Höchste Priorität hat die Wiederherstellung der Stromversorgung. Als weitere vorrangige Maßnahme wurde die Sicherstellung der Treibstoffversorgung zur Aufrechterhaltung des Winterdienstes und des Einsatzdienstes der Blaulichtorganisationen identifiziert. Weiters wurde erkannt, dass zur Gewährleistung der notwendigen Versorgung mit Trinkwasser und Lebensmittel der privaten Bevorratung eine zentrale Rolle zukommt.

In Zusammenarbeit mit dem NÖ Zivilschutzverband wurde daher ein Ratgeber „Black out“ für die Öffentlichkeit erstellt. Ziel des Ratgebers sind fachkundige Informationen (Verhaltensregeln bzw. Vorsorgemaßnahmen) für einen „krisenfesten Haushalt“. Checklisten sollen helfen sich auf einen Stromausfall bestmöglich vorzubereiten. Mit Stand November 2018 veranstaltete der NÖ Zivilschutzverband rund 220 öffentliche Informationsveranstaltungen in Kooperation mit den Gemeinden, der EVN, dem Verbund, den Einsatzorganisationen und dem Bundesheer.

Bezirks- und Gemeindeplanung

Für die Gemeinden und Bezirkshauptmannschaften ist derzeit ein Musterplan in Ausarbeitung. In den Testregionen Tulln und Amstetten (insbesondere Stadtgemeinde Amstetten) wurde dazu das Thema Stromausfall detailliert aufgearbeitet. Eine Fertigstellung dieses Musterplanes, der dann allen Gemeinden als Vorlage dienen soll, ist für 2019 geplant.

In Abhängigkeit der Betriebsart kann eine Notstromversorgung mindestens 2 bis 4 Tage lang pro NÖ Landes- und Universitätsklinikum garantiert werden. Das Logistikkonzept der NÖ Landes- und Universitätskliniken beinhaltet eine lokale, klinikindividuelle Bevorratung für mindestens 14 Tage.

Das Land NÖ verfügt durch die Betriebstankstellen in den NÖ Straßenmeistereien über einen Dieselvorrat für die Feuerwehr, den Rettungsdienst und die Polizei. Durch den Ankauf von Notstromaggregaten durch die Gruppe Straße ist eine Betankung auch bei Stromausfall möglich. Durch den Digitalfunk BOS Austria ist die Kommunikation primär sichergestellt. Die Sendestationen sind mit Batterien für einen 24h Notstrombetrieb ausgestattet. Alle Stationen verfügen über Einspeisesteckdosen, um im Falle eines Stromausfalls mit Notstromaggregaten versorgt zu werden. Die Sendeanlagen des ORF sind mit ortsfesten Notstromaggregaten und auch mit Treibstoff für einen 72 h Sendebetrieb ausgestattet.

Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass die öffentliche Trinkwasserver- bzw. Abwasserentsorgung entweder von Gemeinden, Verbänden, Genossenschaften oder überregionalen Versorgern betrieben wird. Die jeweiligen Versorger sind für den ordnungsgemäßen Betrieb der Anlagen zuständig. Auf Grund der Vielzahl der Anlagen und der unterschiedlichen Voraussetzungen hinsichtlich Struktur der Wasserver- Abwasserentsorgung, technischen Rahmenbedingungen, hydraulischen Situation bei der Wasserversorgung, Formen der regionalen und überregionalen Vernetzung, Systeme der möglichen Notversorgung mit Notstromaggregaten (z.B. bei Pumpwerken), örtliche Gewässersituation (Überlauf, freier Auslauf etc.) ist eine generelle Aussage nicht möglich.

EVN Wasser versorgt derzeit 560.000 Einwohner in Niederösterreich mit Trinkwasser. Durch das vorhandene Speichervolumen von ca. 210.000 m³ in den 99 Hochbehältern kann die Versorgung bei Stromausfall bei einem mittleren Tagesbedarf von ca. 80.000 m³ pro Tag für 3 Tage gewährleistet werden. Darüber hinaus sind die wesentlichen Anlagen von EVN Wasser teilweise mit fixen Notstromaggregaten bzw. einem fix ausgerüsteten Anschluss für mobile Notstromaggregate ausgerüstet. Mobile Notstromaggregate werden von EVN Wasser, dem EVN Konzern und über eine 

Kooperation zwischen EVN und dem Landesfeuerwehrverband von den NÖ Feuerwehren vorgehalten. Die Betankung der Notstromaggregate erfolgt über das öffentliche Tankstellennetz, kann aber bei Bedarf über die EVN eigene notstromversorgte Tankstelle erfolgen. Somit ist eine Grundversorgung lt. ÖVGW Regelwerk W74 – Trinkwassernotversorgung für den Krisenfall gewährleistet.

Da sowohl das Land NÖ als auch Vertreter der Gemeindevertreterverbände der ÖVP SPÖ, und FPÖ im Landesvorstand des NÖ Zivilschutzverbandes vertreten sind, werden die Aufgaben des NÖ Zivilschutzverbandes und dessen finanzielle und personelle Ausstattung gemeinsam überprüft und bei Bedarf Anpassungen vorgenommen.